XII

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Ich hatte schon am Frühstückstisch gesessen als Anastasia, endlich aufgewacht, zu mir in die Küche kam.
Sie trug mein Hemd von gestern Abend, eine ihrer Angewohnheiten war beim aufwachen einfach neben das Bett zu greifen und in das erstbeste zu schlüpfen das sie in die Finger bekam. Nicht dass ich irgendetwas dagegen hatte, sie sah umwerfend aus.
Es war Sonntagmorgen, Sonntage waren die einzigen Tage die sie komplett frei hatte, also die Tage die wir versuchten so gut es ging für uns auszunutzen.
Natürlich arbeitete sie Samstags nicht offiziell, trotzdem musste sie aber von zu Hause aus an ihrem Laptop immer irgendetwas nacharbeiten oder vorbereiten, nachforschen oder ordnen.
"Morgen."
Sie lächelte mir breit zu und durchquerte den Raum ehe ich ihren Morgengruß erwidert hatte.
Sie wollte sich eigentlich auf den Stuhl neben mir setzen, doch als sie aufstand um an die Butter heranzukommen nahm ich sie sanft bei der Taille und setzte sie schwungvoll auf meinen Schoß.
Sie lachte laut und setzte sich so hin, dass sie mir in die Augen schauen konnte.
Das tat sie auch einen ganzen Moment lang, und küsste mich dann lächelnd.
~
"Du solltest öfters meine Hemden tragen."
Raunte Sebastian und richtete mir mit gespielt fachmännischer Miene den Kragen.
Es waren Morgen wie diese die mir bewusst machten, was für ein Glück gehabt hatte ihn zu treffen.
Natürlich hatten wir uns gerade erst kennengelernt und es war nie gut alle Rationalität über Bord werfen, doch ich war hetzt schon längere Zeit am Stück glücklicher mit ihm als Juliet es je mit ihrem Luke war.

"Ich liebe dich."

Hatte ich das gerade gesagt?
Applaus für Anastasia, du hast gerade alles ruiniert.
War ich komplett vernebelt im Kopf? Die Antwort darauf lautete wahrscheinlich ja.
Mein Puls stieg auf hundertachtzig, meine Glieder begannen zu zittern und ich bekam Schwierigkeiten zu atmen, deshalb hielt ich einfach die Luft an.
Es war als wäre ich gerade drei Kilometer gerannt, nachdem ich den Tower ausgeraubt hatte, dabei auch noch von der Polizei verfolgt.
So fühlte ich mich.
~
Sie hatte es gesagt.
Die drei Worte die selbst einen Kerl wie Chuck Bass zum stottern brachten.
Irgendwie hatte ich es geschafft, dass sich diese Frau, die die Dreistigkeit besaß, sich in einen Hérmes-Store zu setzen nur um ihren Lippenstift nachzuziehen, und die Fähigkeit, jegliche Proteste der Angestellten mit einem Lächeln verstummen zu lassen, in mich verliebte.
Ich flüsterte die einzige mögliche Antwort.
"Ich liebe dich auch."
Sie grinste breit und vollführte einen Hüpfer auf meinem Schoß.
Ihre Augen strahlten warm, und fasziniert nahm sie mein Gesicht in ihre Hände.
Während sie mich wieder küsste stieg mein Puls als wäre ich gerade drei Kilometer gerannt.
"Stas, ich weiß ja dass du auf Sex auf dem Küchentresen stehst, aber du hast Gäste."
Ich musste mich zusammenreißen nicht hochzufahren vor Schreck.
Ich hatte ganz vergessen dass Juliet immer bei Anastasia übernachtete wenn sie in New York war.
~
Lautstark begann meine sogenannte beste Freundin, meine Küchenschränke auf der Suche nach Nahrung auf und zu zu knallen.
Nicht dass ich es nicht gewohnt war von ihr blamiert zu werden, in der zehnten Klasse hatte mein Schwarm von meinen Gefühlen für ihn erfahren nachdem sie mich, als ich mich gerade mit ihm unterhalten hatte, gegen ihn geschubst hatte, "Krieg ihn!" Geschrien hatte und dann weggerannt war.
Ich hörte Sebastian nah an meinem Ohr lachen.
Als ich mich zu ihm umdrehte grinste er mir schelmisch zu.
"Küchentresen."
Sagte er nur.
Ich verdrehte die Augen und stand schwungvoll auf um Jules dabei zu helfen Frühstück nach ihrem Geschmack zu finden.
In dem Moment, in dem ich sie auf den gedeckten Frühstückstisch aufmerksam machen wollte hatte sie jedoch bereits eine Tüte Chips gefunden, die sie mit genüsslichen Lächeln aufplatzen ließ.
Apropos blamieren, gerade als ich mich neben sie gestellt hatte setzte sie sich an meinen Küchentisch, okkupierte zwei Stühle für sich und ihre Beine und ließ mich stehen.
Bevor das ganze weiter ausartete setzte ich mich wieder an den Tisch neben Sebastian, gegenüber von Juliet.
Ich rückte näher an ihn, legte meine Beine über seinen Schoß und schnappte mir Brot, Erdnussbutter und Marmelade.
"Kannst du mir für morgen ein Taxi bestellen?"
Fragte Juliet während sie tief in die Chipstüte griff.
"Kann ich machen."
"Ich kann dich aber auch fahren."
Bot Sebastian an.
Ich versuchte ihm heimlich deutlich zu machen, dass zu viel nähe zu Jules schaden konnte (ich sprach aus eigener, schon lange geschädigter Erfahrung), und zwar nicht nur den Ohren, aber Juliet bedankte sich schon lächelnd.
"Warum bleibst du nicht einfach länger?"
Maulte ich.
"Hab' 'n Interview."
Antwortete sie Schulterzuckend, als wäre es das normalste auf der Welt.
Sie hatte sich noch nie viel aus ihrem Job gemacht, und auch für mich war es mittlerweile normal mich von meiner Besten Freundin auf dem Times Square von Werbeplakaten anlächeln zu lassen.
"Irgendwas besonderes?"
"Aach."
Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme im Nacken.
"Nur die Elle."
Wir grinsten uns zu, um dann loszuprusten.
Sebastian schien sich zu fragen, was gerade passierte.
Irgendwie, wie sonst auch immer, kamen wir vom ursprünglichen Thema ab und saßen auch um 12 Uhr noch und unterhaltend am Frühstückstisch.
Jules hatte schon vor ihrer Ankunft angemeldet, dass sie unbedingt zu Saks wollte, und als wir Sebastian fragten ob er mitkommen wollte lehnte er höflich ab.
Er schien genau zu wissen ,wie selten ich die Chance hatte Zeit mit Juliet zu verbringen.
Bevor wir fertig ungezogen loszogen um die Stadt unsicher zu machen schaffte ich es, Juliet im Eingangsbereich warten zu lassen und zurück zu Sebastian zu huschen.
"Tut mir leid dass unser Sonntag ausfällt. Wenn du willst kann ich das heute Abend wieder gut machen."
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn leidenschaftlich zu küssen.
"Ich dachte Juliet schläft heute auch noch hier?"
Fragte er.
Es war niedlich wie er Respekt vor Jules hatte.
"Tut sie, aber Alex will mit ihr eine Kneipentour machen, und sowas endet nicht vor eins."
"Na dann,"
Er griff mich sanft um die Taille und wollte mich gerade wieder küssen, als Juliets Stimme durch die Wohnung hallte.
"Verschiebt euren Quickie, ich will los Stas!"
Ich lehnte mich etwas weg von Sebastian, um ihm nicht voll in die Ohren schreien zu müssen und brüllte zurück.
"Zwei Minuten du Plagegeist!"
~
Ich lachte leise und zog sie wieder an mich, um sie jetzt ohne Unterbrechung zu küssen.
"Ich muss los bevor Jules noch anfängt mit Schuhen zu werfen."
Sie drückte mir einen letzten Kuss auf die Lippen und löste sich von mir.
"Scheint ja oft vorzukommen."
Anastasia drehte sich noch einmal um und warf mir einen Blick zu, der Wahrscheinlich "Wenn du wüsstest." Aussagen sollte.
Keine zwei Minuten später fiel die Tür ins Schloss.

Eigentlich hatte ich vor auf irgendeine Geheimnisvolle Art und weise rauskommen zu lassen, dass Alex in Wirklichkeit Aleksej heißt, was so ungefähr Beschützer bedeutet, aber die das hat sich bis jetzt irgendwie noch nicht so ergeben. Vielleicht in den nächsten Kapiteln.
Love,
Vicy

WintermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt