XXXIII

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"Wie spät ist es bei dir?"
Ich drückte mir das Handy etwas fester ans Ohr und blickte aus dem Fenster.
"Irgendwo zwischen drei und vier Uhr morgens."
"Ich halte dich vom Schlafen ab."
"Deine Stimme zu hören ist das wert."
Ich lachte leise.
"Ich vermisse dich. Am liebsten würde ich in den nächsten Flieger steigen und zu dir fliegen."
"Ich vermisse dich auch. Aber komm schon, es sind nur noch ein paar Wochen bis wir uns wieder sehen."
"Ein paar Wochen sind gut."
Murrte ich und ließ mich zurück auf das weiche Hotelbett fallen.
"Fünf Wochen Babe und wir sehen uns wieder. Halt durch, okay?"
"Mhm."
Während ich gerade geschäftlich in Asien war, war Sebastian für seine Dreharbeiten im (nicht ganz so) zauberhaften Atlanta.
"Vielleicht würde das ganze viel einfacher gehen wenn wir hin und wieder skypen könnten."
"Seb, ich habe schon Probleme mit meinem Blackberry klarzukommen!"
Er lachte rau ins Telefon und klang dabei unglaublich müde.
"Wenn dich das ruhiger schlafen lässt frage ich morgen mal jemanden aus der IT Abteilung. Aber jetzt schlaf, die brauchen einen wachen Winter Soldier."
"Ich will nicht aufhören zu telefonieren."
War es jetzt an ihm zu murren.
"Ich befürchte das müssen wir jetzt aber. Ich muss mich fertigmachen."
"Was steht an?"
"Abendessen mit Henry."
"Henry?"
Sebastian klang misstrauisch.
"Mein Mentor, du Idiot."
Ich musste grinsen.
"Höre ich da etwa Neid, Mister Stan?"
Er grummelte nur irgendetwas unverständliches in den Hörer.
"Henry hat mir nicht mehr viel voraus, aber eine Sache schon: Er ist verheiratet. Tut mir wirklich leid, aber ich muss jetzt los. Schlaf ein bisschen. Ich liebe dich."
Etwas perplex ließ er sich mit seiner Antwort kurz Zeit.
Vielleicht gähnte er aber auch einfach nur.
"Ich liebe dich auch. Pass auf dich auf."
"Mach ich."
Ich flüsterte noch ein Bye ins Telefon, dann legte ich auf und verschwand im Bad um zu duschen.

"Gott, Anastastia, du siehst umwerfend aus!"
Lächelnd drückte ich Henry an mich.
Er hatte mich bei meinem ersten Job nach dem Studium unter seine Fittiche genommen und mir so ziemlich alles beigebracht was ich heute als Anwältin wusste.
Seit wir uns das letzt mal gesehen hatten, hatte er sich unglaublich verändert: Sein einst hellbraunes Haar war jetzt größtenteils silbergrau, und um seine Augen waren einige Lachfältchen hinzugekommen.
"Es tut gut dich zu sehen. Das letzte mal ist viel zu lange her."
Meinte er munter während wir uns hinsetzten.
Sein Blick wanderte über das goldene Armband an meinem rechten Handgelenk zu meinen Fingern.
"Hat dir Alex immer noch keinen Ring an den Finger gesteckt?"
Verdammt, es war wirklich lang her.
"Oh nein, wir sind nicht mehr zusammen."
Ungläubig blickte er mich an.
"Schon seit ein paar Jahren nicht mehr."
"Tut mir leid, ich befürchte das war dann gerade etwas taktlos. Aber ich hätte ernsthaft nicht gedacht, dass ihr euch irgendwann einmal trennen würdet. Ihr wart so..."
"Vertraut?"
Ergänzte ich, und bekam ein nicken als Antwort.
"Das war was letztendlich die Beziehung beendet hat. Uns ist nach einer Weile klar geworden, dass wir nicht die sein wollen, die uns am Altar erwarten, sondern die die einen dorthin bringen. Ist das zu schräg?"
Er lachte.
"Da ist sie ja wieder, die kleine Poetin."
Ein Kellner unterbrach uns, um unsere Bestellung für unsere Getränke abzunehmen.
"Du bist doch hoffentlich in der Zwischenzeit nicht alleine geblieben?"
So sehr ich diesen Mann immer für seine gnadenlose Selbstsicherheit bewundert hatte, jetzt gerade wünschte ich mir einfach nur dass er ein wenig schüchterner wäre.
"Nein. Also ja, schon, für eine Weile. Jetzt aber seit fast einem Jahr nicht mehr."
Ich lächelte in mich hinein und spielte unbewusst mit der feinen goldenen Kette um meinen Hals.
Henry hob erwartungsvoll eine Augenbraue.
"Du bist viel zu neugierig."
Ich nahm mein Weinglas vom Kellner entgegen, probierte, und nickte dem Angestellten bestätigend zu.
"Sebastian. Die beste Sache die mir seit langem passiert ist."
Der Mann dem ich so viel zu verdanken hatte lächelte.
"Es tut gut dich so lächeln zu sehen. Eine schöne Abwechslung zu früher."
Er prostete mir zu.
"Auf uns und dass wir es erst nach so gottverdammt langer Zeit schaffen uns wiederzusehen."
Ich lachte und stieß mein Glas vorsichtig gehen seins.
"Lian wird froh sein zu hören dass du glücklich bist."
Meine Gedanken schweiften zurück zu dem Abend, and dem ich noch komplett unerfahren und eingeschüchtert bei Henry und seiner Frau zum Essen eingeladen war, direkt neben der kleinen Tochter der beiden sitzend.
"Du musst ihr Liebe Grüße ausrichten. Und Kim auch, wie geht es ihr?"
Henry lehnte sich zurück und atmete durch.
"Neben der Tatsache dass sie im Moment fest davon überzeugt ist, rosa Haare haben  und ihre zerrissenen Jeans vollzukritzeln zu müssen geht es ihr gut, denke ich."
Ich versuchte nicht zu lachen, scheiterte aber.
Seine Tochter musste gerade so alt sein wie Lydia, mitten in den so berühmten Teenagerjahren.
"Sie findet ihren Weg. Immerhin hat sie dich als Vater."
Er verdrehte die Augen.
"Da bin ich mir manchmal nicht so sicher ob ich alles richtig gemacht habe."
"Hast du, definitiv. Sonst säßest du jetzt nicht hier mit Lachfältchen und glänzender Rolex."
"Au, niedriger Hieb Anastasia."
Lachte er und fuhr sich durchs Haar.
Etwas in seinem Ausdruck veränderte sich.
"Wo wir beim Thema alles richtig machen sind. Du bist noch bei Debevoise and Plimpton, nicht wahr?"
Ich nickte bestätigend, wenn auch etwas verwirrt.
"Ja, wieso?"
Er blickte sich um, als befürchtete er dass jemand uns belauschen könnte.
"Es ist noch nichts raus, aber in London wird sich demnächst einiges ändern."
Mit London meinte er seine eigene, äußerst erfolgreiche Kanzlei.
"Einer unser Partner wird uns verlassen und eine neue Stelle frei machen."
Ahnend, was jetzt kommen würde, umklammerte ich den Stiel meines Weinglases.
"Ich will dich für diesen Posten."
Obwohl ich es schon erwartet hatte, traf es mich wie ein Hieb.
"Mich? Wieso? Ich bin kürzer im Geschäft als so gut wie jeder andere und absolut keine geeignete Wahl als Partnerin in einer Kanzlei."
"Ich weiß du hast dich ziemlich verändert seit wir uns das letzte mal gesehen haben, aber ich glaube ich kenne dich immer noch ganz gut. Und ich weiß, zu was du fähig bist, sonst hätte ich dich niemals unter meine Fittiche genommen. Du wärst perfekt für den Job. Es geht um den internationalen Bereich. Du sprichst vier Sprachen fließend, und dazu noch ein paar andere. Bessere Bezahlung, weniger Arbeit, besserer Ruf. So sehr ich mich für dich gefreut habe als du deinen Preis überreicht bekommen hast, dieser Job bei Plimpton ist nicht das richtige für dich. Du bist besser als das."
Nachdenklich und ein wenig in Schock drehte ich mein Glas und beobachtete wie der Wein darinnen hin und her schwappte.
Ich atmete tief durch.
"So sehr es mir leid tut, Henry, ich befürchte ich muss ablehnen. Ich bin jetzt schon seit einer ganzen Weile in New York, und ich liebe es dort. Das erste mal bin ich zufrieden mit dem Leben das ich mir aufgebaut habe."
Sein Gesichtsausdruck wurde wieder weicher, das harte, geschäftsmäßige verschwand.
"Bitte denk trotzdem darüber nach, versprich mir das. Die Stelle wird nicht so schnell wieder besetzt sein, dafür sorge ich."
Ich nickte vorsichtig.
Henry lächelte breit und seine grünen Augen begannen zu funkeln.
"Und jetzt erzähl mir von diesem Sebastian."

Überraschung, ich lebe noch! Okay, eigentlich ist das nicht witzig, ich habe wirklich lange nicht mehr upgedated. Aber ich habe eine absolut legitime Ausrede: ich habe gerade Ferien und bin in Wien, und da mein Vater zu beschäftigt damit ist uns alle durch die Stadt zu scheuchen bleibt der Rest etwas auf der Strecke.
Es ist aber unglaublich spannend oder schön, wie man es nimmt, durch den Schlosspark Schönbrunn zu gehen und sich vorzustellen was Sebastian und Anastasia wohl dort gemacht hätten. (Ist das zu schräg?)
Naja, ich hoffe ihr könnt im Gegensatz zu mir einschlafen,
Ganz viel Liebe,
Vic

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