#12 - Das Abendessen

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Die restlichen anderthalb Tage bis zum Abendessen mit meinem Vater vergingen schneller, als ich gedacht hatte. Ryan hatte sich nicht mehr gemeldet, wahrscheinlich war er der Spur nachgegangen und war jetzt drauf und dran rauszufinden, wo sich Liz befand. Die Schule war so anstrengend wie immer und wir bekamen eine Übersicht auf die Themen, die wir dieses Jahr behandeln würden. Da dies ja auch mein letztes Schuljahr war, schrieb ich alles brav und fleißig mit. Schließlich musste ich ja auch irgendwie die Abschlussarbeiten schaffen.

Zwischendurch musste ich noch mit Hayden und Zack trainieren, damit ich mich bei einem Notfall besser selbst verteidigen konnte. Wäre ja auch zu dumm, wenn die Wächter überwältigt werden würden und es dann an mir läge, mich selbst da rauszuhauen.

Nun saß ich auf dem Bett in meinem und Liz' Zimmer und überlegte, was ich anziehen sollte. Eine rote Bluse oder doch lieber etwas schlichteres? Seufzend vergrub ich das Gesicht in den Händen und beschloss, einfach meinen Pullover anzubehalten. Es war kalt draußen und seit wann machte ich mir Gedanken darum, was Dad (und seine neue Freundin) von mir dachten? Ich ging nur hin, weil Liz es mir geraten hatte und sie nun verschwunden war.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich sah auf und rief »Herein!«. Es war Mom.

»Bist du fertig?«, fragte sie mich, den Autoschlüssel in der Hand.

Sie würde mich hin fahren, Wächter würden uns folgen und dann vor dem Haus warten. Es war mir schon etwas peinlich, dass sie extra wegen mir Wächter mitschickten, aber so war es wahrscheinlich besser – und sicherer.

Ich nickte, schnappte mir meine Tasche und sprang von meinem Bett auf. Zu zweit liefen wir zu den Autos, während ein seltsames Schweigen zwischen uns herrschte. Ich hatte nicht vergessen, was sie mir gestern gesagt hatte. Dass es noch einen Verräter in den Reihen der Wächter gab, dass ich niemandem trauen sollte.

»Als du gestern sagtest, dass Ryan, Adrian und Alex Dinge getan haben, von denen ich keine Ahnung habe... was genau hast du da gemeint?«, durchbrach ich schließlich nach ein paar Minuten das Schweigen, als wir in der Garage ankamen.

Dort standen bereits etwa ein Dutzend Wächter, die uns sofort ansahen, als wir in Sichtweite kamen. Auch Zack und Hayden waren darunter.

Als Mom mir nicht antwortete, warf ich ihr einen kurzen Blick zu. »Du wolltest doch ehrlich sein«, meinte ich.

Diesmal seufzte sie. »Du solltest sie mal fragen, was sie mit Josh getan haben«, antwortete sie mit gedämpfter Stimme, da wir den Wächtern nun schon ziemlich nahe waren. »Was sie mit Verrätern machen.«

Ehe ich etwas erwidern konnte, kamen uns die restlichen Meter Hayden entgegen, die ein freundliches Lächeln auf dem Gesicht trug.

»Hallo Zoey«, begrüßte sie mich.

»Hey Hayden«, entgegnete ich. »Wie siehts aus?«

»Großartig«, grinste sie. »Unserer Ansicht nach dürften wir heute Abend keine Probleme bekommen.«

Nun lächelte auch ich. Keine Probleme, keine Venatori. »Super. Ich versuche mich nicht allzu lange dort aufzuhalten, damit ihr nicht die ganze Zeit warten müsst.«

»Ach, ist doch Quatsch«, winkte sie ab. »Nehm dir so viel Zeit, wie du möchtest. Falls dir irgendwas seltsames auffällt, dann ruf einen von uns an, okay?«

»Alles klar.«

Mom führte mich nach Links und da sah ich unser Auto wieder; den dunkelblauen Mercedes. Es war seltsam, ihn wiederzusehen. Alte Erinnerungen tauchten wieder auf, aber ich unterdrückte sie gewaltsam, weil ich jetzt echt keine Lust hatte, über mein altes Leben nachzudenken.

Endless WhisperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt