#57 - Auf der Flucht

1.8K 109 14
                                    

Ich verdrehte die Augen. »Witzig.«

Das nächste Krachen, das von der Tür kam, ließen unsere Köpfe blitzschnell zur Tür schwenken. »Okay, hilf mir hoch.«

Der Tunnel war eng und war etwa in der Höhe meiner Hüfte. Eigentlich sollte es kein Problem sein, da reinzuklettern, nur fühlte sich mein Bein an als würde es gleich abfallen. 

Ohne ein weiteres Wort hob mich Ryan hoch und platzierte meine Beine so, dass ich nur loslassen müsste und dann sofort fast quer nach unten rutschen würde. Ich keuchte vor Schmerz auf und sah gleichzeitig zu Ryan. Hinter ihm wurde die Tür gewaltsam aufgedrückt. Ehe ich noch etwas sagen konnte, riss er meine Hände von der Klappe und gab mir einen schnellen Schubs, der mich blindlings und mit einem kleinen Schrei nach vorne ins Dunkle stieß.

Irgendwo hinter, oder auch über mir, hörte ich laute Geräusche, die mit jeder Sekunde leiser worden. Ich hoffte natürlich, dass Ryan auch noch rechtzeitig durchgekommen ist, aber das war nur ein Hintergedanke. Denn das einzige, was ich gerade verspürte, war Panik. 

Man könnte meinen, dass ich mir eigentlich keine Sorgen machen müsste, da ich schließlich auch keine Platzangst hatte, aber als ich da atemlos durch den dunklen Tunnel rutschte und keine Ahnung hatte, was mich erwartete, verspürte ich Todesangst und wünschte mir nichts lieber als heil unten anzukommen.

Meine Hände fuhren über das harte Material, um meine Geschwindigkeit etwas zu verringern. Dabei riss ich die Augen weit auf, aber sehen konnte ich trotzdem nicht. Alles war stockduster.

Nach etwa dreißig Minuten, was wahrscheinlich in echt eher etwa fünfzehn Sekunden waren, verlor ich für einen Augenblick das Gleichgewicht, da ich keinen Halt mehr hatte. Der Tunnel endete und ich ruderte wild mit den Armen, um irgendwas zu fassen. Das einzige, was ich jedoch erreichte, war ein tiefer Kratzer in meinem inneren Unterarm. Ich ratschte an irgendwas und fiel schließlich mit einem Ächzen in irgendwas weiches.

Ich war total orientierungslos. Und mir war schlecht.

Irgendwie hob ich meine Arme, die unter irgendwas weichem begraben waren und schob mich nach oben, wo ich dann endlich etwas sehen konnte.

Überall um mich herum waren Essensreste. Es reichte von Karottenschalen über etwas, was nach Thunfisch roch zu Knochenresten. Meine Haare, mein Gesicht, einfach alles an mir wurde von dem Mix berührt. Ganz abgesehen von dem Gestank stellte ich fest, dass ich in einer Art Container war, der sich in einer gedämpft beleuchteten Halle befand.

Meine Aufmerksamkeit wurde wieder nach oben gelenkt, als ich laute Geräusche hörte. Ich hatte gerade noch Zeit mich ein bisschen zu bewegen, als Ryan auch schon in die Essensreste fiel. Zu seinem Glück fiel er nicht genau in eine Soße sondern auf die Karottenschalen, die wenigstens nicht so feucht waren.

Nachdem er aus den Resten aufgetaucht war, schaute er sich suchend um. »Alles okay?«, fragte ich ihn, um ihn auf mich aufmerksam zu machen.

Er schnippte sich etwas von seiner Schulter, von dem ich gar nicht wissen wollte, was es war und sah zu mir. »Ja, und bei dir?«

»Bis auf den Gestank und der Tatsache, dass alles an mir klebt, ist es okay«, antwortete ich und kämpfte mich durch den Müll zu ihm.

»Und die Wunde an deinem Bein?«

»Fühlt sich ein bisschen taub an, aber das ist halb so schlimm. Eine bessere Frage ist: was tun wir jetzt?« Ich schob mir meine klebrigen Haare aus dem Gesicht. »Vielleicht sollten wir erstmal aus dem Ding hier raus.«

Ryan kletterte zuerst über den Rand und schaute, ob die Luft rein ist. Dann streckte er die Hand aus und zog mich vorsichtig raus, darauf bedacht, mein verletztes Bein nicht zu belasten. Und Himmel, ich war so froh aus dem Ding raus zu sein. Der Gestank war unerträglich.

Endless WhisperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt