#56 - Eine letzte Warnung

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Gerade als wir ein paar Schritte in den Flur gegangen waren, hielt ich an. Direkt vor uns lagen zwei bewusstlose Männer in Anzügen. Ich erkannte einen von ihnen wieder: er gehörte zu Payne's Security. Deswegen hatte Ryan also so lange gebraucht.

Mein Blick wanderte weiter über ihre regungslosen Körper. Eine goldene Uhr fiel mir besonders ins Auge.

Wie vom Blitz getroffen legte ich eine Hand auf Ryan's Brust. »Der Armreif«, sagte ich atemlos. »Wir müssen zurück und ihn holen.«

Ryan sah mir direkt in die Augen. »Wir haben keine Zeit dafür«, erklärte er mir. »Payne hat Verstärkung gerufen. Sie müssen jeden Moment hier sein.«

»Ich weiß. Aber sobald man sich dreimal mit dem Gegenstand verwandelt hat, nimmt er dein Aussehen auf«, entgegnete ich. Die Glassplitter in meinem Rücken spürte ich mit jeder Sekunde mehr. »Das heißt, wer auch immer den Armreif hat, wird so aussehen wie ich.«

Bevor Ryan etwas sagen konnte, öffneten sich die Fahrstuhltüren und mehrere Männer stürmten heraus. 

Wir tauschen einen Blick aus. Ryan überlegte nicht lange.

»Beeil dich«, meinte er zu mir. »Ich werde sie solange ablenken.« Dann wandte er sich den Männern zu, die uns entdeckt hatten und hob die Arme.

Ich wandte mich ab und humpelte so schnell ich konnte zurück in Payne's Apartment. Mit jedem Schritt spürte ich die Verletzung in meinem Bein. Es schmerzte wieder mehr, sobald Ryan mich nicht mehr stützte. Trotzdem riss ich mich zusammen und lief entschlossen ins Wohnzimmer.

Payne lag noch immer regungslos auf dem Boden. Ich schenkte ihm außer einem kurzen Blick keine weitere Beachtung. Meine Aufmerksamkeit war nun voll und ganz auf den Armreif gerichtet. Aber... wo war er?

Zuletzt hatte Payne ihn mir vom Arm gerissen. Dann hatte ich mich nach einer Waffe umgesehen, den Armreif hatte ich in dem Moment total vergessen. Wo könnte er ihn hingetan haben?

Keuchend sah ich mich im Zimmer um. Er hatte den Raum nicht verlassen, also musste er hier irgendwo sein.

Von draußen hörte ich lautes Ächzen und Krach. Verdammt, ich musste mich beeilen. Wer weiß, wie lange Ryan sie aufhalten konnte.

Ich trat zu der Kommode, in der ich auch das Notizbuch gefunden hatte und riss alle Schubladen auf. Jedoch war er nirgendwo zu sehen, auch nicht, als ich den ganzen Inhalt rausgeworfen hatte.

Hektisch wandte ich mich ab, sah durch den Raum, auf den Boden und schließlich zu Payne. Ich stolperte zu ihm, hockte mich ächzend neben ihn und tastete ihn ab. Meine Hand griff in seine Tasche und erfasste etwas rundes.

Gerade als ich den Arm mit dem Armreif aus der Tasche zurückzog, packte Payne plötzlich mein Handgelenk. Ich erschrak mich fast zu Tode, weil ich dachte, dass er noch bewusstlos sei. Ich wollte mich losreißen, aber sein Griff war so fest, dass ich mich nicht rühren konnte.

Langsam hob er den Kopf. Blut klebte in seinem Gesicht, vorallem rund um das Auge, in dem die Scherbe noch immer steckte.

»Zoey Ashton«, krächzte er und sah mir direkt in die Augen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. »Mach dich bereit diejenigen zu verlieren, die dir am meisten bedeuten...«

Mit jedem Wort wurde er leiser, bis er schließlich ganz verstummte. Er lockerte den Griff um mein Handgelenk und sein Kopf sank zurück auf den Boden.

Für einen Augenblick dachte ich, es mir eingebildet zu haben und er sich eigentlich gar nicht bewegt hat. Aber warum spürte ich noch den Druck um mein Handgelenk?

Die Antwort war simpel: Nein, ich hatte es mir nicht eingebildet. Payne's Worte wiederholten sich in meinen Gedanken

Mach dich bereit diejenigen zu verlieren, die dir am meisten bedeuten.

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