#22 - Das bekannte Pokerface.

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Ich fiel auf die Straße.

Das dachte ich zumindest.

Bevor ich überhaupt blinzeln oder ein letztes Gebet aussprechen konnte, packte jemand meinen Arm und riss mich mit unglaublicher Kraft zurück auf den Gehweg. Genau in dem Moment hupte ein Auto und fuhr auf der Straße an mir vorbei.

Völlig fassungslos versuchte ich zu realisieren, dass Isaac mich gerade ernsthaft auf die Straße geschubst hatte. Das er wirklich zu so etwas fähig war. Ich wusste gar nicht, was ich denken sollte. Stumm starrte ich meinen Retter an. Seine dunklen Haaren waren durcheinander und seine Augen waren geweitet, als hätte er es selbst nicht glauben können.

Es war Isaac.

Endlich realisierte ich es und riss mich von ihm los. »Was zur Hölle stimmt mit dir nicht?!«, kam es aus meinen Mund. Automatisch trat ich ein paar Schritte zurück in Richtung eines Souvenir-Ladens. Isaac jedoch hob beruhigend die Hände, wahrscheinlich um mir zu zeigen, dass er mir nichts tun wollte. Als ob ich ihm das jetzt noch glauben würde. Langsam trat ich noch ein paar Schritte weiter nach hinten – bis ich gegen etwas hartes prallte.

Ich konnte nicht weiter zurückweichen und nun blieb er kurz vor mir stehen. Kurz hätte ich schwören können, dass er zitterte, aber ich wollte mich nicht mehr auf ihn konzentrieren. Alles, was ich wollte, war, hier weg zu kommen.

Seine braunen Augen waren geweitet und sein Ausdruck komplett verunsichert. »Zoey, ich... es tut mir leid! Ich wollte nicht-«

Bevor er jedoch zu Ende sprechen konnte, wurde er bereits von mir weggerissen. Auch wenn ich vielleicht in meinem Unterbewusstsein damit gerechnet hatte, erschreckte ich mich trotzdem und zuckte total zusammen.

Dort stand Ryan.

Kaum hatte er Isaac von mir weggerissen, holte Ryan aus und schlug ihm mit voller Kraft ins Gesicht. Dabei ertönte ein grässliches Knacken und Blut quellte augenblicklich aus seiner Nase. Isaac fasste sich erschrocken ans Gesicht und versuchte gleichzeitig Ryan auszuweichen, der bereits zum nächsten Schlag ausholte.

Schnell sprang ich vor und versuchte ihn zurückzuhalten. Bloß beachtete er mich nicht einmal. Stattdessen verpasste er ihm noch einen Schlag, der Isaac ein lautes Stöhnen entlockte. Entsetzt griff ich nach Ryan's Arm und versuche ihn zurückzuzerren, aber er ließ sich keinen Millimeter bewegen. Es war, als würde er aus Stein bestehen.

»Ryan, hör auf!«, schrie ich, um ihn irgendwie erreichen zu können und stellte mich genau zwischen die beiden. Meine Hände waren abwehrend gegen seine Brust gerichtet. »Es reicht, okay?!«

Für einen kurzen Moment starrten wir uns schweigend in die Augen. Ryan, in seinem Blick Wut und Kampflust und ich, verängstigt, aber dennoch entschlossen.

Natürlich hatte ich gewusst, dass Ryan mit nach Manchester fuhr. Er war mein Wächter, es war seine Pflicht, mich zu verteidigen. Trotzdem musste er Isaac ja nicht gleich umbringen, denn was auch immer ihn dazu gebracht hatte, mich auf die Straße zu schubsen, es war nicht er selbst gewesen. Auch wenn wir vielleicht nicht gerade die besten Freunde waren, wusste ich, dass er so etwas nicht tun würde.

Ein paar Passanten wurden auf uns aufmerksam. Eine ältere Dame sah uns misstrauisch an und umklammerte dabei ihre Handtasche so fest, als würde sie jeden Moment jemand attackieren wollen.

»Beruhige dich, die Leute gucken schon«, murmelte ich schließlich Ryan zu, als er Isaac anstarrte, als würde er ihm jeden Moment umbringen. »Nichts passiert.«

Nun drehte sich Ryan doch zu mir um. »Nichts passiert?«, zischte er ungläubig. »Er wollte dich umbringen!«

Beschwichtigend legte ich eine Hand auf seine Schulter. »Lass ihn los«, sagte ich nun mit festerer Stimme. Ryan hatte seine Hände in Isaac's Lederjacke gekrallt. Bei meinen Worten ließ er ihn langsam los.

Endless WhisperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt