#83 - Genug gewartet.

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Es war Freitag.

Das hieß, das heute der Tag war, an dem Harrison Conners endlich festgenommen wird.

Solange alles nach Plan lief, natürlich.

»Kannst du mir den Rucksack kurz abnehmen?«

Ryan's Handy klingelte, als wir in die Garage des Quartiers liefen und er hatte alle Hände voll. Ohne zu antworten nahm ich ihm den Rucksack ab und hing ihn mir auf einer Seite über die Schulter.

Geschickt griff er in seine Hosentasche und nahm das Gespräch an, während wir gleichzeitig ins Auto stiegen. »Adams.«

Immer, wenn er sich mit seinem Nachnamen meldete, ging es um etwas ernstes oder einer der wichtigen Wächter riefen ihn an. Gespannt sah ich zu, wie sein Gesicht nach nur wenigen Sekunden versteinerte.

»Ich verstehe«, sprach er ins Handy und biss sich auf die Lippe. »Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich werde mich daran halten.« Dann legte er auf.

Neugierig musterte ich ihn. Ryan warf das Handy achtlos in seinen Schoß und startete den Motor. Ich legte den Rucksack zwischen meine Beine und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Wer war das?«

»Abernathy. Er wollte mich nur daran erinnern, dass ich mich von dir fernhalten soll«, schnaubte er und legte damit offen, wie viel er davon hielt. »Anscheinend hat jemand gesehen, wie du vor ein paar Tagen Morgens aus meinem Zimmer gekommen bist.«

Scheint, als hätte er wohl ein paar Wächter auf mich angesetzt. Abernathy wollte, dass sich die Wächter, meine Freunde, von mir fernhalten. Anscheinend hörten sie manchmal lieber als mich, als auf ihn, auch wenn er ihr Anführer war.

»Dann sollte er seine Methoden mal überdenken«, meinte ich kopfschüttelnd. »Abernathy kann nicht ernsthaft verlangen, dass ich mich immer zurückhalten soll... was er tut, ist falsch. Ich meine, er hat Josh' Schwester einfach angelogen. Amanda läuft immer noch ahnungslos durchs Quartier, alle wissen Bescheid, nur sie nicht. Das ist doch nicht fair.«

Ryan fuhr aus der Tiefgarage. »Du hast Recht, ich wollte es vorher nur nicht wahrhaben«, sagte er. »Wenn wir uns um Conners gekümmert haben, werde ich Amanda helfen.«

Er wollte seinen Fehler wiedergutmachen.

Schließlich hatte er mich auch Monate lang belogen, das würde ich nicht so schnell vergessen.

»Übrigens hat Max noch ein paar interessante Dinge auf Conners Computer gefunden«, fügte er hinzu. »Auf einer Festplatte befand sich ein Ordner mit ziemlich eindeutigen Videos.«

Videos? Conners hatte doch nicht etwa...

»Dieses verdammte Arschloch«, knurrte ich. »Wenn wir ihn heute nicht kriegen, reiß ich ihm die Eier ab.«

»Dem schließe ich mich gerne an. Mit Minderjährigen zu schlafen und es auch noch zu filmen, bevor er sie umbringt... das ist echt hart. Ich hatte schon mit einigen Fällen zu tun, in denen widerliche Typen vorkamen und er gehört zur schlimmen Sorte... apropros widerliche Typen, von Jake gibt es auch nichts neues. Die Wächter bekommen keinen Satz aus ihm heraus.«

Jake, stimmt. Ich hatte ganz vergessen, dass er in einer der Zellen im Quartier saß. Immerhin hatte er mich nach Italien entführt und mir Blut abgezapft, aus welchem Grund auch immer.

Als wir an meiner Schule ankamen, seufzte ich innerlich auf. Es war mein letztes Schuljahr und wirklich verbessert hatte ich mich auch nicht. Noch ein Punkt auf der Liste der Dinge, um die ich mich kümmern musste.

Ich verabschiedete mich von ihm und stieg aus. Kaum war ich aus dem Auto, hielt ich Ausschau nach Isaac und tatsächlich stand er da, wo wir es ausgemacht hatten.

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