Kapitel 4

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Zigzag River

Mount Hood National Forest

16:30 Uhr

Sonnige Nachmittage wie dieser waren selten am Mount Hood. Nur wenige Wolken standen am kobaltblauen Himmel und die weit im Westen stehende Sonne spiegelte sich im schmalen Zigzag River und ließ helle Lichtflecken über das Wasser tanzen. Der laue Wind brachte den würzigen Duft der Fichten und Kiefern und den Duft der Wildblumen der Bergwiesen mit.

Jennifer war mit ihrem Mountainbike unterwegs. Sie brauchte weder das neue Fitnesscenter, das im Mount Hood Village aufgemacht hatte, noch den Indoor Pool in der Mount Hood Lodge, dem Hotel außerhalb von Government Camp, in der ihre Mutter arbeitete. Sie holte sich ihre Fitness auf dem roten Mountainbike, das sie von ihrem eigenen Geld zusammengespart hatte. Ab Ende August würde sie wieder als Bedienung in einem Café jobben, um etwas Geld für ihre Ausbildung zur Seite legen zu können. Aber diese ersten Wochen wollte sie sich von der Schule erholen.

Sie hatte sich umgezogen, trug jetzt Shorts und ein pinkfarbenes T-Shirt. Ihre Haare hielt sie mit einem ebenfalls pinkfarbenen Frottee-Stirnband aus dem Gesicht. Ihr Gesicht, ihre Arme und ihre langen Beine, von Wind und Wetter gebräunt, leuchteten in der schräg stehenden Sonne. Ihre Augen blitzten vor Freude, als sie ihr Bike über den holprigen Pfad des Zigzag Rivers lenkte. Die Anstrengung löste ein seltenes Glücksgefühl aus, eine angenehme Leichtigkeit, die sie die Hindernisse beinahe spielerisch überwinden ließ.

Den Jungen mit der Kamera, der gerade dabei war, ein Stativ am Flussufer aufzubauen, hätte sie beinahe übersehen. Sie bremste gerade noch rechtzeitig und hielt nur wenige Schritte vor ihm an. Sie hatte Mühe, sich im Sattel zu halten.

"Hey, nicht so stürmisch!" Er war vielleicht zwei Jahre älter, siebzehn Jahre, allerhöchstens achtzehn und einen Kopf größer als sie und sah wesentlich besser als ihre Schulkameraden  auf der Higschool aus. Beinahe so gut wie ihr Lieblingsdarsteller in der Daily Soup, die sie immer schaute. Er war schlank und durchtrainiert, sein gebräuntes Gesicht ließ darauf schließen, dass er sich oft im Freien aufhielt, und seine dunkelblonden Haare, reichten ihm etwas zu weit über die Ohren. Sie nahm an, dass er zu faul war zum Friseur zu gehen. Seltsam waren nur seine blauen Augen. In ihnen war irgendetwas, das sie nicht bestimmen konnte und ihn zögerlich und beinahe ängstlich wirken ließ. Oder bildete sie sich das ein?

"Sorry", entschuldigte sie sich. "Ich hab nicht aufgepasst." Sie blieb auf dem Rad sitzen und stützte sich mit einem Fuß ab. "Bist du Fotograf?"

Er schraubte das Stativ fest und setzte die Kamera darauf. "Noch nicht, aber ich würde gern einer werden." Er reichte ihr die Hand und strahlte sie an. Nicht so aufdringlich wie Robbie und einige der anderen Jungen, eher respektvoll und anerkennend. Warscheinlich, weil er älter war. "Chris Linney."

"Jennifer Nolan. Du kannst mich Jenn nennen." Normalerweise tat sie nicht so vertraut mit fremden Jungen, aber seine freundliche Art und sein Lächeln gaben ihr das Gefühl, ihn bereits gut zu kennen. "Das tun alle hier."

Er schien sie zu mögen. "Sind alla Mädchen hier so sportlich wie du?"

"Nur die Einheimischen." Sie grinste verhalten. "Die anderen tun nur so. Strampel sich im Hotel oder im Fitnesscenter ab und meinen, danach könnten sie im Laufschritt zum Mount Hood hochlaufen. Die meisten kommen nicht einmal bis zum ersten Aussichtspunkt." Sie deutete auf die Kamera, eine hochwertige Nikon. "Was fotografierst du? Wartest du auf einen Berglöwen? Einen Schneehasen? Ein Opossum?"

"Die werde ich hier wohl kaum treffen." Er schraubte die Kamera aufs Stativ. "Ich warte auf den Sonnenuntergang. Muss schön aussehen, wenn die Sonne über den Bergen verglüht. Heute ist ein perfekter Tag, was?"

12:48 Die Katastrophe beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt