Kapitel 52

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Denny's Restaurant

Salem, Oregon

21:15 Uhr

Jennifer und Chris vergaßen sogar ihre Hamburger, als die Fernseher über dem Tresen auf CNN umschalteten und Luftaufnahmen von den zerstörten Gebieten um den Mount Hood zeigten. Der Barkeeper drehte den Ton auf und sie hörten angespannt zu: "...haben vor allem Schlamm- und Schuttlawinen, sogenannte Lahare, und pyroklastische Ströme, das sind extrem heiße Glutwolken, die kraternahen Gebiete im Norden und Nordwesten des Vulkans zerstört. Auch abseits der Krisenzone wurden riesige Baumbestände durch Waldbrände vernichtet, die man inzwischen aber unter Kontrolle hat. Entgegen mancher Behauptungen war die Vernichtungswelle lange nicht so groß wie vor dreißig Jahren am Mount St. Helens. Auch deshalb gelang es einem Ranger und seiner Wandergruppe, sich vor den Flammen zu retten. Weil die Hubschrauber bis vor wenigen Minuten nicht starten konnten und sein Funkgerät während des Ausbruchs zerstört wurde, kämpften sich sieben Jugendliche und ein Hund mit dem verletzten Ranger ins Tal hinab. Durch eine Höhle, die während ihrer Flucht einstürzte, erreichten sie die Rettungsmannschaften auf einer Forststraße im Westen des Vulkangebietes. Ein Junge und der Hund, der die Gruppe auf der Tour begleitet hatte, werden noch vermisst."

Ranger Bosworth erschien im Bild. Er lag in einem Krankenhausbett, das linke Bein geschient und in Gips. "Ich habe mein Leben diesen jungen Leuten zu verdanken, vor allem Jennifer, einer tapferen Nachwuchs-Rangerin, aber auch Chris, Mike und Lisa, den Zwillingen Rick und Kayla und dem armen Fletcher. Und weil ich eine Lady wiedersehen wollte, die ich schon seit einigen Monaten zum Essen ausführen will. Sobald ich hier raus bin, holen wir das nach."

Emily errötete wie ein junges Mädchen, das man zum Abschlussball der Highschool eingeladen hat, und wusste nicht, was sie sagen sollte. Auch Jennifer und Chris zeigten sich verlegen. Eine Reporterin rückte ins Bild.

"Inzwischen hat sich die Lage am Mount Hood etwas beruhigt. Ein Großteil der Bevölkerung wurde aus Sicherheitsgründen evakuiert und man hat die Katastrophe unter Kontrolle, vor allem ein Verdienst von Gouverneur Rick Bardsley, der schon frühzeitig am Ort des Geschehens war und den Katastropheneinsatz in vorbildlicher Weise leitete." Bardsley, wie immer, wenn er vor einer Kamera stand, optimistisch lächelnd und scheinbar voller Tatendrang, und Roger J. Sampson, der Chef des Cascades Volcano Observatory, rückten ins Bild. "Nur dem bewährten Frühwarnsystem des Cascades Volcano Observatory, seinem Chef Roger J. Sampson..." Er lächelte seinem Nachbarn huldvoll zu. "...und dem beispiellosen Einsatz der FEMA, Polizei, Feuerwehr, und Forest Service ist es zu verdanken, dass wir die Katastrophe eindämmen und schon zu diesem Zeitpunkt Entwarnung geben können. Ich möchte mich bei allen Einsatzkräften und Mitarbeitern bedanken und wage den Ausblick, dass wir in wenigen Jahren die Jugend der Welt zu den Olympischen Winterspielen in dieser Region begrüßen dürfen. Dieses Land ist sicher, meine Damen und Herren. Gott schütze Amerika und seine Bürger!"

Die Nachrichten wurden von einem Werbespot abgelöst und der Barkeeper stellte den Ton leiser. Eine Bedienung erschien und schenkte Kaffe nach.

"Kein Wort von David White und dem Indianer."

"David White?", fragte Jennifer erstaunt.

"Ein junger Mitarbeiter des CVO. Er wusste schon lange vor dem Ausbruch, dass etwas passieren würde. Wie der Indianer. Wenn der Gouverneur früher auf ihn gehört hätte, wärt ihr vielleicht schon früher gerettet worden."

"Und warum hat er nicht auf ihn gehört?"

"Angst um die Olympischen Spiele, krumme Geschäfte, was weiß ich. Genau erfahren wir das wohl nie." Emily trank einen Schluck und blickte auf die leeren Teller von Jennifer und Chris. "Apple Pie zum Nachtisch?"

"Klingt gut", sagte Jennifer und lachte Chris fröhlich an. Der schob seine Hand zu ihr rüber und drückte ihre fest.

12:48 Die Katastrophe beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt