Kapitel 34

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Mount Hood

Cascades Mountains, Oregon

12:48 Uhr

Unterhalb des Mount Hood bebte die Erde. Ein gewaltiges Grollen, das von tief unter der Erde zu kommen schien, riss den Boden auseinander und ließ Erde und Steine hoch in die Luft spritzen. Von den steilen Hängen brachen Felsbrocken und heißer Schutt. Die Erdmasse im Inneren des alten Felsmassivs kochte und brodelte. Aus einem Spalt stachen lodernde Flammen empor, aus einem Erdloch blies zischend heißer Dampf. Ein ohrenbetäubendes Geräusch, wie von einem fahrenden Güterzug, dröhnte aus den Tiefen der Erde und hallte als dumpfes Echo über die sterbenden Felsen.

Wy'east war zum Leben erwacht.

Auf der Nordseite des Berges dehnten sich die steilen Hänge, als würde jemand von innen mit übermenschlichen Kräften dagegendrücken. Die Steilhänge des Mount Hood wölbten sich nach außen. Immer mehr Risse klafften in den Felswänden und lockerten das Gestein. Mit einem hässlichen Geräusch, das an eine riesige Sprengung erinnerte, platzten die Felsen, und ein gewaltiger Bergrutsch riss die gesamte Nordflanke des Berges nach unten.

Im Inneren des Berges stiegen Magma und überhitztes Grundwasser nach oben. Vom Druck der Felsen befreit, schoss die brisante Mischung in den Krater und entlud sich in einem gewaltigen Knall, der bis nach Kanada zu hören war. Kaum war sein Echo verklungen, donnerte das Magma, angereichert durch giftige Gase und kochend heißen Dampf, aus dem Krater und bildete eine senkrechte Säule über dem ausbrechenden Vulkan. Eine gewaltige Aschewolke schoss aus den Tiefen des Berges und breitete sich rasch aus.

Wy'east, der versteinerte Krieger, sprengte seine Ketten. Mit unvorstellbaren Kräften befreite er sich aus seinen steinernen Gefängnis, reckte die steifen Arme und schlug wie entfesselt um sich. Unter wilden Schreien spuckte er schwarze Asche und glühendes Magma, blies er seinen heißen Atem auf seinen zitternden Körper und seine glühenden Flanken. Voller Zorn und zitternd vor Rache schrie er seinen jahrhundertalten Frust in die Luft.

Der unvorstellbare Druck jagte Schlamm und Geröll in die Täler. Ein ausgetrocknetes Flussbett nördlich des Vulkans füllte sich mit Schlamm und Schutt und einem reißenden Strom aus glühendem Gestein. In der Hitze schmolzen die Gletscher wie Butter und schickten schmutziges Schmelzwasser hinterher. Der Mount Hood, eben noch ein Symbol der Ruhe und des Friedens, war zum Mittelpunkt unerbittlicher Gewalt geworden, die vor allem im Norden des Vulkans alles Leben in dem weiten Naturschutzgebiet unter seinem glühenden Auswurf begrub. Bären, Hirsche, Rehe, Kaninchen, sogar Vögel und eine Vielzahl von anderen Tieren kamen in der Hölle um und ganze Wälder und Blumenwiesen verwandelten sich innerhalb von Sekunden in wüstenähnliches Brachland. Ungebremst fegte der Feuersturm aus dem Mount Hood durch die öden Täler.

Im Südwesten, dem friedlichen und beliebten Wanderparadies, wo sich der Timberline Trail durch dichte Wälder und über karge Geröllhänge an den sofortigen Tod, herrschte noch die berühmte Stille vor dem Sturm, aber die Folgen des Ausbruchs im nördlichen Teil waren unberechenbar. Durch die keilförmigen Täler und das beinahe ausgetrocknete Bett des Sandy River bahnten sich Schmelzwasser, Schutt und glühendes Magma ihren Weg, und die schwarze Aschewolke, die sich rasend schnell am Himmel ausbreitete, senkte sich immer tiefer auf Menschen, Tiere und Pflanzen herab. Glühende Felsbrocken, flüssiges Feuer und elektrisch aufgeladene Blitze regneten auf die Wälder hinab und setzten sie in Brand. Jeden Augenblick konnte ein zweiter Ausbruch den Westhang aufreißen und das Verderben bringen.

Wy'east hatte seinen Rachedurst noch lange nicht befriedigt.

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12:48 Die Katastrophe beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt