12:48 Die Katastrophe beginnt

Kapitel 13

Samstag. 9. August

Zigzag Ranger Station

Zigzag, Oregon

5:51 Uhr

Forest Ranger Nick Bosworth wartete bereits vor dem Bürogebäude, als Jenn und ihre Mutter auf der Station eintrafen. Er trug seinen dunkelgrünen Ranger-Anorak und den breitkrempigen Hut und hatte einen vollgepackten Rucksack neben sich stehen. Man sah ihm an, wie er sich freute, als sie ausstiegen.

"Guten Morgen, Ranger", grüßte Jennifer und zog ihren Rucksack aus dem Explorer. Kaum hatte sie ihn auf den kurz geschorenen Rasen vor dem Bürogebäude gewuchtet, bekam sie es mit dem lebhaften Candy zu tun, der hinter einem Busch hervorkam und schwanzwedelnd an ihr emporsprang. "Hey Candy! Nicht so stürmisch! Wirst du denn niemals müde, du kleiner Racker?"

Sie kraulte ihm den Nacken und schmuste mit ihm, bekam aus dem Augenwinkel mit, wie Ranger Bosworth auf ihre Mutter zuging und ein paar Worte mit ihr wechselte. "Sieh dir die beiden an", flüsterte sie Candy zu. "Sie wissen längst, dass sie was füreinander übrig haben, und benehmen sich ungeschickter als die Mauerblümchen an der Highschool. Er ist einfach superschüchtern und sie hat Angst vor einer neuen Pleite. Ich glaube, wir müssen ein wenig nachhelfen."

Candy schien sie zu verstehen und stürmte sofort los. Er rannte so dicht an ihrer Mutter vorbei, dass sie erschrocken zur Seite trat und Ranger Bosworth sie festhalten musste, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Der Ranger errötete, und auch sie wurde für einen Augenblick verlegen, fing sich aber sofort wieder, dann lachten sie beide befreit. "Ganz schön stürmisch, ihr neuer Freund", sagte sie. "Das Leben in der freien Natur scheint ihm zu bekommen." Sie blickte dem Hund nach, der um den Explorer herumlief und über die Wiese vor dem Rangerquartieren tollte. Dass er auf einem 'Bein leicht lahmte, sah man ihm kaum an. "Ich sollte mich auch mehr im Freien aufhalten. Den ganzen Tag im Büro, da rostet man ein."

"Warum kommen Sie nicht auf eine der nächsten Touren mit?" Der Ranger schien gar nicht zu merken, dass er im Begriff war, so etwas Ähnliches wie ein Date zu verabreden. "Vier Stunden am nächsten Samstag, nichts Anstrengendes."

"Keine schlechte Idee", erwiderte sie. "Ich werde es mir überlegen."

Sie verabschiedeten sich und auch Jennifer umarmte ihre Mutter. "Mach's gut, Mom. Und halt dir den nächsten Samstag frei", flüsterte sie ihr ins Ohr.

Nachdem ihre Mutter davongefahren war, konnte Jenn in Ruhe die anderen Teilnehmer der Wanderung begutachten, die nach und nach eintrafen. Chris Linney hatte den Rucksack auf den Rücken geschnallt und seine Kamera über der Schulter hängen. Er trug eine blaue Trekkingsjacke über seinen Jeans, Wanderschuhe und eine Baseballkappe, die an Chris richtig gut aussah. "Hey, Jenn", grüßte er. Seine Anwesenheit fühlte sich schon fast vertraut an.

Was man von Benny Fletcher nicht gerade sagen konnte. Er rempelte Chris an, als er seinen Rucksack von den Schultern nahm, mit voller Absicht, wie Jennifer vermutete, grüßte den Ranger eher beiläufig und sah die anderen so herablassend an, als wären sie von der Junior High und er der große Gangleader. "Meinetwegen kann's losgehen", verkündete er großspurig und landete gleichzeitig einen Seitenhieb auf Chris: "Willst du da oben 'ne Fotosession veranstalten? Pass lieber auf, dass du unterwegs nicht zusammenbrichst!"

"Keine Angst! Ich mach so was nicht zum ersten Mal." Chris verkniff sich eine gehässige Bemerkung, die sowieso nichts gebracht hätte.

Lisa Franklin war mit einem Kleinbus des Hotels gekommen und stolzierte wie eine Prinzessin heran. Sie trug nagelneue Desingerjeans, eine knallrote Softshelljacke mit dem Logo einer teuren Outdoorfirma und ebenfalls neue Wanderschuhe mit rotem Rand. Ihr Make-up war etwas dezenter als bei ihrem Auftritt in der Hotellobby. Auf dem Kopf trug sie eine Strickmütze im selben Rot wie ihre Jacke und mit demselben Logo. Auch ihr Rucksack war nagelneu und von derselben Marke. "Müssen wir so früh los? Hätte nichts gemacht, wenn wir zwei Stunden später aufgebrochen wären."