Kapitel 27

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Timberline Trail
Mount Hood National Forest
6:17 Uhr

Als Jennifer mit dem ersten Sonnenstrahl die Augen öffnete, spürte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie schreckte hoch und sah, dass Lisa verschwunden war. Bisher war sie immer als Letzte aufgestanden und hatte es geschickt verstanden, sich vor der Zubereitung des Frühstücks zu drücken. Was sie nicht daran gehindert hatte, über den 'miesen Fraß' zu mekern und von dem Brunch zu schwärmen, zu dem sie sonntags immer mit ihren Eltern ging.

"Verwöhnte Zicke!", schimpfte Jennifer leise.

Sie stieg aus dem Schlafsack, griff nach ihrem Handtuch und einem frischen T-Shirt und kroch aus dem Zelt. "Hat jemand Lisa gesehen?", fragte sie arglos in die Runde, als das Mädchen nirgendwo zu sehen war. "Ist sie etwa schon unten am Fluss?"

Ranger Bosworth war bereits angezogen und stand bei den Rucksäcken. Auch Chris und Fletcher waren schon munter. Die Zwillinge wuschen sich wohl gerade am Fluss, der unterhalb ihres Lagers durch ein enges Tal floss.

Candy blickte neugierig in die Runde.

"Mike ist auch weg", stellte Ranger plötzlich fest. Seine Stimme klang besorgt. "Sein Rucksack fehlt. Lisas Rucksack ist allerdings noch hier."

"Diese blöde Zicke!", brauste Fletcher auf. "Sie ist mit dem kleinen Zauberlehrling durchgebrannt. Hat ihm wahrscheinlich versprochen, mit ihm Händchen zu halten, wenn er sie wegbringt! Mann, wie kann man nur so doof sein! Anstatt sich einen richtigen Kerl anzulachen, zieht sie so eine Niete. Die kommen doch keine zwei Meilen weit, dann schnappt sie sich ein Grizzly!"

Chris wechselte einen besorgten Blick mit Jennifer. "Mike weiß schon, was er tut. Der kennt alle Vulkane der Cascades auswendig. Ich wette, er macht nur einen kleinen Ausflug mit ihr. Vielleicht will er ihr eine besondere Lavaformation oder eine Erdschicht zeigen und ihr irgendetwas erklären."

"Und dazu nimmt er seinen Rucksack mit?" Fletcher lachte dreckig. "Na du bist gut, ich glaube ja, die haben was ganz anderes vor. Die wollen sich absetzen, damit sie wild rumknutschen und sonst was machen können. Ich wette, die liegen gerade..."

"Fletch! Das reicht!", rief der Ranger.

"Ich heiße Fletcher."

"Meinetwegen...trotzdem haben wir genug gehört." Er wandte sich an die anderen. "Okay", entschied er. "Jennifer, du sagst den Zwillingen am Fluss, sie sollen im Lager bleiben und auf das Gepäck aufpassen. Fletcher, wir beide suchen den Trail nach unten ab. Chris, du wartest auf Jennifer und suchst mit ihr da oben." Er deutete den Hang hinauf. "Wenn ihr die beiden findet, ruft ihr laut meinen Namen. Hier oben hört man die Stimmen weit. Was auch immer passiert, wir treffen uns in spätestens drei Stunden wieder hier bei den Zelten." Er blickte auf seine Armbanduhr. "Um 9 Uhr 45. Verstanden?"

"Aye, Sir", sagte Jennifer.

Sie stieg den steilen Pfad zum Fluss hinunter, informierte die Zwillinge und spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht, bevor sie ins Lager zurückkehrte. In ihrem Zelt zog sie sich in Windeseile an. Mit der Mütze über den strähnigen Haaren sah  sie nicht gerade attraktiv aus, aber das war ihr egal. Sobald sie die beiden gefunden hatten, konnte sie sich immer noch waschen.

Sie verabschiedeten sich von Candy und wandten sich Norden. In einvernehmlichem Schweigen und etwas müde marschierten sie nebeneinander. Der Trail führte unterhalb der Baumgrenze durch einen dichten Wald, der mit seinen moosbedeckten Hängen und zahlreichen Quellen an einen Regenwald erinnerte. Die Laune eines von Gletschern gespeisten Gebirgsbaches, der eine grüne Oase inmitten der schroffen Bergwelt geschaffen hatte und den Tieren in seiner Umgebung ausreichend Nahrung lieferte. Auf der anderen Seite des Waldes wartete ein Felsabbruch, der ziemlich gefährlich aussah und sie zu einem Umweg durch die unter ihm liegende Schlucht zwang. Nach einer erneuten Steigung konnte man den Trail weit einsehen, wie er sich an einem schrägen Hang entlangwand und dicht unter einem der Gletscher verschwand.

12:48 Die Katastrophe beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt