„Karla-Louisa Weber.", rufe ich entrüstet. „Ich werde auf gar keinen Fall auf diese Feier gehen. Es ist seine Party und ich habe absolut nichts dort zu suchen, okay?"
Karlie starrt mich unberührt im Spiegel an. Sie schminkt sich gerade. Natürlich perfekt. Ihre Augen sind mit einem dunklen Braun umrandet, welches das Grün der Iris zur Geltung bringt, und ihre Wimpern wirken endlos lang.
Sie ist bereits fertig angezogen; Sie trägt ein goldenes, beinahe schon verboten kurzes Outfit mit tiefem U-Bootausschnitt. Dazu kombiniert sie High Heels mit schwindelerregend hohen Absätzen.
„Lia, Schatz, darüber wird nicht diskutiert. Und jetzt zieh die Sachen an, die ich dir rausgelegt habe, klar?", und mit einem Blick auf mein trotziges Gesicht fügt sie ein „Mach es dir doch nicht so schwer. Wir wissen beide, dass du brennend gern auf diese Party willst." hinzu.
Seufzend greife ich nach den Kleidern und stelle genervt fest, dass das Kleid als langes T-Shirt durchgehen könnte.
Kurzerhand marschiere ich zu Karlies Kleiderschrank und wühle ein wenig darin herum, bis ich, zu meinem Glück eine Jeans finde, die ich ohne Bedenken einer Unterbindung meiner Blutbahnen anziehen kann. Dazu kombiniere ich ein harmloses, weiß-blau kariertes Hemd.
Unfassbar, dass Karlie nur zwei normale Kleidungsstücke besitzt. Ich behalte meine Chucks an. Ganz im Ernst, ich liebe diese Schuhe. Sie sind ungeheuer bequem und komfortabel. Und trotzdem versetzt es mir einen kleinen eifersüchtigen Stich, als ich mir meine beste Freundin jetzt ansehe. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass sie heute Abend alle Blicke auf sich ziehen wird.
Schnell verwerfe ich meine blöden Gedanken. Ich will sie nicht beneiden. Ich schäme mich ehrlich dafür, so etwas zu denken, zumal ich weiß, dass sie so viel mehr als ihre Kleidung oder ihr Aussehen ist.
Sie ist loyal. Und klug. Und humorvoll. Sie ist meine beste Freundin.
„Gehen wir, dein Make-Up ist bereits perfekt, also kusch dich!", herrsche ich sie kichernd an.
„Willst du auch?", fragt sie und hält mir den Eyeliner vors Gesicht.
„Eher sterbe ich, als mich anzumalen. Was machst du so langsam? Los, los, los!", feure ich sie an und ziehe gleichzeitig meine schwarze Jacke über.
Karlie schüttelt den Kopf als sie sich in einen hüftlangen, engen schwarzen Mantel zwängt. „Zuerst muss man sie stundenlang überreden und dann tut sie so, als würde es von ihrem Leben abhängen, dort aufzutauchen. Also manchmal, echt..."
Wir verlassen Karlies Haus und treten in die angenehme Stille des Abends. Karlie legt mir ihren Arm freundschaftlich auf die Schulter und lacht dann plötzlich.
Verwundert ziehe ich eine Braue hoch und stelle so eine stumme Frage.
Karlie winkt ab und meint schließlich, sich nicht verlaufene Schminke von den Wangen wischend, immer noch kichernd: „Weißt du, Lia, wenn man jetzt so daran zurückdenkt, wie wir dort im Sandkasten Märchenschlösser gebaut, und dann Szenen aus deinen Büchern nachgespielt haben... Ich meine sieh' uns an; Wir sind ganz schön alt geworden!"
Sie deutet auf den alten Sandkasten in ihrem Vorgarten und auch ich muss lächeln. Ich schlinge ihr einen Arm um die Taille und sage wehmütig: „Dein Vater hat es gehasst, wenn wir seine antiken Ritterminiaturfiguren in den Garten geschleppt haben, aber das hat uns nicht davon abgehalten, sie als Prinzen unserer Fantasiewelt auf der Burg Kämpfe ausfechten zu lassen und Jungfern in Nöten zu retten."
Karlie hört auf zu lachen. „Es wäre schön, gäbe es sie wirklich. Jungs, die Mädchen vor Drachen retten und aus dem langen Schlaf küssen, meine ich."
Es ist für eine Weile still, in der wir beide unseren Gedanken nachhangen. Letztlich nimmt sie meine Hand und zieht mich zielstrebig mit sich den Gehsteig entlang.
„Kann sein, dass du einen hast. Einen Ritter, der auf dich wartet. Also enttäuschen wir ihn nicht und gehen auf seine Geburtstagsparty, okay?"
Ich stoße die Luft durch die Zähne aus. Sie hat Recht. Denn Ritter hin, oder her - Jan ist ein netter Kerl, der mich zufällig geküsst hat. Na ja, das hinterlässt Eindruck, so ein Kuss.
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Die Zeit danach
Teen FictionLiebe. Glück. Freude. Trauer. Leidenschaft. Melancholie. Verlassenheit. Hoffnung.... Jedes dieser Gefühle hat es in diese Geschichte geschafft. Zu viel will ich eigentlich nicht verraten. Lest sie selbst und bildet euch ein eigenes Urteil. ******* D...