Die Zeit danach

Davor 46

Ich merke es seiner Körperhaltung an, dass er aufs Äußerste angespannt ist. Zudem geht seine Atmung unnatürlich schnell.

Ich schiele vorsichtig zu Karlie, die den Prüfungsbogen bearbeitet wie eine Verrückte.

Sie bemerkt meinen hilfesuchenden Blick nicht. Auch Nicks Aufmerksamkeit ist anderwärtig beansprucht. Er kratzt sich am Kopf und kneift die Augen fest zusammen, als könne er den Mathegleichungen mit einem Röntgenblick die Lösungen entlocken.

Unter dem Tisch hantiert Jan wie besessen auf seinem Handy herum. Irgendetwas ist los. Nur habe ich keine Ahnung, was.

Sanders Blick bohrt sich in meinen und er schüttelt den Kopf und zeigt auf mein Prüfungsblatt.

Dass ich bereits alles gelöst habe, entgeht ihm offensichtlich.

Prompt steht Jan auf und packt seine Sachen schnell zusammen.

Herr Sander runzelt die Stirne und sagt mit höhnischem Grinsen: „Ich bezweifle, dass Sie schon fertig sind, Mayer. Nach Allem, was ich bis jetzt das Unglück hatte, in diesem Raum miterleben zu müssen, bin ich eher der Meinung, dass sie die Prüfung in Ihrer Freizeit nachholen müssen."

Jans Augen flackern gefährlich. Ehe er auch nur einen Schritt in Sanders Richtung machen kann, bin ich zur Stelle und lege ihm beruhigend die Hand auf den Arm.

„Gehen wir.", meine ich ohne zu fragen, wohin.

Sanders Brauen wandern beinahe bis zu seinem Haaransatz.

„Fräulein Sommer?" Seine Miene ist verächtlich und sogar ein wenig enttäuscht.

Eine Sekunde lang studiert Jan mein Gesicht, dann nickt er, nimmt meine Hand und wir gehen gemeinsam hinaus.

Erst als wir bei seinem Motorrad ankommen, reden wir.

„Was ist los?", will ich wissen.

„Mam ist los.", entgegnet er. Er wiegt den Motorradhelm in den Händen und sieht mich unentschlossen an.

„Kommst du mit?"

Ohne nachzudenken schnappe ich mir den Helm.

„Das fragst du noch?"