Davor 52

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„Wie lange noch?", keuche ich und werfe einen kleinen Kieselstein nach Jans Rücken.

„Wir sind fast da", kommt die Antwort.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich mich verhalten soll. Das erste Mal, an dem ich mit Jannick Mayer ausgehe. Und er schleppt mich an den gottverlassensten Ort der Welt.

Ich nehme einen Schluck aus meiner Wasserflasche, als der steile, in den steingehauene Weg plötzlich in einer riesigen Einbuchtung des Felsens endet.

Ich reiße die Augen völlig gebannt auf, als mich das Panorama, das sich mir bietet, beinahe erschlägt.

„Schön, oder?", will er wissen, während er seine Jacke auf dem Boden ausbreitet, genau an dem silbernen Geländer, das einen wahrscheinlich vor dem Abgrund schützen soll.

Ich setze mich neben ihn. „Unbeschreiblich", flüstere ich und folge mit meinem Blick dem Horizont, an dem ich nichts als Wasser bemerke.

Vorsichtig streicht Jan eine Strähne meines wirren Haars hinter mein Ohr und raunt: „Wie schlage ich mich bis jetzt?"

Ich muss mich ein paar Mal räuspern und meine Stimme zittert, als ich „Nicht schlecht", erwidere.

Er wendet seinen Blick dem Wasser zu.

„Ich liebe diesen Ort. Er steckt voller Magie. Du kannst nicht anders, du musst dich hier einfach wohl und ausgewogen fühlen."

Ich weiß genau, was er meint.

Ich spüre es auch. Mein Körper beruhigt sich nach und nach.

„Wieso hast du genau mich gefragt, ob ich mit dir ausgehe. Ich meine, du könntest doch jede haben."

Er lacht, als wäre es das Absurdeste, was er je gehört hätte.

„Also soll ich das nächste Mal lieber deine Freundin Karlie fragen?"

Ich schnappe empört nach Luft.

„Das habe ich nicht gemeint."

„Ich weiß."

Er mustert mich nachdenklich. Sein Blick wandert zu meinen Lippen und ein Schauer läuft mir den Rücken herunter.

Dann beugt er sich ganz langsam zu mir herüber, sucht in meinen Augen nach einer Zustimmung, oder gar Ablehnung...

Ich kann nicht denken. Meine Hände sind kalt und schwitzen.

Seine Lippen berühren meine ganz leicht, beinahe nicht merklich. Und doch ist es ziemlich intensiv.

Ich seufze auf, was mich ziemlich überrascht und spüre, dass er an meinen Lippen grinst.

Dann lehnt er sich zurück und schaut wieder geradeaus.

Ich mustere ihn von der Seite.

„Nicht schlecht.", gibt er zu.

Ich schnaube auf und boxe ihn gegen den Arm.

Er lacht leise.

„Okay, ziemlich gut."

Damit bin ich zufrieden.

Ich lehne mich an ihn und lege den Kopf auf seine Schulter.

Und so bleiben wir sitzen.

Mein Magen spielt verrückt.

Das Schönste, was ich je gefühlt habe...

Die Zeit danachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt