Chapter 7~Der Mensch

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Ab und zu musste ich wohl kurz zu Besinnung gekommen sein, denn ich sah die Strahlen der untergehenden Sonne über mir wie eine Himmelspforte. Wie gerne wäre ich dadurch geschritten und hätte mich so aus meiner misslichen Lage befreit.
Aber jedes Mal hörte ich nur lautes Gerede in meinem Kopf pochen und konnte fühlen, wie mein Körper mit wenig Feingefühl über den Boden gezogen wurde.
Schmerzen fühlte ich nicht, doch mein Körper fühlte sich an als wäre er bis auf die Knochen mit Beton behangen. Keine Chance mich auch nur zu bewegen.
Über mir sah ich den Kopf eines Mannes hin und her wippen, der wohl die Arschkarte gezogen hatte, mich tragen zu müssen. Sehr gut machte er seine Arbeit aber nicht.
Als er merkte dass ich wach war senkte er den Kopf und grinste. Ich konnte den verschwommenen Schleier vor meinen Augen nicht los werden, aber etwas konnte ich genau erkennen. Er war ein Mensch.

Dass ich wieder ohnmächtig geworden war, daran konnte ich mich nicht erinnern. Aber als ich wieder zu mir kam lag ich auf etwas kaltem und sehr hartem.
Zusammengekauert lag ich da und blinzelte mir die Erde aus den Augen. Ich atmete einige male leise aus und versuchte als erstes, meine Kräfte auszusenden um zu ertasten, wie mein Umfeld aufgebaut war.
Doch es funktionierte nicht.
Meine Kräfte hatten den Geist aufgegeben, so etwas war mir noch nie passiert.
Ich rappelte mich auf und unterdrückte ein Stöhnen, als meine aufgeschürften Hände mein Körpergewicht stützen mussten.
Dann wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht und wollte aufstehen.
Mein Kopf knallte an etwas hartes. Leise fluchend liess ich mich zurück auf die Knie sinken und liess mir noch etwas Zeit, um richtig zu mir zu kommen.
Dann hob ich den Kopf.
Wir befanden uns noch im Wald, zwischen einigen Bäumen, die eine kleine Lichtung bildeten, die jedoch von einem dichten Blätterdach verdeckt wurde. Trotzdem wusste ich dass es Nacht war, denn einige Meter vor mir brannte ein Lagerfeuer und warf tanzende Schatten auf die umstehenden Bäume, die ihren sonstigen magischen Glanz verloren zu haben schienen.
Einige Gestalten wuselten geschäftig um das Feuer herum, doch mehr als ihre Silhouetten konnte ich nicht ausmachen.
Dann realisierte ich endlich wo ich mich befand.
Ich sass in einem Käfig.
Nicht grösser als dass ich knapp aufrecht sitzen konnte.
Wie ein Tier hatten sie mich eingesperrt.
Ich schloss die Hände um die Gitterstäbe und rüttelte daran. Wut brauste in mir, dazu hatten sie nicht das Recht.
Ich würde mich von Niemandem einsperren lassen!
Verzweifelt suchte ich nach der tief vergrabenen Macht in mir, die mich ansonsten immer bestärkte, doch sie schien von irgendetwas unterdrückt zu werden.
„Versuch es erst gar nicht."
Ertönte Leenas müde Stimme neben mir und ich drehte den Kopf.
Sie sass in einem zweiten Käfig, dicht neben mir, hatte den Kopf an die Stäbe gelehnt und beobachtete mich mit leerem Blick.
Hinter ihr stand noch ein Käfig, doch dieser war leer. Noch.
„Was haben sie mit uns gemacht?"
Fluchte ich und sie legte einen Finger an die Lippen.
„Nicht so laut! Glaub mir, wir werden uns noch wünschen, dass wir nie wieder aufgewacht sind."
Ihre Miene verfinsterte sich und ich runzelte die Stirn.
Sie wusste mehr als ich.
„Wieso? Wer sind diese Menschen?"
Ein kaltes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.
„Der verrückte Namenlose hat bei unseren kleinen Foltertreffen oft darüber geredet, was er alles noch erreichen wollte. Oft hat er mit dem Gedanken gespielt, die Menschenwelt ebenfalls unter seine Kontrolle zu bekommen und sie als Sklaven einzusetzen."
Ich rieb mir stöhnend die Schläfen.
„Aber wie..."
Setzte ich an als sich vor mir etwas bewegte.
„Wie sie von unserer Welt erfahren haben, meinst du wohl?"
Mein Kopf schoss nach vorne, viel zu schnell, sodass ich gerne leise aufgeschrien habe.
„Sebastian du mieser kleiner..."
Knurrte ich, als ich meinen Volkmann mit einem fetten Grinsen vor mir stehen sah.
Seine Haare hatte er ganz schwarz gefärbt und er sah überhaupt ganz anders aus. Menschlicher. Doch seine Augen glühten noch in demselben Schwarz wie es das bei mir immer tat.
„Aber nicht doch, spar dir deine Beleidigungen auf bis ich dir meinen idealen Plan erzählt habe. Du weisst nicht wie oft ich mir deinen Gesichtsausdruck danach ausgemalt habe."
Er rieb sich mit kindlicher Vorfreude die Hände.
„Ich werde dich umbringen du Verräter!"
Knurrte ich, während Leena sich nur wieder schweigend zurück lehnte.
„Und wie denn? Du sitzt in einem Käfig, schon vergessen?"
Ich mahlte mit dem Kiefer und schloss die Hände so fest um die Stangen dass meine Knöchel weiss hervor traten.
Darauf hatte ich keine Antwort.
„Nundenn. Du erinnerst dich sicher an die Verbannung die du über mich gelegt hast. Natürlich wollte ich Rache, aber icv wusste nie wie ich es am besten anstellen sollte."
Begann er, als würde er gerade seinen Kinder ein spannendes Märchen erzählen.
„Und dann dachte ich mir, womit könnte ich dich mehr treffen als mit deiner empfindlichen Menschenwelt."
Er grinste sadistisch und hätte sogar gut ausgesehen, hätte sich nicht die Narbe über sein Gesicht gezogen.
„Was nützt es dir schon, die Menschen zu töten, das sind viel zu viele."
Leena runzelte die Stirn.
„Aber aber, ich will sie doch nicht töten."
Er sag wirklich sehr zufrieden aus mit sich.
Gerne hätte ich das geändert, doch von meinen Kräften war noch immer keine Spur.
„Ich habe mich mit ihnen verbündet. Ich liefere ihnen eine neue Welt mit neuen Rohstoffen und sie helfen mir, alle Elafrÿs auszurotten. Bis ich der letzte und Mächtigste bin."
Ich schnaubte. Was für eine Ironie.
„Und was passiert mit all den anderen Wesen hier? Sie brauchen doch ihre Welt!"
Leena hatte wütend die Hände zu Fäusten geballt.
„Das ist mir egal, das überlasse ich den Menschen. Ihr hättet sehen sollen wie begeistert sie von meinen Kräften waren. Sie haben mich angebetet wie einen Gott."
Seine Augen glühten als er triumphierend die Arme hob und ich schüttelte nur langsam den Kopf.
„Und dafür verkaufst du dein ganzes Volk?"
Er nickte, nicht der Hauch von einem schlechten Gewissen war zu sehen. Dafür müsste man aber auch ein Herz haben und das schien Sebastian nicht zu besitzen.
„Und wie stellst du es dir vor? Die Waffen der Menschen haben keine Chance gegen unsere Kräfte!"
Blaffte ich und versuchte krampfhaft, mir einen Notfallplan auszudenken, um hier so schnell wie möglich raus zu kommen.
Sebastian trat ganz nahe an die Gitter heran, sodass ich ihm seine Augen hätte auskratzen können.
Doch dafür war ich zu kaputt.
„Wo sind denn deine Kräfte, Sheya? Wo sind sie?"
Er lachte höhnisch und schüttelte den Kopf.
„Aber du hast recht, Menschenwaffen können uns nichts antun. Deswegen habe ich ihnen gezeigt, was es kann. Und ratet mal, den Quarz von dem du gedacht hast, das letzte Stück zerstört zu haben...die Menschen haben noch Tonnen davon."
Er klatschte in die Hände.
„Sie tragen sie als Ohrringe und Schmuck, kaum zu glauben, oder?"
Er gluckste und ich starrte ihn fassungslos an.
„Bist du völlig von der Rolle oder einfach nur unfassbar dumm?"
Keifte ich ihn an und drückte meinen Körper gegen die Stäbe.
„Ich bin genial. Ein König zweier Welten, schon sehr bald."
Jetzt musste ich lachen.
Es war ein verzweifeltes und fassungsloses Lachen, doch er war so überzeugt.
Er dachte wirklich dass dieser hirnlose Plan funktionieren würde.
„Hör auf!"
Knurrte er und schlug mit der Faust an den Käfig, sodass ich die Erschütterung in Bein und Mark spüren konnte.
Ich schnappte vor Lachen nach Luft und schüttelte den Kopf.
„Du dummer, dummer, Junge."
Ich sah ihn spöttisch an.
„Du gibst den Menschen die einzige Waffe, die uns vernichten kann und denkst, dass sie die nicht auch gegen dich verwenden?"
Herablassend formte ich die Lippen zu einem Lächeln.
„Du bist genauso geliefert wie wir."
Flüsterte ich und lehnte mich zurück. Sebastian stand nur still da und schien nachzudenken.
Er war ein hervorragender Krieger. Doch er war besser darin Befehle auszuführen, als selbst Pläne zu schmieden.
„Lach nur, Sheya. Das wird dir bald vergehen."
Er nickte nur und wandte sich einem aufgeklappten Holztisch zu, auf dem allerlei Zeug lag, von dem ich wenig erkennen konnte.
Doch als er eine Spritze hob, konnte ich die Flüssigkeit darin sofort erkennen. Sie war mit Quarz versetzt.
Jetzt fiel der Groschen.
Sie hatten mich damit betäubt und diese Flüssigkeit in meinen Kreislauf gebracht.
Natürlich konnte ich mich nicht richtig bewegen, geschweige dann meine Kräfte wirken lassen. Verdammte Scheisse, das war gar nicht gut.
„Diese Spritze werde ich direkt in dein Herz stecken. Denn du wirst das ganze nicht mehr miterleben..."
Er kam auf mich zu und ich musste mich beherrschen, nicht zurück zu weichen.
„Warte!"
Eine tiefe Stimme hinter ihm ertönte und ein älterer Mann mit weissem Bart und dunkeln, verbitterten Augen trat hervor.
Neben ihm zwei weitere Männer. Der eine hatte mich getragen.
„Mister Stark, glauben sie mir, sie ist viel zu mächtig als dass sie eine Betäubung lange aufhalten würde.
Es ist besser, wenn wir das hier und jetzt beenden."
Der alte Mann musterte Sebastian schweigend. Er schien ihn nicht zu vergöttern.
Dann wanderte sein Blick zu mir. Trotzig erwiderte ich ihn. So schnell würden mich die Mistkerle nicht klein kriegen.
„Tut mir leid Sebastian, aber wir übernehmen ab hier."
Er gab seinen Männern einen Wink und sie gingen auf den überrumpelten Sebastian los.
Eher er es sich versah steckte die Spritze in seinem Arm und er riss den Mund zu einem lauten Schrei auf.
„Wir hatten einen Deal.."
Flüsterte er und die Lippen des Mannes verzogen sich zu einem höhnischen Lächeln.
„Der Deal ist hiermit geplatzt."
Gequält zuckend sank Sebastian zu Boden und seine Augen richteten sich in seinen letzten Momenten auf mich.
Ich konnte spüren, dass er aus dem Leben wich, bei allen meines Volkes konnte ich das.
Aber ich sass nur versteinert da und sah ihm zu, wie er in Todesqualen um seinen Tod bettelte.
Und bald würden es ihm wir alle nachmachen.

Es dauerte eine Weile, bis sein Geschrei verstummt war und sie seinen leblosen Körper weg geschleift hatten.
Es war totenstille geworden und weder ich noch Leena sagten ein Wort. Mir war klar, dass ich meine Kräfte noch brauchen würde. Denn mich würde dasselbe Schicksal ereilen, früher oder später.
Dank kehrte der alte Mann zurück, seine Hände ruhig gefaltet, eine Militärjacke angezogen und mit schwarzen Kampfstiefeln.
Er betrachtete zuerst Leena und lief dann, als würde er sich gerade bei einem Zoobesuch befinden, in aller Ruhe zu meinem Käfig. Da blieb er stehen.
Direkt vor den Stäben.
„Du denkst bestimmt gerade darüber nach wie lange su brauchen würdest, mir das Genick zu brechen. Mach dir die Mühe nicht."
Ich kniff die Augen zusammen. Schlauer mann.
„Ihr seid faszinierende Wesen; dass muss ich zugeben. Allerdings ist es gut zu wissen, dass auch ihr eure Schwächen habt. Er hob einen Quarzstein hoch, in einer Grösse die ich bisher noch nie gesehen hatte. So gross wie eine ganze Hand.
Ich zuckte zurück und hob dann stolz den Kopf.
Naja wenigstens würde ich mit Würde sterben.
Kurz schoss Hunter durch meinen Kopf. Ich hatte mich nicht einmal von ihm verabschieden können. Das war eigentlich das Schlimmste an der ganzen Sache.
„Hab keine Angst. Ich werde dich nicht töten. Das war nie der Plan."
Er lächelte verhalten, als wolle er nicht mit seiner Genialität angeben. Das war ein gefährlicher Mann.
„Ihr spielt ein gefährliches Spiel. Ihr habt ja keine Ahnung, was ich kann."
Knurrte ich und richtete mich so gut es ging auf. Langsam kehrte meine Kraft ein Stückweit zurück.
„Mag sein, das wir nicht all eure Kräfte kennen, doch Sebastian hat mir von dir erzählt. Stimm es, dass du bei uns gelebt hast? Wie ein Mensch."
Ich zögerte, nickte dann aber.
„Nun, ich habe gehört dass deine Blicke töten können. Eine Fähigkeit die ich auch gerne hätte."
Er lächelte unbeeindruckt, doch seine zwei jüngeren Soldaten schluckten etwas nervös.
„Aber wie dem auch sei. Wir sind wie gesagt nicht gekommen um euren Tod herbeizuführen.
Wir brauchen schlicht und einfach eure Fähigkeiten.
Stellt euch einen Krieg mit euch an unserer Seite vor! Keine andere Nation hätte mehr den Mut, an uns zu zweifeln oder an unserer Vormachtstellung!"
Ich schnaubte.
„Ist das ihr ernst? Ihr wollt ein ganzes Volk versklaven und weitere töten, nur damit ihr eure dummen Kriege führen könnt?"
Verachtend schüttelte ich den Kopf.
„Ihr tut mir leid. Aber weder ich noch irgendeine andere Elafrÿ wird euch jemals helfen."
Er strich sich über den ordentlich geschnittenen Bart und zuckte die Schultern. „Das werden wir ja sehen."
Dann wandte er sich um, setzte sich auf einen Hocker und gab den beiden Männern mit der Tarnkappe einen Wink.
„Fangt an."

Eure Meinung zu uns, bzw den Menschen? Würdet ihr uns solche Taten zutrauen? Versklavung anderer einfach damit man zu mehr Macht kommt...
Ich bin gespannt auf eure Meinungen
Bald geht es weiter und dann erfahrt ihr, was mir Sheya geschieht^^
Love you
Tala

Fluch der Küsse*beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt