Der Wald hatte sich seit dem Verschwinden seiner Bewohner weiterentwickelt und hatte die Häuser überwachsen und die Höhlen für Tiere benutzt, die sich auch nicht mehr vertreiben lassen wollen würden.
Und für eine Masse von mehreren hundert Elafrÿs genügte eine einfach Lichtung nicht.
Und obwohl es für sie wahrscheinlich so viele Dinge gab, die sie gerne getan hätten, hatten sie sich alle in einem riesigen Kreis um mich herum hingesetzt.
Es hatte beinahe wie ein Kornkreis gewirkt, von dem wir in meiner alten Welt sprachen, wenn komische Zeichen in Felder gebrannt worden waren, die sich niemand erklären konnte.
Ich stand nur da, verwirrt und unangenehm berührt.
„Was soll das?"
Fragte ich die ältere Frau, die ganz vorne sass und wahrscheinlich eine der geehrten Ältesten war, wie ich es in den Meisten Völker hier angetroffen hatte.
„Du hast uns wiedererweckt. Das ist eine grosse Tat. Du vereinigst nun all unsere Lebe in deinem Herzen. Wir sind mit dir verbunden."
Sie hob eine faltige Hand erklärend und wies auf die hunderten Augen, die mich erwartungsvoll ansahen.
„Mit mir? Und spüre ich das?"
Sie zuckte die Schultern und strich sich den langen Schwarz-Weissen Zopf zurück über die schmalen Schultern.
„Kann gut sein. Du spürst unsere Leben als dass deine. Wie es sich jedoch auf dich auswirkt wenn wir etwas fühlen oder sterben, das weiss ich nicht."
Ich schluckte und setzte mich schnell auf das helle, grüne Gras, welches sofort mein Kleid mit Wasser tränkte.
Doch das war mir egal.
„Und was machen wir jetzt?"
Die alte Frau lachte, als ich sie hilfesuchend ansah.
„Dasselbe wollen wir wohl alle von dir wissen. Du bist die letzte Elafrÿ und die Erbin der Macht. Wir folgen dir, wohin auch immer. Du bist unsere Quelle der Macht."
Zustimmendes Nicken erfolgte in den Reihen der Männer und Frauen, die alle diszipliniert im Schneidersitz dasassen.
Die Lichtung versank in völliger Stille. Das hatten sie ja wohl lange genug geübt.
„Okay."
Ich pustete einmal die Luft aus, während ich versuchte, mich an den Gedanken zu gewöhnen, nun Verantwortung für ein ganzes Volk zu übernehmen.
Angst machte sich in mir breit.
Ich hatte ja schon darin versagt, meine Freunde und Ace zu beschützen, wie sollte ich hier hunderte von Leben in Sicherheit bringen?
Ich hatte nicht gemerkt, dass ich meine Nägel in die Erde gebohrt hatte und sich mein Kiefer verspannte.
„Du wirst das schon richtig machen."
Ermutigend legte mir die Frau eine Hand auf den Arm.
„Mein Name ist Frieda, ich kenne unser Volk schon sehr lange, und ich kann dir alles über uns erzählen."
Zustimmendes Gemurmel und leises Gelächter machte sich unter den gut gelaunten Landsmänner breit.
Ich nickte und raffte mich dann zusammen.
Ich hatte nicht vergessen, was ich meinen Freunden schuldete, und vielleicht half mir mein Volk weiter.
„Gut. Ich kenne die Geschichte vor eurem Verblassen, doch wie ist es euch in dem anderen Reich ergangen?"
Die Gesichter wurden ernster, es war wohl heikel, das Thema jetzt anzusprechen, wo sie doch erst frei gekommen waren.
Aber wenn es etwas gab, was wir nicht hatten, dann war das Zeit.
„Da war kein Reich. Da war gar nichts. Wir waren nicht im Himmel, wir blieben hier auf der Erde.
Unfähig etwas anzufassen, uns bemerkbar zu machen oder einander zu erreichen. 19 Jahre lang, haben wir auf den Moment gewartet, in dem du uns befreist, obwohl wir nie gewusst haben, ob es dazu kommt."
Ich nickte und schauderte beim Versuch, mir vorzustellen wie es sich dort wohl gelebt hatte.
„Also habt ihr gesehen wie die anderen Völker handelten und wie die Hexen sich die Macht erkämpft haben?"
Als wären sie eine Einheit, wurden die Augen dunkel vor Wut.
Allesamt, und die Wut konnte ich wie einen riesigen Schwall in meinem Herzen spüren.
„Wir haben alles gesehen. Unsere Wut über unsere Hilflosigkeit hat sich angestaut. Ich kann in unser aller Namen sprechen, wenn ich sage, dass wir zurück wollen, was uns gehört."
Ich schwieg.
Vergessen tat ich nicht, dass sie so machtdurstig geworden waren, dass sie der Dunkelheit so vollkommen verfallen waren.
Es hatte einen Grund für ihr Verschwinden gehabt, und anscheinend hatte sich ihr Wesen, dass nach Macht strebte, noch immer nicht geändert.
Ich war jetzt zwar mit ihnen auf irgendeine verkorkste Weise verbunden, aber das hiess nicht, dass ich ihnen vertraute.
Sie konnten mir vielleicht helfen, weil sie mächtig und viele an der Zahl waren, doch ich würde auch dafür sorgen müssen, dass sich die Geschichte nicht wiederholte. Und wer wusste, wie schwer das werden würde.
„Ihr seid also wütend. Und was wollt ihr mit dieser Wut anfangen?"
Fragte ich nun laut und sofort wurden Stimmen laut.
Ich hörte viele Dinge. Darunter Rufe nach Rache, Thronen und Vorrang in dieser Welt.
Ich musste diese Gelüste so gut ausbremsen wie ich konnte, denn ansonsten würde diese Welt bald wieder in Krieg versinken.
Die anderen Völker waren mir ja schon teilweise feindschaftlich gesinnt, da würde eine grosse Masse an Elafrÿs die Welt in völliges Chaos stürtzen.
„Das ist falsch."
Laut liess ich meine Stimme über den Platz donnern.
Keine Ahnung was mich ritt, ihnen zu widersprechen, aber ich fühlte, dass sie mir nichts tun würden. Oder konnten.
Sofort wurde es ruhig, aber ich konnte gerunzelte Stirnen sehen und hochgezogene Brauen.
„Was schlägst du denn vor?"
Frieda spielte mit einem Ring an ihrem Finger und beobachtete mich mit intelligenten Augen.
„Ihr...Wir sind nicht fähig dazu, uns Macht zu holen, wenn wir keinen Ort zum Leben haben."
„Das stimmt nicht! Wir sind doch im Wald, das ist unser Lebensort!"
Widersprach mir Jemand aus der Menge und ich schüttelte energisch den Kopf.
„Es gibt auf einer Lichtung keinen Schutz, keine Möglichkeiten Dinge herzustellen oder Gewächse anzubauen! Wir müssen uns zu allererst darum sorgen, wie wir überleben."
Unzufriedenes Gemurmel machte sich breit und ich knetete meine Hände.
Mir war klar, dass es nicht in der Natur der Elafrÿs lag, Handwerker zu spielen. Sie gelüstete es nach mehr, nach grossen Taten. Auch ich spürte dieses Verlangen.
„Und danach...haben wir die Macht dazu, den König zu stürzen, und die Hexen zu vertreiben."
Und meine Freunde zu befreien. Das liess ich aber weg.
Wenn sie schon wild darauf waren, zu zerstören, sollte ich wenigstens versuchen, sie für etwas gutes einzusetzen.
Sofort ertönte Geheul und Triumphgeschrei. Ich hatte sie also besänftigt.
„Das mag ein guter Gedanke sein, Sheya. Doch wir haben nicht viel Zeit, uns eine sichere Stadt aufzubauen."
Ich runzelte die Stirn.
„Wieso nicht? Niemand weiss dass ihr hier seid, alle halten euch für tot. Und ich allein könnte Niemals einen Herrscher stürzen."
„Das ist das Problem. Die Völker haben spätestens jetzt die Erschütterung der Erde gespürt.
Eine so grosse Tat verändert die Schwingungen der Energien, sie wissen dass wir zurück sind."
Ich kniff langsam die Augen zusammen und mein Herz schlug schneller.
„Also weiss es der König auch."
„Ja."
Ich mahlte mit dem Kiefer und spürte wie mich die Lust nach Zerstreuung und purem Chaos packte.
„Das ist gut. Dann weiss er, dass wir kommen werden um ihn zu holen! Und Niemand wird uns davon abhalten!"
Die Menge sprang auf und die Kampfschreie erfüllten den stillen Wald mit neuem Leben.
Während ich zusah wie sich die Elafrÿs an die Arbeit machten, sprach ich in Gedanken zu meinen Freunden.
Ich würde kommen um sie zu befreien, und ich hatte nur diese eine Chance.★
Tage vergingen. Zwei, vielleicht zwei.
Doch die Fortschritte im Hausbau die die Elafrÿs mithilfe ihrer neu gewonnen, starken Kräfte machten, waren erstaunlich.
Mit der schwarzen Masse an Flüchen spalteten und schliffen sie ganze Baumstämme in die richtige Grösse und als ich heute von meinem Lager aus Gras unter dem freien Himmel aufstand, standen bereits erste Grundgerüste auf der grossen Lichtung, die eine Stadt um den kleinen Bach herum ergeben würden.
Zuerst aus Holz und später vielleicht noch weiter ausgebaut. Aber das war nur Wunschdenken.
Meine Landsleute arbeiteten unermüdlich.
Sie wechselten sich ab, eine hälfte übernahm die Nachtschicht und schlief dafür am Tag, die anderen schufteten dafür solange bis die Sonne unterging.
Sie waren fleissig und unermüdlich. Beinahe verbissen.
Mir wurde klar wie hart sie dafür arbeiteten, ihre Ziele zu erreichen. Und ich wollte wirklich nicht die sein; die ihnen dabei immWeg stand.
„Wir machen Fortschritte."
Meinte ich zu Frieda, die mit einem Plan aus Holz in der Mitte des Platzes stand und den Bau koordinierte.
„Tun wir. Und unsere Kräfte wachsen mit Jedem Tag an welchem wir Leben. Bald wirst du dein Heer haben, junge Sheya."
Ich schluckte und nickte dann langsam.
„Das ist gut. Die Hexen sind viele an der Zahl und sehr stark."
Sie lächelte verächtlich und ich fragte mich, wo so boshafte Züge in das sanfte Gesicht einer alten Frau passen konnten.
Meine Art war doch spezieller als alles, was ich bisher gesehen hatte.
„Wir sind stärker."
Sie sprach wohl aus Erfahrung.
„Das hoffe ich doch. Wir können es uns nicht leisten, zu verlieren."
Abrupt liess sie ihren Plan sinken und drehte sich zu mir um. In ihren Augen lag eine Verständnislosigkeit, die mich schockierte.
„Wir verlieren nicht."
Stellte sie dann fest, beinahe so als müsste sie ein unwissendes Kind belehren.
„Nie?"
Hauchte ich, als mir bewusst wurde, wie gefährlich jedes dieser Wesen um mich herum
War. Und ich hatte sie wieder auf die Welt gelassen.
Doch sie waren so normal, sahen aus wie ich und waren meine Leute.
„Niemals."
Trocken blickte sie mich an, bevor wieder ein sanftes Lächeln in ihre Augen trat.
„Aber das wirst du ja bald sehen, meine Liebe.
Du bist jetzt unsere Anführerin und ich hoffe, dass du auf meinen Rat hörst."
Ich nickte schnell.
„Natürlich."
„Gut."
Ich biss auf meiner Lippe herum und meine Gedanken schweiften wieder eimmal mehr zu Ace, als ich die Schattenwölfe herumtollen sah.
Wie sehr wünschte ich ihm, bei mir und ihenn zu sein.
Jeder Tag ohne ihn war schrecklich.
Und auch wenn ich es nur ungern zugab, auch Hunter vermisste ich. Und Leena.
Sie alle dachten wohl schon längst, dass ich sie im Stich gelassen hatte.
Und wie ging es der Hexe, die für mich all ihre Kraft geopfert hatte, wie sie es für meine Mutter getan hatte? War sie zu Tode gefoltert oder sass sie immer noch in den rottenden Kerkern des Schlosses?
„Sheya!"
Ertönte dann ein Ruf.
Ich zuckte zusammen und sah hoch, direkt auf einen Jungen von etwa 12 Jahren, der mit den Armen schwenkend auf mich zu gerannt kam.
„Was ist denn los?"
Fragte ich, als er sich ausser Atem auf die Knie stützte.
„Harun, erzähl, was hast du gesehen?"
Forderte Frieda ungeduldig und er nickte schnell und entschuldigend.
„Ich war an der Grenze unseres Waldes patrouillieren, da habe ich sie gesehen. Es sind Reiter!"
Sofort läuteten alle Alarmglocken in mir.
„Viele waren es? Wachen des Königs? Hexen?"
Er schüttelte den Kopf und grub seine Zehen in die Erde.
„Es waren nur Fünf Reiter. Elben. Vier waren bewaffnet, einer trug eine Flagge des Elbenreichs. Sie sahen alle sehr ernst aus."
Das taten sie immer.
Frieda verzog das Gesicht.
„Dreckiges Elbengesindel...nur auf ihr Aussehen bedacht und verlogen wie ein Pack voller Schlangen!"
Wetterte sie und ich kniff nachdenklich die Augen zusammen.
„Danke Harun, du kannst gehen."
Murmelte ich gedankenverloren.
Als er sich entfernte, rieb Frieda sich geschäftig die Hände. „Dann werden wir ihnen mal einen schönen Empfang bereiten."
Meinte sie, doch ich schüttelte langsam den Kopf.
„Nein. Ich möchte zuerst wissen, wieso sie hier sind."
Sie starrte mich verblüfft an.
„Du scherzt?"
„Nein."
Ohne ein weiteres Wort trat ich vor, als auch schon die Reiter auf ihren Echsen ankamen.
Langsam ritten sie aus dem Wald auf die Lichtung und das Treiben hielt sofort inne.Wieso denkt ihr wohl, dass Sheya die Elben friedlich empfangen will? ★ ihr wisst das bestimmt meine Detektive :3
Ich freue mich, dass ihr auch bei diesem Band so zahlreich seid und hoffe, euch eine spannende Geschichte liefern zu können^^
Love ❥
Tala ☽
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Fluch der Küsse*beendet*
Fantasy{Enthält die Fluch-Trilogie} •"Lass die Schmerzen verschwinden."Fordernd drückte er mich an die Wand. „Wie?" Hauchte ich. „Küss mich."• Sheya hat sich daran gewöhnt das in ihrem Leben manchmal merkwürdige Dinge passieren. Beispielsweise küsst sie Wi...