Chapter 5~Decken Zeichnung

9.6K 544 68
                                    

Das Zimmer war ziemlich schlicht gehalten, was mich selbst erstaunte, da es trotzdem immer noch vollgestopft wirkte.
Der Boden war mit dünnen Teppichen belegt, die Muster die darin eingewebt waren erinnerten mich an die Kornkreise, die man so oft in den Nachrichten sah, wenn wieder ein Muster in die Getreidefelder der Bauern gedruckt worden waren.
Auf eine seltsame Art und weise schön und faszinierend, geometrisch angeordnet aber dennoch unordentlich aussehend.
Ich konnte die Dinge einfach nicht anders als Widersprüchlich beschreiben, denn diese Welt war so anders, sie unterschied sich so sehr von meiner dass mir nur dieser Weg blieb, die Dinge hier zu sehen wie sie waren.
Das Zimmer war zwar Viereckig wie wir es kannten, aber die Fenster bildeten Rundbögen, beinahe wie in einer Kirche.
Mit demselben Kristall der so ähnlich wie Glas aussah, doch schimmerte als würde er sämtliche Farben der Welt in sich gefangen halten.
Es war unglaublich schön wie die Lichtstrahlen farbig über die Möbel tanzten und dem Zimmer einen lebendigen, fröhlichen Ausdruck verliehen.
An der Einen Wand rechts von mir stand ein breites Bücherregal, es füllte die gesamte Wand aus und die Bücher darin waren alle sauber abgestaubt, sogar die Einbände mussten wohl mehr Wert sein als meine gesamte Wohnung zuhause.
Doch hier schienen Dinge einen ganz anderen Wert zu haben.
Als ich näher ging erkannte ich eine Schrift die mich gefährlich an die aus Herr der Ringe erinnerte, doch als ich einen Einband berührte, veränderten sich die silbernen Buchstaben und bildeten Wörter in meiner Sprache.
Ich fuhr zurück und stolperte beinahe um den Sessel, der aussah als wäre er aus Grimms Märchen gestohlen worden.
Einer in denen die Omas immer sassen und strickten, mitsamt rotem Stoff der von weichen Kissen überdeckt wurde.
Als ich darüber fuhr, fühlte es sich an als würden meine Fingerspitzen gleich schmelzen so weich war es.
Als ich weiter sah, stellte ich fest das der Rest des Zimmers ziemlich kahl war, der Teppich spannte sich im Leerraum und nur vor dem Fenster lag ein Schemel, auf dem man wohl Abends sitzen konnte.
Der Rest war leer, es gab auch keinen Tisch oder Kleiderschrank.
Nur ein riesiges Bett auf der anderen Seite, das den Ausgleich zum monströsen Bücherschrank bildete.
Es war wunderschön und irgendwie getraute ich mich gar nicht, mich auf das Bett zu setzen, dessen Decke aufgeplustert und verlockend warm aussah.
Die Kissen die überall verteilt waren waren dunkelviolett und die Vorhänge des goldenen Bettes waren ein helles Flieder.
Es war einfach atemberaubend und sicher fünf Minuten sah ich dem durchsichtigen Stoff zu wie er sich im Zugwind leicht bewegte.
Wie ein Tanz den er mit sich selbst ausführte, in der Ewigkeit und gefangen im Wind, der auch meine Haare leicht umspielte.
Als ich mich dann doch aufs Bett sinken liess musste ich einfach lächeln, denn es sog mich beinahe in sich auf so weich war es.
Es verformte sich unter mir und die Matratzenhersteller bei uns würden sich die Zähne ausreissen um an diese hier heran zu kommen.
Doch als ich dann an die Decke sah, wo eine merkwürdige Zeichnung abgebildet war, hörte mein Lächeln so schnell wie es gekommen war wieder auf.
Wahrscheinlich dienten die Sterne direkt über meinem Kopf als Nachthimmel zum Einschlafen, doch desto weiter ich meinen Blick gleiten liess, desto mehr erkannte ich die nicht verbleichten Bruchstücke eines ganzen Szenarios.
Langsam setzte ich mich auf und runzelte die Stirn.
Eine grosse Armee war zu sehen, wie sie ein Gemisch aus Augen und öligen Schatten in den Wald drängten, die sich selbst im Bild noch zischend zu Bewegen schienen.
An den Augen der Soldaten und ihrem Gesichtsausdruck war deutlich Angst anzumerken, trotz den Sieg den sie ja anscheinend errungen hatten.
In die Entgegengesetzte Richtung aber auf demselben Stück Grasfläche standen einige schwer bewaffnete Männer und ein Streitwagen wie man es von den alten Ägyptern kannte, wurde von einem weissen, sich anstrengendem Pferd gezogen.
Darauf stand ein Junger mann, seine Krone machte ihn zu einem König und er schleuderte einen Speer, die Männer hinter ihm schienen zu rennen.
Ich lief von alleine über den Teppich und folgte der Deckenmalerei durch mein Zimmer.
Es war erstaunlich wie genau jedes Detail gemalt war und wie die Gefühle der Beteiligten in ihren Gesichtern ausgedrückt waren.
Ich folgte dem Pfeil der sich vor meinem inneren Auge bewegte und beobachtete wie er sich in eine junge Frau bohrte, die am Ende des Zimmers gerade ein kleines weisses Bündel durch das Tor legte, durch das ich in diese Welt gekommen war.
Es sah genauso aus und ih war mir sicher dass sie versuchte das Baby zu retten.
In ihrem Gesicht zeichnete sich Schmerz aber auch Erleichterung aus, ihr Blick war nur auf das Weisse eingewickelte Baby gerichtet, das sicher auf der anderen Seite lag.
Dem Gesicht der Königs war keine Wut zu entnehmen sondern tiefe Trauer und im Hintergrund, irgendwo hinter der Frau konnte ich eines dieser öligen Wesen ausmachen, wie es schrie und die Augen vor Wut zu brennen schienen.
Ich blinzelte und schluckte, was auch immer das für eine Geschichte sein mochte, sie musste prägend sein; wenn sie an einer Decke aufgemalt worden war.
Dann schüttelte ich den Kopf und atmete langsam aus.
Das betraf mich gar nicht, ich war hier nur zu Gast und hatte ganz andere Sorgen.
Zum Beispiel Hunter, der mich brauchte um nicht durch den Fluch zu sterben, den die Hexe ihm ohne Einverständnis gegeben hatte weil er sonst zu mächtig gewesen war.
Komplizierte Scheisse.
Und der König, der mir die Nachricht überbrachte dass ich anscheinend eine Licht oder Schattenkriegerin war, auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte was das war.
Und Cole, der irgendwie als Einziger in mir eine normale Person und kein Nutzen, Vorteil oder Nachteil sah.
Und das worüber ich nicht hatte nachdenken wollen.
Mich. Und den Wachmann.
Ich hatte diese Gabe oder den Fluch, je nachdem wie man es sehen wollte seit ich denken konnte.
Aber ich hatte immer nur geheilt, geheilt und geholfen.
Niemals hatte ich es geschafft mich damit zu wehren und ich hatte oft etwas Angst bekommen, doch die dunkle Kugel hatte sich nie geregt.
Und jetzt hatte ich einen Mann auf dem Gewissen.
Einen der vielleicht eine Familie zurück liess und der mich zwar angegriffen aber nicht verletzt hatte. Er hätte es gewollt aber er hätte nur den Vorschriften gehorcht, seinen Job gemacht.
Und nun hatte ich sein Leben ausgelöscht.
Es erfüllte mich mit Trauer und Fassungslosigkeit, ich hätte mir niemals ausgemalt so weit zu gehen.
Und das wäre ich auch nicht, wenn Hunter mich nicht mitgeschleppt hätte.
Hunter war schuld, nur für seine Gesundheit hatte er mich aus meinem Leben in ein anderes gerissen in dem ich bereits so viel angerichtete hatte.
Es hob einen Teil der Last von meinen Schultern, Hunter dafür verantwortlich zu machen, aber dennoch frassen mich die Schuldgefühle auf und auch den Schmerz der es mir bereitete zu wissen getötet zu haben liess nicht nach.
Aber dennoch, wie ich den Tod des Mannes gefühlt hatte, es war nicht schockierend oder schlimm gewesen, es war mir normal vorgekommen.
So wie der Ausgleich, ein kommen und gehen, ich hatte zugesehen als würde ich ihn in den Tod geleiten, als wäre es das einfachste und normalste für mich, auf der Brücke zwischen dem Tod und dem Leben zu wandeln.
Ich schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster, während ich mich dort hinauf setzte und den Kopf an den Kristall lehnte.
Ich durfte nicht verrückt werden, ich lebte mein ganzes Leben mit verrückten Dingen und lebte gerade in einer Welt im Wald, durch die Man ohne das Tor zu durchqueren ungesehen lief als wären es zwei verschiedene Wellen, auf denen sich unsere Wege nicht kreuzten.
Ich schauderte.
Wenn ich schon so weit in alles hinein gerutscht war, sollte ich mich nicht verrückt machen sondern versuchen so viel wie möglich zu sehen und erfahren.
Vor allem über mich selbst, denn wenn ich wirklich von hier stammte, wieso war ich dann nicht auch hier aufgewachsen.
Ich schloss kurz die Augen bevor ich aus dem Fenster sah, den Blick über die Dächer der Stadt schweifen liess.
Alle waren golden:
Es wäre zu viel gewesen, wenn da nicht immer wieder die tiefgrünen, vielblättrigen Pflanzenlianen gewesen wären, die sich durch die ganze Stadt schlängelten als würden sie sie zusammen halten, auf dem grossen Hügel auf dem sie aufgebaut war.
Weiter hinten erkannte ich den Wald, der sich hell aber wunderschön über der hellen Wiese erstreckte.
Die Sonnen sahen schön aus, wie sie über die Oberflächen der Baumwipfel strichen und den strahlenden blauen Himmel bedeckten.
Ich sah einige Schmetterlinge über den Bäumen fliegen, grosse Schmetterlinge, doch etwas zu gross wie mir auffielen.
Bei genauerem Hinsehen wurde mir klar dass es kleine Menschen waren, die Flügel hatten und mit Körben von Baum zu Baum flatterten.
Vielleicht Elfen oder ganz neue Wesen die ich kennen lernte.
Nun wurde mir auch klar woher die Menschen die Sagen mit den Riesen und Trollen und Elben hatten, es mussten schon mehrmals Leute diese Welt oder umgekehrt, andere unsere Welt betreten haben.
Und irgendjemand musste wohl eine Begegnung mit ihnen gehabt haben und schrieb all diese unerklärlichen Dinge auf.
Ich sah dem Treiben auf den Marktplätzen zu, wie sich die verschiedensten Wesen tummelten, Bilder von denen ich sie nicht einmal in Fantasy Filmen erwartet hätte.
Es war atemberaubend und ich hatte gar nicht gemerkt dass sich meine Hand von alleine an die Scheine gedrückt hatte.
Genauso sehe drückte ich nun meine Nase daran platt.
Es gab so viele Dieser Wesen, wir Menschen dachten immer wir wussten alles, doch wir waren nur ein kleiner Teil von so viel mehr.
Jetzt, unter so vielen dieser einzigartigen Geschöpfen fühlte ich mich plötzlich so klein und schwach.
Ich blinzelte und hörte, wie es an der Tür klopfte.
Wie lange hatte ich nun aus dem Fenster gestarrt? Wie wurde hier überhaupt die Zeit gemessen?
Ich stand auf und hastete zur Tür, meine zerrissenen und ziemlich schmutzigen Klamotten passten so rein gar nicht zu der gehobenen Stimmung  die die Aura des Schlosses umgab.
Der Schmutz und die Unreinheit an meiner ganz und gar nicht passenden Lederkleidung oder Kleid, war wie ein Dorn der ein reines Rosenblatt durchstach.
Und dennoch gehörte er irgendwie mit dazu zu der Rose, auf die eigene verkorkste Art.
Genauso wie ich.
Ich lief zur Tür und öffnete sie.
Das erste was ich sah waren schöne violetten Augen.
"Cole?"
Etwas erstaunt dass er schon wieder hier stand, guckte ich ihn an.
Seine Mundwinkel zuckten, er schien sich zu amüsieren.
"Überrascht mich zu sehen?"
Er neigte den Kopf und das beinahe weisse Haar fiel in seine Stirn.
"Naja, nach so kurzer zeit ja."
Gab ich lächelnd zu und meine Hand lag am Knauf.
Er hob fragend die Brauen.
"Es sind etwa fünf Stunden vergangen."
Er lachte und es war ansteckend, selbst wenn ich verwirrt war.
"Oh dann musste mich die Malerei an der Decke wohl zu sehr abgelenkt haben."
Grinste ih etwas verlegen und er beugte sich an mir vorbei und sah nach oben.
Dann sah er wieder zu mir und lachte.
"Du bist merkwürdig Sheya, aber merkwürdig ist gut."
Nickend und mit einem sympathischen Ausdruck in den Augen sah er mich an.
Ich blinzelte und lächelte unsicher.
"Wieso merkwürdig?"
Er neigte den Kopf schief und klang ernst, als er es sagte.
"Sehya, da sind keine Zeichnungen."

Fluch der Küsse*beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt