Leise tappte ich aus meinem Zimmer, so, dass Ace auf keinen Fall aufwachte und dass Frieda neben ihm am Rande des Bettes wieder einnicken konnte.
Es war Abend und die letzten Sonnenstrahlen strichen über die goldenen Dächer der Blutstadt und warf einen goldenen Schimmer in die Luft. Es war friedlich, ein schöne Anblick, an welchen ich mich nicht lange zu gewöhnen gebraucht hatte.
Obwohl ich wusste dass es meine Verpflichtung war, an der Sitzung des Rates, die nun stattfand, teilzunehemen, hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen Ace.
Ich liess ihn schon wieder alleine in der grossen, weiten Welt, die er aus diesen neuen Augen gar nicht kannte und vor der er sich fürchtete.
Doch ich musste der Sitzung beiwohnen, wenn ich den Frieden zwischen meinem Volk und den der anderen Anführer wahren wollte.
Höflich grüsste ich eine Dienstmagd, die ihre schmutzigen Hände an der befleckten Schürze abwischte.
Sie senkte eilig den Kopf und starrte angestrengt auf den Boden.
„Du könntest mich wenigstens grüssen! Sowas wie Anstand besitzt ihr ja wohl..."
Angepisst und sowieso mit blanken nerven, blieb ih stehen und drehte mich zu der jungen Frau mit den braunen Zöpfen um.
Sie blieb ebenfalls mit gesenktem Kopf stehen und auch einige andere auf dem Gang wandten sich uns zu.
Interessiert. Verängstigt. Man konnte den Zwiespalt fühlen.
Jeder wollte sehen was passierte, was das Monster als nächstes anstellte.
Es war verletzend, so behandelt zu werden, vor allem wenn man sich alle Mühe machte, nett und ungefährlich zu sein.
Aber nein, erneut wurde ich für die Taten meiner Vorfahren bestraft.
Das reichte mir. Und dieser Frust in Kombination mit dem Stress wegen Ace, löste meine nächste Reaktion aus.
„Ihr habt also Angst mir in die Augen zu sehen? Ihr haltet mich für ein Monster? Gut, ich zeige euch was ich bin..."
Ich hob die Arme spöttisch.
So musste ich mich nicht mehr behandeln lassen.
Es war still geworden.
Doch sie alle linsten unter ihren gesenkten Köpfen zu mir. Das wusste ich ganz genau.
„Sieh mich an."
Zischte ich und näherte mich geschmeidig der Dienstmagd, deren Hände gefaltet waren und trotzdem zitterten.
Eigentlich hätte ich spätestens jetzt aufhören sollen.
Doch da war etwas in mir.
Etwas dunkles, dass wusste wie viel Macht es besass und das nicht länger so herablassend behandelt werden wollte.
War es ein Teil von mir? Ich wusste es nicht.
Doch es brachte mich definitiv dazu, weiterzumachen.
„Ich. Sagte. Sieh. Mich. An."
Meine Stimme war dunkel geworden und ich spürte wie die brennende Dunkelheit sich in mir ausbreitete.
Langsam und mit zitternder Unterlippe hob sie den schmalen Kopf.
Ich konnte in ihren glänzenden Augen meine pechschwarzen Augen sehen.
Sie hatte solch eine Angst und das feuerte mich an, nicht aufzuhören.
Sollten sie doch alle Angst haben.
„Siehst du? Seht ihr das? Ein einziger Blick von mir und du zerfällst zu staub!"
Knurrte ich laut genug, dass es jeder mitbekam.
Geflüster. Die Wachen am Ende des Ganges waren stehen geblieben.
Unsicher darüber, ob sie jetzt eingreifen sollten oder nicht.
Sie entschieden sich dann aber wohl dagegen. Gut so.
Sie zitterte und öffnete die Lippen.
„Es..es tut mir.."
Ich baute mich vor ihr auf und meine Haare begannen um meinen Kopf herum zu flattern.
Oh ja, ich konnte sie definitiv zum Flehen bringen.
„Ich verstehe dich nicht."
Bellte ich und ich spürte, wie meine Augen innerlich zu brennen begannen.
Oh oh.
Doch ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Von der Angst, die sie mickrig werden liess wie eine kleine Maus.
Noch immer sah sie mir in die Augen, doch als sie das nächste Mal den Mund öffnete, kam nur ein Krächzen hervor.
Um ihre Augen begannen sich kleine Risse zu bilden, die Haut trocknete aus als würde ich ihr jegliches Blut entziehen und die Haut begann wie Staub auf ihre Füsse zu rieseln.
Ich hatte die Lippen wütend verzogen und sie bewegte sich nicht, als wäre sie in Trance.
Ich hörte nicht auf. Ich wusste dass ich es nicht tun würde. Und jetzt fürchtete ich mich vor mir selbst.
„Sheya!"
Hunter stand neben mir und riss mich von dem Mädchen weg.
Kaum war der Blickkontakt weg, färbten sich die Wangen wieder Rosa und sie liess sich nach Luft schnappend an die Wand zurück fallen.
Die Hand an ihre Wange gepresst und mit Panik in den Augen.
Heilige Scheisse.
Ich riss die Augen auf.
Was hatte ich getan...
„Was zum Teufel ist los mit dir?"
Zischte Hunter und schirmte mich mit seinem breiten Kreuz vor den Blicken der Umstehenden ab.
„Ich..ich war so wütend. Ich konnte es nicht kontrollieren."
Hilfesuchend blickte ich ihn an.
Er wandte den Blick nicht ab, doch runzelte die Stirn.
„Darüber reden wir später. Wir müssen jetzt, alle warten bereits ungeduldig."
Dann zog er mich am Arm mit sich. Nicht fest aber zur Sicherheit.
Ich schwieg und folgte ihm.
Noch immer in Gedanken, wieso ich das getan hatte. ich bereute es.
Nein. Lüge. Ich bereute es kein Bisschen. Wäre Hunter nicht gekommen hätte ich mit meinem blossen Willen dieses Wesen zu Staub zerfallen lassen.
Einfach weil ich es konnte. Und das fühlte sich so verdammt gut an.
Ich schüttelte den Kopf, um diesen ekligen Gedanken los zu werden und zu leugnen, dass ich das gerade wirklich gedacht hatte.
„Ich mag es nicht, dass du so viel Zeit mit Ace verbringst. Er ist auch ein Mann..."
Ich mahlte mit dem Kiefer.
„Das ist ja jetzt wohl wirklich nicht der richtige Zeitpunkt Hunter! Und er braucht mich, das weisst du."
Er sah verbissen nach vorne, sein ganzer Körper war angespannt.
„Ich brauche dich aber auch! Meine Freundin, die mit einem fremden Typen der auf magische Weise mit ihr verbunden ist, im Bett liegt und ihn krault!"
Wütend blitzte er mich an und ich öffnete den Mund.
Wenn er es so sagte klang das wirklich etwas...zweideutig.
Doch Ace würde mich niemals so wollen. Er war mein Seelengefährte, er liebte mich auf einer ganz anderen Ebene. Und ich ihn auch.
„Aber mit dir bin ich auch verbunden. Und ich liebe dich."
Versuchte ich, es ihm zu erklären.
Er antwortet nicht, stattdessen betraten wir den Thronsaal und ich setzte ein anmutiges Lächeln auf.
Wischte die Wut und die Verwirrung von meinem Gesicht als wäre es nichts.
Ich erinnerte mich an Sebastian, der mir nach lexas Antritt als Königin etwas gesagt hatte.
„Du hälst dich für reiner. Doch in Wahrheit bist du genau wie wir. Und das wird dich einholen, bis du bettelnd zu uns zurück kriechst."
So weit würde es nicht kommen.
„Sheya, Hunter. Da seid ihr ja."
Begrüsste uns Aramis trocken, die grauen Augen majestätisch auf uns gerichtet.
Der Elbenkönig sass auf einem der elf Stühle rund um den breiten Eichentisch.
Die anderen Anführer der Völker sassen um ihn herum, nur Idris, die Königin der Elfen sass auf dem Tisch, den Stuhl hinter ihr als Lehne an den Tisch heran geschoben.
„Entschuldigt die Verspätung."
Meinte ich völlig ruhig. Mir waren die prüfenden Blicke der mächtigen Wesen im Raum bewusst.
Und genau deswegen, durfte ich keine falsche Emotion nach vorne dringen lassen.
„Nungut. Dann lasst uns anfangen."
Lexa sass auf dem Thron, die Schwanenflügel schlangen sich schützend um sie und wenn ich sie mit der Hexe im Kerker verglich, als welche ich sie kennen lernte, hatte sie einen riesigen Schritt getan.
Ich freute mich für sie.
Ich setzte mich neben Hunter auf einen der Stühle und ein Elafrÿ, der eine von zweien, die als meine Wachen hier geblieben waren, stellte sich hinter mich.
Der andere stand hinter Hunters Stuhl.
Wenigstens akzeptierten sie, dass ich keinen von ihnen liebte. Genauso wie Lexa einen Elafrÿ liebte und sich heimlich mit ihm traf.
Natürlich wusste ich das. Ich konnte seine Freude spüren, jedes Mal.
Doch ich sagte nichts, es stand mir nicht zu, mich da einzumischen.
„Es sind nun sechs Monate vergangen, seit dem Tod des Namenlosen und der Bestrafung der Hexen. Heute habe ich euch zusammengerufen, um zwei Probleme zu besprechen.
Das erste, wird jeden Moment kommen."
Lexa wies auf die Türe und man hörte das Rascheln der Gewänder, als sich jeder reckte, um zu sehen was das angekündigte Problem war.
Dann öffneten sich die Türen erneut und zwei Wachen mit einem spitzen Helm stiessen ihn hinein.
Er landete auf den schmutzigen Händen.
Ich musste nur seine weissen Haare sehen, schon wusste ich, wer es war.
Cole hob den Kopf und die blassen Amethysten die ihm als Augen dienten suchten den Raum ab.
Sein Blick blieb kurz an mir hängen, dann liess er sich hoch ziehen.
An seinen Händen hingen schwere Ketten, sodass er die Arme keinen Zentimeter hoch heben konnte.
Sofort zog sich mein Magen zusammen.
Ich wandte den Blick ab und starrte nach vorne.
Aufmerksam klopfte Aramis mit den Fingern auf den Stock seines Stabes.
Sein Blick durchbohrte mich und nur mit Mühe konnte ich weiter die Unbeteiligte geben.
„Heute werden wir über die Strafe für ihn diskutieren."
Lexa zeigte anprangernd auf Cole, der auf einen schlichten Holzstuhl gestossen und sofort von Wachen umringt wurde.
So konnte er zwar alles sehen und hören, doch nichts dazu sagen.
Zustimmendes Gemurmel, hasserfüllte Blicke.
Ich starrte nur auf den Tisch und schwieg.
Hunter wusste wer Cole war und alle wussten, wie mein Freund und ich zu dem Angeklagten standen.
„Was sind die Anklagen?"
Fragte Lexa und der Anführer der Gnome, deren Verluste beim Kampf um die Eroberung der Blutstadt am grössten gewesen waren, erhob sich.
Seine kleinen Augen schienen noch tiefer in die Höhlen zu sinken, als er sich räusperte und mit kleinen Zisch-Lauten in den Pausen redete.
„Der Angeklagte wird der Unterstützung des Namenlosen in seiner Tyrannei, dem Mord an 34 Gnomen, 3 Elben und einem Elafrÿ bezichtigt, sowie des Hochverrats gegenüber unser allseits geliebtem, alten König beschuldigt."
Ich presste die Lippen zusammen. Ja...das war eine ganz schön kräftige Anklage.
Cole schwieg, jedoch spürte ich seinen Blick auf mir.
„Gut. Versuchen wir das schnell zu machen."
Es war klar, dass niemand Lust hatte, sich an den verhängnisvollen Tag zurück zu erinnern.
Und es war nur all zu verlockend, Cole als den Sündenbock darzustellen.
„Spricht sich Jemand dagegen aus, Cole Askersen für den Mord an 34 Gnomen, 3 Elben und einem Elafrÿ für Schuldig zu erklären?"
Die Runde schwieg, nur Armis betrachtete seine Nägel.
Dieser Mann war gefährlicher als die Meisten es jemals annehmen würden. Hinter seiner höflichen und majestätischer Art lauerte ein Fuchs, dem man besser nie eine Schwäche präsentierte.
Ich schwieg ebenfalls.
Ich war nicht schuld daran, dass er sich auf die Seite seines Bruders geschlagen hatte.
Ich war drauf und dran gewesen, mich in ihn zu verlieben, als er mich eiskalt verraten hatte.
Ich musste mir diese Wut immer wieder ins Gedächtnis rufen, damit ich schwieg.
„Gut. Der Angeklagte wird in diesem Punkt schuldig gesprochen."
Zustimmendes Gemurmel, der Gnom der schräg gegenüber von mir sass setzte sich zufrieden wieder hin. Dabei schabten seine langen Krallen über den Stuhl, sodass es mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
„Spricht sich Jemand dagegen aus, Cole Askersen für die Unterstützung des Namenlosen in seiner Tyrannei für schuldig zu erklären?"
Wiederholte Lexa den zweiten Anklagepunkt und sah erwartungsvoll in die Runde.
Wieder schwiegen alle. Ich wusste was auf Hochverrat stand. Tod.
Hasste ich Cole wirklich so sehr, dass es mir egal wäre, wenn er sterben würde?
Möglich. Aber was wenn nicht? Wenn dieser Funke noch in ihm war, den ich entdeckt hatte, als er den Namenlosen erstochen hatte?
Ich spürte Hunters Blick auf mir ruhen und murmelte eine lautlose Entschuldigung in seine Richtung.
Dann hob ich langsam die Hand.
„Ich erhebe Einspruch."
Cole hob den Blick und ein Raunen ging durch die Tischreihe.
Aramis Blick wurde finster, doch er schwieg, während sich die Feenkönigin Kidris wütend in die Luft schwang.
„Das ist eine Frechheit!"
Empörte sie sich mit hoher Stimme.
„Lasst sie reden."
Lexas Befehl liess sofort alle verstummen.
Ich stand langsam auf, dabei fiel mir das schwarz-weisse Haar weit über die Schultern hinab.
Kurz sah ich zu Hunter, der den Tisch anstarrte, als würde er ihn Gleich in Stücke hauen.
Es musste hart für ihn sein. Zuerst Ace und jetzt Cole. Doch wie sollte ich ihm jetzt noch klar machen, dass ich nur ihn liebte.
„Ich beantrage, Cole Askersen in diesem Punkt für Unschuldig zu erklären, weil er als Spion unter den Dienern des Namenlosen gedient hat."
Gemurmel.
Das war eine glatte Lüge.
Doch wie sollte ich erklären, dass er uns zwar verraten hatte, ich aber noch immer das Gefühl hatte, dass er mir auf irgendeine Weise geholfen hatte?
Und vor allem würde es Niemand als Beweis anerkennen, wenn ich sagen würde, dass er den Namenlosen bereits erstechen wollte, bevor das gefordert worden war.
Nur ich hatte es gesehen, doch ich glaubte ihm.
Ich würde ihn nicht wieder sehen wollen, falls er überlebte. Aber ich würde ihn auch nicht sterben lassen. Das war ich ihm schuldig.
„Ich beantrage Sheya Darkblooms Antrag für ungültig zu erklären, wegen persönlicher Verwicklung."Wer könnte das wohl gesagt haben? Ich bin gespannt auf eure Ideen und will unbedingt eure Meinungen hören, ob ihr Cole retten wollen würdet und wieso^^
Love you ❥
Tala ☽
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Fluch der Küsse*beendet*
Fantasy{Enthält die Fluch-Trilogie} •"Lass die Schmerzen verschwinden."Fordernd drückte er mich an die Wand. „Wie?" Hauchte ich. „Küss mich."• Sheya hat sich daran gewöhnt das in ihrem Leben manchmal merkwürdige Dinge passieren. Beispielsweise küsst sie Wi...