Es dreht sich alles. Meine ganze Welt steht auf dem Kopf. Laute Schluchzer hallen in der Küche wider. Immer und immer wieder stockt mir der Atem, komische Laute dringen durch meine Kehle.
Mama nimmt mich in ihre warmen Arme. Auch sie kann sich nicht mehr halten und weint. Papa blickt nachdenklich auf seine Hände. Seine Ohren sind rot und er wirkt plötzlich so verloren.
„Arton..." schluchze ich in den Armen von Mama.
Sie fährt mir mit ihrer kalten, zitternden Hand über den Kopf. „So hat es Gott geschrieben, da kann man nichts dagegen machen, das weisst du."
«So hätte er es nicht schreiben sollen!", ich zittere am ganzen Leib. Schmerzen, als hätte man mir mein Herz ausgerissen. Ich kann es nicht wahrhaben. Ich will es nicht wahrhaben. Ich reisse mich von Mamas Armen und stehe auf. „Miri..."
„Nein", meine Beine drohen nachzulassen. Mein Blick ist Tränenverschleiert, ich sehe kaum mehr. Ein heisser Schmerz droht mich von Innen aufzuessen. Da war der Brustkrebs nichts dagegen.
Gott hat mir meinen Engel weggenommen. Warum Gott? Warum hast du mir einen Engel zukommen lassen, um ihn mir dann wieder wegzunehmen? Warum schenkt man etwas, um es wieder zu sich zu nehmen? Warum, warum, warum? „Wenn Gott mir Arton genommen, dann soll er auch mich nehmen!", weine ich.
„Mirjeta! Rede vernünftig! Wir sind alle traurig, dass Arton von uns gegangen ist", ergreift Papa das Wort und schaut mich finster an.
„Was wisst ihr schon über Arton?", meine Beine zittern. „Nichts!"
„Wir wissen genug...",
„Wann ist die Beerdigung?", frage ich so leise, dass ich mir nicht sicher bin, ob es nicht nur ein Gedanke war. Mama schaut mich traurig an. Nein, oder?
„Sagt mir jetzt nicht, dass ihr ihn schon beerdigt habt?", meine Lippen beben.
Als meine Eltern nichts sagen, renne ich torkelnd in mein Zimmer und schlitze die Tür hinter mich zu.
In Tränen aufgelöst, gleite ich langsam die Türe herunter auf den kalten Boden, worauf ich mich langsam hinlege und meine Arme um meine Beine schlinge.
„Wieso? Wieso? Wieso?", ich schlage abermals auf das Parket. Mit Blei schwerem Körper, gehe ich zum Bett und lasse mich fallen. Zitternd ziehe ich die Decke über meinen fröstelnden Körper. Nun bin ich in der Dunkelheit eingehüllt. Hier kann mir nichts passieren. Kaum habe ich mich einigermassen beruhigt, schlagen die Erinnerungen wie eine Welle auf mich ein und erneut löse ich mich in Tränen auf. Ich richte mich wieder im Bett auf. „Arton?", hauche ich. „Ich weiss nicht, ob du mich hören kannst... Vielleicht bist du jetzt in meinem Zimmer und ich sehe dich nicht...", mein Blick schweift von einer Ecke zur Anderen. „Willst du mir vielleicht ein Zeichen geben?", so wie ich Arton kennengelernt habe, würde er es machen.
„Öffne die Schranktür...", gebe ich den Befehl und schaue nun darauf, aber sie bewegt sich nicht. Kein bisschen. Nur ein wenig vielleicht? Beängstigt von meinen eigenen Gedanken schüttle ich den Kopf. Er lebt nicht mehr. Wie soll er dir Zeichen geben?Mit angeschwollenen Augen schlendere ich nach einer gefühlten Ewigkeit aus dem Zimmer. Ich will an sein Grab. Er wartet darauf, dass ich ihn besuche. Er hat immer auf mich gewartet, wieso sollte er es nicht jetzt tun? „Wo wurde er beerdigt?"
Meine Eltern, die am Zeitung lesen sind, schrecken auf.
„In unserer Moschee. Sie ist etwa eine halbe Stunde von hier entfernt ... Soll ich dich bringen? Es ist zwar schon etwas dunkel, aber wenn du möchtest...", ich nicke.
Zehn Minuten später sitzen wir im Auto. Ich habe mich ganz in schwarz angezogen und trage eine Brille, sowie man das aus Hollywood Filmen kennt.
„Ich will alleine sein..."
Papa schaut mich verwirrt an.
„Du sollst mir nur schnell zeigen, wo sein Grab ist und dann gehen und im Auto auf mich warten..."
Papa nickt. Er tut mir leid. Andere albanische Väter hätten kein Verständnis für mich gehabt, aber Papa? Er hinterfragt mein Verhalten nie. Er ist nicht wie andere Väter, welche die Töchter einsperren. Meiner überlässt mich mir. Nur so würde ich lernen, sagte er.
Wir halten an einem leeren Parkplatz an und steigen gemeinsam aus.Zusammen laufen wir durch einen grossen Tor und laufen einen Kiesweg entlang. Links und rechts viele verschiedene Gräber.
2014, Berisha, Denis
1920, Sulejmani, Rilind
1976, Koxha, Majlinda
2002, Bytyqi Endrit
1998...Ich schaue auf den Namen.
«Arton Hader»-----------
Hallo zusammen
Sorry für die Verspätung, aber ich hatte einen Todesfall in der Familie und konnte dementsprechend nicht schreiben.
Es wird noch genau ein Kapitel geben und dann ist die Geschichte auch leider zu Ende...
Ich wünsche euch allen schöne Ferien.
Liebe Grüsse
Arbenita

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Fati im ( Mein Schicksal )
Romance„Bitte geh nicht! Bitte! Verlass mich nicht!" Flehe ich ihn schluchzend an. „Du hast mir nichts gesagt, nichts! Du wusstest, was ich für dich empfinde und dass ich durch die Hölle gehe für dich und du hast mir monatelang deine Krankheit verschwiegen...