Kapitel 29

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Ich strecke meine Arme nach den bunten Vorhängen aus und klammere mich fest daran. Atme tief ein und ziehe mich so gut ich kann daran hoch. Mit zitternden Beinen stehe ich nun vor dem Fenster. Fasse mir an meinem hämmernden Kopf und schaue in die weisse Weite hinaus.

„Ich bin gestorben...", meine Finger berühren vorsichtig die kalte Fensterscheibe.

„Ich... Ich lebe nicht mehr...", mein Blick schleift über das Nichts. Über das weisse nichts. Meine Tränen stauen sich erneut an. Es schmerzt schon fast. Es brennt. Meine Augen brennen, vor Trauer. Ich lasse meinen Körper auf den harten Boden fallen.

„Ich habe verloren...", sage ich bitter und schlage auf den Boden. „Ich habe ver...!", meine Stimme versagt und eine Welle von Trauer überflutet mich. Diese Erkenntnis, nicht mehr zu existieren schlägt wie eine Lawine auf mich ein. Alle haben an mich geglaubt. Sie dachten, dass ich es schaffen würde. Sie dachten, ich würde lebend aus diesem verfluchten Krankenhaus rauskommen. Ich habe sie enttäuscht. Ich habe meine Freunde, Juljana, meine Verwandten und das Wichtigste, meine Familie, enttäuscht.

„Was mache ich jetzt nur?", wimmere ich. „Was mache ich jetzt?", niedergeschmettert rapple ich mich wieder auf und lege mich resigniert auf das betonharte Bett hin. Ich fühle mich so schwer an. Als hätten sich meine Träume und Hoffnungen in Gewicht umgewandelt, die ich nun wie eine Last auf mir trage.

„Herr Hader, was können wir tun?"

Ich horche langsam auf. Mama?

„Was können wir besser machen? Können wir sie unterstützen?"

Das ist Papa!

Ich springe schnell von meinem Bett auf und renne zur Tür, mache sie auf und sehe meine Eltern mit Herrn Hader mitten im Gang stehen. Das Gesicht meiner Mama ist so rot wie eine Tomate und das meines Vaters so weiss wie eine Wand. Mama klammert sich mit beiden Händen an Papa.

Die Erleichterung, sie zu sehen ist nicht in Worte zu fassen. Ich fange vor Freude an zu flennen und laufe überglücklich auf sie zu und rufe nach ihnen „Mami, Babi jam gjall (ich lebe...)", ich halte neben ihnen und Herrn Hader an. Glücklich mache ich nochmals klar, dass ich lebe. Doch sie schauen mich nicht an. Sie ignorieren mich.

„Hallo? Leute! Ich bin da! Ich lebe!", ich versuche meine Mutter anzufassen, doch greife ich in die Leere. Erschrocken fahre ich zurück und schaue unfassbar meine Hand an.

„Sie können nach Hause gehen und abwarten, bis sie wieder aufwacht. Sie ist in einem sehr kritischen Zustand momentan und braucht ihre Ruhe", sagt Herr Hader fest und schaut seinen Ordner an.

Meine Eltern nicken trübselig und ich schaue sie betreten an.

„Hallo! Ich bin hier verdammt noch mal!", ich springe auf und ab und schreie, doch sie hören mich nicht.

„Mami une jam gjall bre kqyrum (Mama ich bin gesund, schau mich an!)", Ich fahre mit meinen Händen wirr umher.

Mama schaut Papa an und der schaut in die Leere. Verzweifelt versuche ich meine Eltern anzufassen, doch bei jedem Versuch scheitere ich. Ich kann sie nicht anfassen! Verdammt noch mal. Ich kann sie nicht anfassen!!!

„Babi!", schreie ich meinen Vater an. „Ignoriert mich nicht!", meine Hände versuchen ihn anzufassen, seine Wangen zu berühren, seine Tränen wegzuwischen „Bitte Babi, schau mich an!"

Ich falle auf meine Knie und flehe sie weinend an."Bitte, bitte schaut mich an. Ich lebe! Ich bin gesund, wir können nach Hause! Mama bitte!", Tränen strömen über meine brennenden Augen. Es kann doch nicht sein, dass sie mich nicht sehen.

Mama schaut auf mich herunter und sieht mir direkt in die Augen. Ich fange vor Freude an zu weinen. Sie sieht mich! „Mama! Siehst du ich le..."

„Wir müssen uns von ihr verabschieden...", stellt sie mit einem Hauch von Stimme fest. Ihre Augen laufen rot an und eine Träne bannt sich einen Weg auf ihrer roten Wange, die mir auf die Nase landet.

„Nein!", flüstere ich erschrocken.

„Du hast recht...", Papa hält meine zitternde Mutter nun fest in seine starken Arme und gemeinsam laufen sie mit Herrn Hader durch mich hindurch und verlassen den Gang ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Sie lassen mich alleine. Meine Eltern haben die Hoffnung verloren und ich weiss nicht, wann ich mich zuletzt so emotionslos und einsam gefühlt habe. Es scheint mir als hätten sie, als sie durch mich hindurch gegangen sind, auch mein Herz und meine Gefühle mitgenommen. Meine Kraft, meine Hoffnungen. Sie sind gegangen und haben mir nichts übrig gelassen.

Ich bin alleine.

Fati im ( Mein Schicksal )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt