Kapitel 41

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Panik erfasst mich. Ich will nicht, dass er mich wieder sieht. Aylin bemerkt meine Unruhe sofort.

„Mirjeta, alles okay?"

„Wir - Wir bitte, wir müssen gehen...", Tränen steigen mir in die Augen. Arton's Anblick lässt mein Herz doppelt so schnell schlagen. Wie gut es tun würde, wenn er mich in die Arme nehmen würde. Wenn ich diesen scheiss Krebs nicht hätte. Wenn alles doch so wäre, wie an dem Tag am See. Aylin steht auf und greift mir unter einem Arm.

Zügig laufen wir ins Krankenhaus zurück, geradeaus in mein Zimmer. Die stickige Luft macht das Atmen nur schwerer.

Im Zimmer angekommen lassen wir uns aufs Bett fallen und atmen beide erst mal tief ein. Ich spüre wie Aylin eine Erklärung für mein Verhalten will.

„Also gut...", ich setze mich im Bett auf. Aylin schaut mir tief in die Augen.

Ich schildere ihr meine Situation: „Der Junge, der vorhin mit Herrn Hader gesprochen hat..."

„Ja das ist der Sohn von ihm...", unterbricht mich Aylin.

„Ja, aufjedenfall wir haben uns kennengelernt, als ich einen meiner grössten Tiefpunkte im Leben hatte. Also, als ich von meiner Krankheit erfahren habe."

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis ich Aylin alle Ereignisse erzähle. Sie hört mir aufmerksam zu und nickt, bei jedem Satz. Ab und zu unterbricht sie mich, um nach zu hacken, oder um tiefer ins Detail zu gehen. Ich habe bis jetzt kaum mit jemandem, ausser mit Juljana über Arton gesprochen.

Bei dem Gedanken an Juljana fühle ich mich sofort wieder schuldig. Der Kontakt zwischen uns leidet sehr an meiner momentanen Situation. Ich beschliesse sie nach dem Gespräch mit Herrn Hader sofort anzurufen.

„...und ich konnte ihm einfach nicht sagen, dass ich Krebs habe, verstehst du?"

Aylin schaut aus dem Balkon. „Ja, ich weiss was du meinst. Du hattest Angst er würde dich verlassen, nicht wahr?"

Ich merke, wie ich einen wunden Punkt bei Aylin getroffen habe. Sie wurde auch verlassen.

„Hey Süsse, ich wollte dir nicht...", ich strecke meinen Arm nach ihr aus.

„Nein. Ist schon okay so, es war nicht geschrieben. Wir waren nicht füreinander bestimmt..."

Unser Gespräch wird von Herrn Hader unterbrochen.

„Frau Demir, müssen Sie nicht arbeiten?", fragt Herr Hader. Aylin errötet sofort.

„Ja, Herr Hader, ich wollte nur nachschauen, ob es Mirjeta gut geht...", Aylin lächelt mich lieb an und geht aus dem Zimmer raus.

Herr Haders Tonfall hört sich komisch an. Ich merke, dass ihn was belastet.

„Mirjeta, Du kennst meinen Sohn?"

Er nimmt einen Stuhl und setzt sich neben mich aufs Bett. „Ich weiss, man sollte privates von berufliches auseinanderhalten, aber jetzt führen wir hier ein privates Gespräch, wenn das für dich in Ordnung geht?"

Ich stimme mit einem Kopfnicken zu.

„Er wollte wissen, warum du im Krankenhaus bist. Da ich Schweigepflicht habe, auch gegenüber meiner Familie, konnte ich es ihm nicht sagen."

„Aber ich kann es...", sage ich, was er denkt.

Herr Hader nickt und mustert mich. Ich merke die angespannte Stimmung.

„Mirjeta, deine Werte sind zurzeit sehr gut. Wenn du weiterhin so tapfer bist, hast du es so gut wie überstanden und kannst nach Hause. Als gesunde, junge Frau. Du kannst deine Ausbildung zu Ende bringen, dich weiterbilden und irgendwann mal eine Familie gründen, wenn es so weit ist. Was ich sagen will ist, du musst meinem Sohn nicht unbedingt gestehen, dass du Krebs hast, aber würde es dir nicht... naja die Situation erleichtern?"

Ich bejahe. Ja, das würde es wahrscheinlich, aber was will ich tun?

„Also Mirjeta, überlege es dir. Ich muss weiter. Die nächste und somit letzte Chemo ist schon bald."

„Danke Herr Hader, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag."

Als Herr Hader aus dem Zimmer geht, hole ich mein Handy aus der Schublade hervor. 50 neue Nachrichten. Da scheinen mich ein paar zu vermissen. Ich beschliesse mein Whatsapp Bild zu ändern, um den anderen zu deuten, dass ich noch lebe und stelle ein altes Bild bei Instagram hoch.

Als nächstes rufe ich erstmals Juljana an und wir reden zwei Stunden durch, über alles und jeden. Nach dem Anruf, beschliesse ich Arton anzurufen. Nachdem das Handy drei Mal klingelt nimmt er ab.

„Hallo...", seine Stimme ist rau. Mein Körper fängt unkontrolliert an zu zittern, mein Herz nimmt die vierfache Geschwindigkeit an, mein Hals trocknet innerhalb Sekunden komplett aus.

„Hi Arton, können wir uns treffen...?"

Fati im ( Mein Schicksal )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt