"Oh mein Gott!" Salihaist ganz aus dem Häuschen. "Da steckt etwas dahinter", spekuliert Viyan. "Er saß auf dir und du auf ihm?" Cathleen, wer sonst? Ihre Augenbrauen springen auf und ab und schon wird aus der ernsten Situation eine Standardsituation, voller Zweideutigkeit und Witzen. "Ich will nicht wissen, was du dir da so ausmalst", erwähne ich skeptisch. Die Konversation vor der Sporthalle habe ich mal weggelassen. Besser so. Vergessen werde ich es nie. Diese ganzen Sachen, die mit Can passieren, werde ich nie vergessen. Mal wieder ist sonst nichts passiert. Es gibt immer einen besonderen Moment während des Schultages und der impliziert immer Can. Englisch war gut. Wir haben einen Vokabeltest geschrieben, damit die Note feststeht. Außerdem kam Herr Markus kurz rein und meinte, dass wir eine Klassenfahrt machen werden. Er war total enthusiastisch, weil er unbedingt will, dass wir uns alle besser kennenlernen. Es wird aber innerhalb Deutschlands sein, womit ich kein Problem habe. Nach den Osterferien fahren wir nach Berlin. "Sauber, wir fahren weg!" Cathleen freut sich und tanzt. Auch die anderen sind sichtlich begeistert. Ich freue mich zwar auch, aber da gibt es ein Problem: Can. Auf Klassenfahrten passieren immer Dinge. Immer. Egal, was man sagt. Entweder kommen welche zusammen oder es gibt Streit. Bei mir wird es natürlich Streit sein und Aleyna wird sich bestimmt auf jemanden schmeißen – ihre Hündinnen natürlich auch. Bestimmt auf Can. Aber vielleicht wird es auch ganz lustig. Ramazan ist ja dabei. Da kann es nur lustig werden. "Shana?", reißt mich Saliha aus meinen Gedanken. "Mh?" "Was ist los? Freust du dich nicht?", fragt sie mich. "Doch natürlich, aber es wird sicherlich etwas wegen Aleyna und so passieren. Mal gucken, was sich so ergibt."
"Natürlich freut sie sich. Sie und Can können dort tun und lassen, was sie wollen. Vergiss nicht, du musst noch Jungfrau bleiben." Es war so klar, dass Viyan wieder so etwas abgeben muss. Ich verdrehe schmunzelnd meine Augen, ignoriere all ihre wilden Fantasien, die zwischen Can und mir auf der Klassenfahrt entstehen sollen, während wir uns zur Haltestelle begeben. Dort sind einige aus meiner Stufe. Unter anderem auch Malik, Ramazan, Can und Aleyna. Seit wann fährt die mit dem Bus? "Cano, du antwortest gar nicht, was ist los?", fragt Aleyna in einer ekeligen, gespielt unschuldigen Tonlage. Ich weiß nicht, wann mich ein Mädchen zuletzt so angeekelt hat. Ich hasse dieses Mädchen. "Aleyna!", faucht Can warnend, erblickt mich und sofort ändert sich sein Gesicht. Die Wut lässt nach. Er schaut jetzt provokativ. "Lass uns heute einfach treffen, dann können wir reden und mehr", raunt er zu Aleyna laut genug zu, dass ich es höre. Aleyna kichert wie ein Pferd und wird rot. Oh mein Gott ... wie peinlich ist er? Was zur Hölle sollte das werden? Das war mehr als nur fremdschamerregend und verwirrend. Er war doch noch vor einer Sekunde wütend. Das ist ein Psycho, hundert Prozent! "Was ein Spast", murmele ich zu meinen Freundinnen, die danach leise lachen. Wann kommt der Bus endlich? Eigentlich habe ich Geduld, aber da Can versucht mich zu provozieren, will ich ihn so schnell wie möglich loswerden. "Shana!" Ramazan kommt auf mich zu und umarmt mich wieder. Sofort fange ich an zu strahlen. Wenigstens ein Junge, der mir beweist, dass nicht alle wie Can sind. "Ich hab das heute in Sport gesehen." Er wackelt vieldeutig mit den Brauen. Ich werde sofort rot. Bitte nicht. Das ist mir so peinlich! "Wie du Can flachgelegt hast." Und schon wieder springen seine Augenbrauen. Du hast Can flachgelegt. Das hört sich nicht so prickelnd an. "Mit dir werde ich mich niemals anlegen, sonst schlägst du mich auch noch, aber falls ich in Schwierigkeiten bin, hilfst du mir dann?" Ich muss mich daran erinnern, wie alle drei Jungs mir zur Hilfe gekommen sind. Aber diesen Gedanken schiebe ich schnell wieder bei Seite. "Immer doch. Schreib mir einfach", schmunzele ich.
Bevor er mir antworten kann, hält ein schwarzes Auto vor der Haltestelle, da wo eigentlich der Bus in sieben Minuten stehen soll. Das ist Cihans BMW. Er fährt das Fenster runter und beugt sich zur Beifahrerseite, um akustisch besser verstanden zu werden. Mein Magen zieht sich zusammen. "Shana, komm. Ich fahre dich nach Hause." Mir wird kalt. Vergiss es! "Nein, will ich nicht!" Ich schaue ihn angeekelt an. Was denkt er sich? Wie realitätsfern lebt der Typ? "Komm schon, Shana. Warum willst du hier warten?" Das ist nicht sein Ernst! "Sie hat Nein gesagt!", mischt sich ein gereizter Ramazan ein. Seine Hand legt sich auf meine Schulter, schiebt mich schon halb hinter sich. Der Rest beäugt das Szenario. "Ramazan, halt dich da raus!", bellt Cihan. Meine Freundinnen verteidigen mich, aber Cihan ignoriert sie gekonnt. Dass Cihan aussteigt, macht mich nervös. Ich verstecke mich hinter Ramazan und auch Malik, der dazukommt. Mein Herz schlägt schneller. Er soll wegfahren. Was will er von mir? "Hau ab, Junge." Maliks Ton so kalt, so ungewohnt für seine sonstigen Verhältnisse. Sonst ist er immer so liebevoll. "Ah, Malik. Wie geht's deiner Schwester?", fragt Cihan zynisch. Ich keuche auf. Wie dreist! Maliks wunder Punkt wird getroffen. Er spannt sich an und will auf ihn los, doch Ramazan hält ihn fest. "Wie geht's denn deiner Ex?", fragt Ramazan zur Kompensierung, scheint damit auch Cihan wunden Punkt zu treffen. Er hat sie wohl echt geliebt. "Cihan, geh einfach", traue ich mich endlich zu sprechen. Mir gefällt es überhaupt nicht, dass meine Stimme nicht so fest wie sonst ist. Ich hoffe, dass niemand anders das winzig kleine Beben in ihr bemerkt. Doch er hört gar nicht hin und schubst plötzlich Ramazan und Malik zur Seite. Ramazan knallt durch Malik heftig gegen die Glaswand der Haltestelle, Malik taumelt nur leicht zur Seite. "Ramazan!", rufe ich panisch und will ihm aufhelfen, als er sich zischend die verletzte Schläfe hält, werde aber gewalttätig von Cihan am linken Oberarm zurückgezogen.
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Arroganz
RomanceShana ist ein temperamentvolles, 16-jähriges Mädchen, das gerade dabei ist, die Oberstufe zu besuchen und ihr Abitur zu absolvieren. Schon an ihrem ersten Tag trifft sie auf den, ihr noch unbekannten, 17-jährigen Can. Seine chauvinistische Art lässt...