Kapitel 101

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Ein Jahr später

Freitag, 8. März

Can

Es ist schon bald ein ganzes Jahr her, dass Shana und ich nicht mehr miteinander reden. Ein verdammtes, ganzes Jahr! Warum? Weil ich sie nicht verdiene, aber was mache ich denn oder habe ich gemacht? Ich war doch immer gut zu ihr! Ich habe doch schöne Momente mit ihr verbracht. Ich habe die Momente mit Mädchen nie schön genannt, aber bei ihr schon. Wieso hasst sie mich? Ich soll mich entscheiden, wie ich sie behandele, weil sie sich verarscht fühlt. Was habe ich denn bitte gemacht? Bis heute verstehe ich das nicht. Ich habe ihr nichts Schlimmes angetan. Ja, ich habe mich ab und zu an sie rangemacht, das gehört halt zu meiner Natur, aber sie hat immer abgeblockt, wie soll sie sich dann bitte verarscht fühlen? Ich müsste derjenige sein, der sich verarscht fühlen muss, da ich sowas noch nie in meinem Leben erlebt habe. Wenn wir einmal miteinander geredet haben, dann war ihre Stimme so unterkühlt, dass man dachte, dass ich jemanden aus ihrer Familie getötet habe. Dabei habe ich doch gar nichts gemacht. Mit Ramazan, Malik oder mit ihren Freundinnen hat sie auch nicht über uns geredet, weswegen ich nicht schlauer geworden bin. Sie scheint alles hinter sich gelassen zuhaben, denn wie eine, die leidet, sieht sie nicht aus. Sie hat eine starke Persönlichkeit und ist dementsprechend selbstbewusst und stolz. Sie hat mich vor Cihan verteidigt, mit ihrer eigenen Kraft. Das werde ich niemals vergessen. Sie, Shana, das zierliche, kleine Mädchen mit den winzigen Händen hat sich mit Cihan angelegt und ihn sogar umgestoßen. Sein Gesicht hat sie auch nicht unversehrt gelassen, da es Kratzer hatte, nachdem er aufgestanden ist. Ach, Shana. Seufzend klappe ich mein Biologiebuch zu, da ich eh nichts in meinen Kopf kriege. Dank diesem Mädchen, kann ich nicht einmal mehr klar denken. Ich kann seit langem nicht mehr normale schlafen. Diese Probleme hatte ich zuletzt in der neunten oder so. Die Abschlussprüfungen kommen immer näher, weswegen ich beschlossen habe, jetzt schon zu lernen, damit ich später nicht so viel Stress habe, aber das wird leider nichts, solange das mit Shana und mir ungeklärt bleibt. Diese Sache muss geklärt werden. Ich wollte und will mich immer noch nicht von Shana fernhalten. Schwöre mir, dass du mir fern bleibst, wollte sie, was ich aber nicht wollte. Geschworen habe ich nicht, weil ich mich nicht fernhalten wollte. Als sie das gesagt hat, habe ich alles ausgeblendet und nur an ihre Worte gedacht. Wieso hat sie so etwas gesagt? Noch nie in meinen Leben habe ich mich so komisch gefühlt. So als ob ich für eine bestimmte Zeit etwas Besonderes hatte und es dann auf einmal weg war. Als ob es mir jemand entzogen hätte. Es war ein widerliches Gefühl. Die ganze Woche war ich deswegen deprimiert und habe alles und jeden angeschrien. Ich wusste selber nicht einmal, was mit mir los war und was immer noch mit mir los ist. Seit wann interessiert es mich, dass ein Mädchen sich von mir fernhalten will und was sie von mir denkt? Seitdem ich Shana kennengelernt habe, wurde ich widersprüchlicher, denn je. Alles, was ich nie bei Mädchen getan habe, habe ich bei oder mit ihr gemacht. Ich habe sie verteidigt, sie beschützt, ich war sogar eifersüchtig! Ich und eifersüchtig haben nie zusammengepasst, bis sie mich am ersten Oberstufentag fertiggemacht hat. Ich habe sie sogar mit nach Hause genommen und da waren selbst meine ganze Familie und meine Freunde überrascht. Sie war und ist immer noch das einzige Mädchen, welches in meinem Auto fahren darf und sie war das erste und einzige Mädchen, die ich mit zu meinem Vater genommen habe. Ich mag sie. Ich mag sie wirklich, selbst, wenn wir uns gestritten haben, habe ich sie gemocht, weil sie mir immer so einzigartig erschienen ist. Sie ist so anders. Sie hinterlässt immer etwas bei mir, sodass ich immer nachdenken muss, wie jetzt. "Was mache ich bloß mit dir, Shana?", murmele ich und stehe seufzend auf, damit ich gleich zur Schule fahren kann, wegen den ganzen Planungen. Zwar haben wir schon nach den Sommerferien angefangen, doch machen monatlich eine Art Aktualisierung. Ich werde sie gleich sehen. Und das wird mich einerseits glücklich machen, aber auch deprimieren, da wir nicht mit einander reden werden. Ich muss es klären! Ich werde mich bei diesem Mädchen entschuldigen und von mir aus machen, was immer sie will, aber sie soll mir verzeihen! Dass du so etwas machst, überrascht mich, kommt es von meiner inneren Stimme, der ich recht gebe. Wann bin ich einem Mädchen hinterher gelaufen, die nicht Shana war? Ich habe mich schon einmal bei ihr entschuldigt, was meinen Stolz gekränkt hat, da ich so etwas nie gemacht habe. Und sie hat die Entschuldigung nicht einmal angenommen! Ich habe den Fehler nie bei mir, sondern bei den anderen gesehen, außer bei ihr. Bei ihr habe ich immer so außergewöhnlich für meine eigentlichen Verhältnisse gehandelt.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt