Kapitel 83

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Can

Wieso benimmt sie sich seit heute so abweisend? Den ganzen Tag sagt sie nichts, außer eins, zwei Sätze und schaut eintönig durch die Gegend. An mir kann es nicht liegen, da ich mich die letzten Tage nicht mit ihr gestritten habe. Am Ende ist es eh deine Schuld. Irgendetwas hat sie heute gegen mich. Das habe ich gemerkt, als ich aus Spaß zu Ramazan gesagt habe, dass er Shana los lassen soll, woraufhin sie aus reiner Provokation ihre dünnen Arme um ihn geschlossen hat. Hat Elif oder Aleyna irgendetwas zu ihr gesagt? Das kann eigentlich nicht sein, da sie sich von denen - von keinem - etwas sagen lässt. Frag doch einfach. Nach der Stunde Sozialwissenschaften und somit meiner letzten Stunde für heute verlasse ich schnell den Raum, um Shana noch zu bekommen, die gerade mit einem genervten Blick die Treppen runtergeht. Mit zügigen Schritten laufe ich ihr nach, aber so, dass sie mich nicht bemerkt und ziehe sie dann an ihrem Unterarm zu der Feuerleiter, wo sie genervt mit ihrer Zunge schnalzt. "Was hast du?", frage ich direkt und schaue sie an, was sie mir aber nicht nachtut. Sie schaut trocken an mir vorbei. Ich schaue sie abwartend ab, doch sie antwortet mir nicht und schaut provozierend zu Boden, was mich nervt und ich ihr deswegen die Kopfhörer aus den Ohren ziehe und sie schnell in ihre Jackentasche stopfe. Dabei höre ich, wie sie schnaubt. "Wieso bist du angepisst?", frage ich, als ich mich wieder ihr widme und nicht ihren Kopfhörern, doch statt mir eine Antwort zu geben, bleibt sie immer noch stumm. Ach, Shana. Was mache ich bloß mit dir? "Shana, ich rede mit dir", versuche ich ruhig zu sagen, doch mein zusammengebissener Kiefer zeigt das komplette Gegenteil. Das Mädchen schafft es als Einzige, mich so schnell wütend zu machen! Sie verdreht ihre braunen Augen und will an mir vorbeilaufen, was ich nicht auf mir sitzen lasse und sie deswegen an ihrem Rucksack zurück an Ort und Stelle ziehe und tief einatme. Ich hasse es, wenn sie ihre Augen verdreht. Shana muss nicht einmal reden, um mich wütend zu machen und genau das regt mich auf! Ich lasse mich sonst nie so provozieren, aber sie ist auf einem ganz anderem Niveau. Ich höre, dass Ramazan, Saliha, Malik und Elif auf uns zulaufen. Ich drehe mich aber nicht zu ihnen, da Shana mir sonst entwischen könnte. "Schon wieder Streit?", fragt Saliha. Es für sie und alle anderen etwas Normales geworden ist, dass Shana und ich uns streiten. "Das weiß ich nicht, da dieses sture Mädchen nicht reden will", knurre ich schon fast. Ich habe noch nie in meinem Leben so ein stures Mädchen gesehen. Ist sowas überhaupt noch normal? "Soll ich auf dich warten?", fragt Saliha jetzt an Shana gewandt, die ihren Kopf schüttelt. Da die Jungs jetzt sowieso hier sind, werfe ich Malik meinen Schlüssel zu, da dieses Gespräch noch dauern könnte. "Fahrt schon mal zur Bar. Ich komme nach", informiere ich sie, worauf dann alle vier gehen. "Erzähl jetzt", fordere ich und sehe sie abwartend an, doch sie hat wohl anderes im Blick und verdreht ihre Augen. Ich drehe mich nach hinten und sehe Aleyna mit diesem Pisser. Ein arrogantes Schmunzeln gebe ich bin mir, da Cihan anscheinend nicht weiß, dass Aleyna gestern noch von mir gefickt wurde. Moment! Hat er ihr wieder etwas angetan?! Ich bringe ihn um! "Geht's um Cihan?", frage ich sofort gereizt und spanne mich an. Sie antwortet mir wieder nicht, sondern kneift genervt ihre Augenlider zusammen, als Aleyna und Cihan lachend den Schulhof verlassen. Ist sie eifersüchtig auf die beiden? Niemals, Shana doch nicht! Aber wieso redet dieses Mädchen verdammt noch mal nicht? "Rede doch endlich!", zische ich, da ich total genervt bin von ihrer Stille. Mein plötzlicher Befehl scheint sie wohl erschreckt haben, denn sie ist zusammengezuckt, als ich geredet habe. Shana ist generell ein sehr schreckhafter Mensch. Sie will ein zweites Mal vorbeilaufen, doch diesmal ziehe ich sie fester zurück und halte ihren Kiefer in meiner Hand, da mich echt wütend macht! Wieso redet sie nicht?! Sie schlägt sofort meine Hand weg und schaut mich zornig an. "Fass mich nicht an!", keift sie, was meine Wut immer weiter steigen lässt. "Was ist dein beschissenes Problem?", zische ich in einer höheren Lautstärke, doch sie antwortet wieder nicht! Wie sehr ich es hasse, wenn man mir nicht antwortet, und Shana weiß, dass ich nicht gerne warte! "Antworte!", sage ich und werde immer lauter. "Geht dich einen Scheiß an!", antwortet sie mir endlich und das in derselben Tonlage, wie ich. "Es geht dich nichts an! Nichts! Was willst du immer wieder von mir?", kommt es gereizt von ihr, während sie ihre Augenbrauen zusammenzieht. Ist das ihr Ernst? Sie soll mal froh sein, dass ich mir Gedanken um sie mache, statt hier herumzuzanken. "Rede nicht so mit mir!", sage ich diesmal ruhiger und zeige mit meinem Zeigefinger auf sie. Sie weiß, dass ich es hasse, wenn sie so frech zu mir ist. "Was dann?", fragt sie bissig und schaut mir dabei tief in die Augen. Ich ziehe zornig meine Augenbrauen zusammen. Dieses Mädchen reizt mich aufs Übelste. "Nutzt du es etwa aus, dass ich dir nicht wirklich etwas antun kann?", frage ich und knurre leise. Nun zieht sie ihre rechte Augenbraue hoch und schaut mich etwas irritiert an. "Nein?", antwortet sie zynisch. Shana, reiz mich nicht!
"Dann sag mir endlich was dein Problem ist!", brülle ich etwas, da ich einfach nicht mehr ruhig bleiben kann. Dieses Mädchen raubt mir den letzten Nerv! "Du! Du bist mein beschissenes Problem! Deine ekelhafte Art, wie du Mädchen behandelst!" Komm mir nicht wieder damit an! Meinen Kiefer und den Rest meines Körpers spanne ich an und balle meine Hände kurz zu Fäusten. "Was redest du da? Behandele ich dich irgendwie, wie eine meiner Weiber?" Ich tue das Gegenteil. Ich behandele sie, als einziges Mädchen normal oder gut. Auch, wenn ich ihr einmal aus Provokation geschrieben habe, dass sie einer meiner Weiber ist. Sie war das erste Mädchen, die bei mir zu Hause war, das erste Mädchen, dass in meinem Auto saß, das erste Mädchen, mit der ich bei meinem Vater essen war und noch so vieles mehr! Wieso sagt sie dann sowas? "Da! Meine Weiber! Das ekelt mich an! Du ekelst mich an!", zischt sie genervt und verdreht, wie so oft ihre Augen. Ich kann diesen Grund einfach nicht nachvollziehen. Deswegen dieses ganze Theater? "Was interessiert dich das, was ich mit diesen Mädchen mache? Genau! Gar nichts! Es geht dich nichts an!", keife ich, da mich ihr Verhalten so aufregt. "Was interessiert es dich, was ich mit Cihan gemacht habe, huh?" Komm mir nicht mit dem an! Ich lege verständnislos den Kopf zur Seite und atme tief ein. Ich darf nicht ausrasten. Das endet nicht gut. Will dieses Mädchen etwa nicht verstehen, dass ich das nur mache, damit ihr nichts passiert? "Genau sowie du nicht willst, dass ich etwas mit ihm zu tun habe, genauso will ich, dass du nicht mit diesen Weibern zu tun hast!" Sie wird gegen Ende des Satzes immer leiser. Was hat sie da gerade gesagt? Sie will nicht, dass ich etwas mit Weibern zutun habe? Will dieses Mädchen mich eigentlich verarschen? Sie will mir jetzt im ernst etwas verbieten, was ein Teil meines Lebens ist und ist deswegen sauer? Das meint sie doch nicht ernst. "Du musst dich doch um Elif kümmern", murmelt sie nun und schaut zu Boden. Das kann jetzt nicht ihr Ernst sein. Ich greife wieder nach ihrem Kopf, sodass sie mir in die Augen sieht und sehe, dass sie etwas schüchtern geworden ist, was ihr jetzt aber nicht viel helfen wird. "Ich sage es dir noch einmal: Es geht dich nichts an!", zische ich und spüre, wie sie kurz zusammenzucken lässt. Ihr Ausdruck wechselt von leichter Schüchternheit auf puren Zorn, während ihre Atmung sich beschleunigt. Sie schlägt meine Hand fest mit ihrer kleinen Hand weg und fängt an ihren Händen an zu zittern. Was hat sie jetzt auf einmal? "Ich hasse dich, Can! Ich hasse dich!", ruft sie voller Zorn und geht einen Schritt zurück, was mein Blut kochen lässt. Wieso sagt sie das auf einmal? Was soll der ganze Scheiß? Meine Atmung beschleunigt sich, während meine Hände sich zu Fäusten ballen und mein Kiefer zuckt. Nein, tut sie nicht! Sie hasst mich nicht! "Sowas dummes wie dich habe ich noch nie kennengelernt. Ich habe noch nie eine Person so sehr gehas-," Ich lasse nicht zu, dass sie es noch einmal sagt. "SHANA!", brülle ich und ziehe sie am Hinterkopf zu mir gegen meine Stirn. Meine Atmung geht unkontrolliert, während ich versuche mich zu beruhigen, dabei meine Augen schließe und mich bemühe Shanas zitternden Hände, die sich an meine Schulter geklammert haben, als ich sie zu mir gezogen habe, wegzudenken. Doch nicht aus Angst oder? Sie zittert vor Wut. Ich hoffe sie zittert vor Wut und nicht vor Angst. Vor Angst zu zittern ist nicht gut. Immer noch versuche ich meine Atmung zu beruhigen, doch es klappt nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe, da mir Shanas Worte nicht aus dem Kopf gehen. Sie hasst dich. Tut sie nicht!Wieso sagt sie sowas?! Weil sie dich hasst. Nein, das stimmt nicht. Man hört außer mein Atmen nur das Rascheln der Bäume und unser Schlucken. Für diesen Moment sind wir beide gemeinsam still und versuchen uns zu beruhigen. Ihre plötzliche Bewegung lässt mich wieder gucken. In ihren Augen sehe ich immer noch Zorn. Hasst sie mich wirklich? Sie läuft zum Tor. Sie hasst mich. Shana dreht sich um. "Halte dich an dein Wort und komm mir nicht mehr zu nahe", fordert sie in einem kalten Ton. Ich sehe Trauer in ihren Augen. Ich habe gehofft, dass sie etwas anderes sagt. Etwas, was mich jetzt nicht bedrücken oder generell sich negativ auf mich ausbreitet, doch genau das hat sie jetzt getan und geht in zügigen Schritten weg vom Schulhof.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt