Montag, 4. September
Ich sitze im Unterricht hinter Can und töte ihn mit meinen Blicken. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass er eiskalt vor meiner Wohnung aufgetaucht ist. Es hätte weiß Gott was passieren können. Meine Mutter hätte nachfragen können, aber das hat den Riesen anscheinend nicht interessiert. Arschloch. "Shana, weswegen schaust du so wütend?", fragt mich plötzlich Herr Markus, ohne irgendwelche Hintergedanken. Er ist dieser Art von Lehrer, der wirklich nur das Beste für seine Schüler will. "Cans Rücken ärgert sie", ruft Ramazan, woraufhin die Meisten aus dem Kurs lachen. Can dreht sich langsam und mit einem wissenden Grinsen zu mir und erntet weitere Killerblicke. "Ich wollte sowieso etwas sagen", sagt Herr Markus und räuspert sich. "Wir haben ja eine angehende Abiturientin hinzubekommen und da sie recht neu ist und sich noch nicht wirklich integriert hat - allein, da sie nicht auf der Fahrt nach Berlin dabei war -, möchte ich, da wir gleich sowieso Schluss haben, dass sich jeder von euch einmal vorstellt." Soll sie doch dumm und unwissend bleiben! "Muss das wirklich jeder machen?", frage ich desinteressiert nach. "Natürlich! Wir fangen bei Can an." Can sitzt ganz alleine vorne, da seine beiden Sitznachbarn nicht da sind. Er erhebt sich also und dreht sich lächelnd zu Elif. "Also ich bin Can, bin achtzehn Jahre alt und werde nach meinem Abitur Medizin studieren." Er zwinkert ihr zu, was mich würgen lässt. Leider Gottes bin ich dran, aber das Aufstehen habe ich weggelassen, genau wie das Hindrehen zu der Person. "Shana, siebzehn Jahre alt, nach dem Abi Medizin", zähle ich kryptisch und apathisch auf. "Shana! Etwas freundlicher", fordert Herr Markus verdutzt. Ich drehe mich also zu der nervigen Person, namens Elif, die diesen Aufwand null verdient hat, beachte dabei auf den Boden zu gucken, wiederhole mich noch einmal und setze am Ende ein giftiges Lächeln auf, was einige aus dem Kurs lachen lässt. Das Ganze geht so weiter, bis es dann endlich zur nächsten Stunde schellt, sodass ich vor dem Deutschraum auf Malik warte und mit ihm zum Pädagogikunterricht gehe. "War Can an Ramazans Handy, als ihr beiden bei ihm wart?", frage ich, da mir der Chat wieder in den Sinn gekommen ist. "Ähm, ja. Wieso?", fragt Malik. "Weil er schnüffelt", nuschele ich und öffne schnell die Tür, wo ich Herrn Krasniqi begegne. "Shana, heute besser gelaunt?", fragt er mich mit einem süßem Lächeln. "Ich hoffe es", teile ich ihm lächelnd mit und pflanze mich neben Malik hin. Während sich der Raum füllt, ertönt Say my name von den Destiny's Child in meinen Gedanken, woraufhin ich mit meinen Händen auf dem Tisch einen eigenen Beat erzeuge. Das Gute ist, dass Elif heute alleine sitzt, da Saliha krank ist. Im Pädagogikunterricht passe ich besonders gut auf, da es Herr Krasniqi ist und sowas wie ein Wunder der Schule ist. Man erlebt nicht auf jeder Schule einen so gut aussehenden Lehrer. Man weiß ja nie, vielleicht wird mal was aus uns und solange es niemand mitbekommt, ist nichts passiert.
Der September hat gerade erst angefangen und das Gute ist, dass es immer noch angenehm warm ist. Hoffentlich bleibt es für immer so, denn ich hasse die Kälte. Unsere kleine Gruppe - plus Elif - ist vollkommen. Gerade kommt Henrik, ein Junge aus meinem Bio-LK und teilt uns mit, dass der Biologieunterricht heute entfällt, was mich genervt aufstöhnen lässt. Ich liebe Biologie. Kann Mathe nicht ausfallen? Dieses total unnötige Fach versaut mir meinen Numerus Clausus! "Was wollen wir dann machen?", fragt Elif mit ihrer total nervigen Stimme und schaut fragend zu Can. Ist ja nicht so, dass auch Ramazan und ich im selben Kurs, wie sie sind. "Was wollen wir dann machen?", mache ich ihr provozierend nach und schaue zu Ramazan, der mich grinsend beäugt. "Wir können auf Cans Rücken klettern, aber dafür brauchen wir erst Schutzhelme und Sicherheitsseile." Sofort fangen alle, außer Elif an zu Lachen. Oh Gott, sie ist auch eine Spaßbremse. Danke für dieses Geschenk, Gott! "Was ist daran so witzig?", fragt sie vollkommen ernst, was mich wieder lachen lässt. "Was ist daran nicht lustig?", stelle ich die Gegenfrage. Ich hoffe sie spürt meinen Hass, denn den Blick, den ich aufgesetzt habe, lässt sie kurz Schlucken. "Was ist so lustig, dass Can so groß ist?" Can schaut mich belustigt an und kriegt von mir einen genervten Blick zurück. Ich beachte dann irgendwann mal das nervige Mädchen, dass an Cans trainiertem Arsch hängt. "Wenn es Can wirklich verletzen würde, dann würde Ramazan es nicht tun, denn Ramazan-," Ich nehme Ramazans Hand, was Can die Brauen zusammenziehen lässt. "ist mit Malik die Brüder Cans und er weiß, was Can beunruhigt. Würde es Can verletzen, dass Ramazan solche Witze macht, dann würde er es nicht machen", sage ich mit einem Druck in der Stimme der soviel wie: Du sollst deine kleine Schnauze halten heißen soll. Elif spannt sich an und grübelt anscheinend, was sie gegen mich sagen könnte. Solange schaue ich wütend zu Can. Mit dem beunruhigen meine ich sein Trauma und das weiß er auch. "Trotzdem macht man sowas nicht", ist das das Einzige, was sie sagen kann? Ihr Ernst? "Nein, eben nicht. Anscheinend hast du gerade nicht zugehört. Du weißt nichts! Wenn du nichts weißt, dann sei leise und lern erstmal dazu, bevor du den großen Beschützer spielst!", rufe ich zynisch und erhebe mich, werde aber dann von Ramazan wieder nach unten gedrückt. Viyan schaut mich lächelnd an und hebt heimlich ihren Daumen in die höhe. Elif dagegen schaut mich entgeistert an und schaut dann zu Can. Was soll Can machen? Seinen besten Freund anmotzen? "Can wird dir da nicht weiter helfen, denn er wird dich ganz sicherlich nicht vor seinem besten Freund beschützen, der ihn besser kennt, als du es jemals könntest!", keife ich und kriege von Ramazan einen Arm um die Schulter gelegt. Statt noch irgendetwas zu sagen, was unmöglich ist, läuft sie davon. Ich verdrehe seufzend die Augen. "Du bist echt gemein", sagt Viyan lachend und schüttelt ihren Kopf. "Dann soll sie nicht sowas sagen", gebe ich schulterzuckend von mir und nicke bestätigend, als Viyan mit ihrem Finger auf die weglaufende Elif gezeigt hat. Sie will sie etwas trösten, hat sie gerade auch nötig. "Richtiger Tiger", kommentiert Ramazan schmunzelnd und gibt mir ein High-Five. "Manchmal habe ich das Gefühl, dass du aggressiv bist", teilt mir Can mit. Musst du gerade sagen! "Das beruht auf Gegenseitigkeit", gebe ich patzig von mir und schaue zu Malik, der nichts macht, außer lächelnd den Kopf zu schütteln. "Also! Was machen wir gleich, Ramazan?" Er grübelt kurz und summt dabei. "Lass uns doch in die Aula, bisschen Tanzen", schlägt er vor und fängt im sitzen an zu twerken.
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Arroganz
RomanceShana ist ein temperamentvolles, 16-jähriges Mädchen, das gerade dabei ist, die Oberstufe zu besuchen und ihr Abitur zu absolvieren. Schon an ihrem ersten Tag trifft sie auf den, ihr noch unbekannten, 17-jährigen Can. Seine chauvinistische Art lässt...