Kapitel 20 (1)

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Müde rieb ich mir über die Augen und versuchte wenigstens halbwegs den Worten meiner Biolehrerin zu lauschen. Heute Morgen bin ich kaum aus dem Bett gekommen. 

Kein Wunder ich hatte ja auch vor Sorge um Cam nur um die drei Stunden geschlafen, aber der Herr hielt es weder für nötig mir kurz zu schreiben, noch sich in der Schule blicken zu lassen. 

In den Pausen hatte ich so oft nach Cam Ausschau gehalten, dass ich schon komische Blicke von Elly geerntet hatte. Immer wieder checkte ich, ob er online war, aber meine Nachrichten kamen nicht mal bei ihm an. Was war wenn er irgendwo in einem Graben lag?

Okay ich glaubte langsam fing ich an zu übertreiben, aber das ungute Gefühl in meinem Bauch ging trotzdem nicht weg. Vielleicht sollte ich später mal klingeln gehen, einfach nur um sicher zu sein. Der Schulgong holte mich aus meinen Gedanken und ich packte eilig meine Sachen in meine Tasche.

Elly, die in Bio nicht neben mir saß, weil wir zu viel gequatscht hatten, kam zu mir und seufzte erleichtert. „Endlich Wochenende." Ich stimmte ihr grinsend zu und zusammen schlenderten wir Richtung Bushaltestation.

„Gehen wir heute zusammen zum Stall? Wir waren so lange nicht mehr.", fragte sie mich und ich dachte sofort wieder an Cam. Aber wenn er sich nicht meldete. Wieso sollte ich dann nicht mit Elly zusammen gehen? 

Außerdem war heute wunderschönes Wetter und ich würde mir das nicht verderben lassen von so einem Idioten, der sich nicht mal meldete. Also stimmte ich ihr kurzer Hand zu und wir verabschiedeten uns, da mein Bus kam.

Zu Hause angekommen ging ich entschlossen Cams Auffahrt hoch. Kurz atmete ich noch mal tief durch, drückte auf die Klingel und wartete. Und wartete und wartete. Ich drückte nochmal auf die Klingel, diesmal ein bisschen länger.

Als sich die Tür vor mir auch dann nicht öffnete, seufzte ich einmal und stapfte rüber zu meinem Haus. Ich schob mir ne Pizza in den Ofen und legte mich auf die Couch. Erneut checkte ich ob Cam online gewesen war. Ich stockte, er war vor 12 Minuten online gewesen!

Selbst meine Nachrichten hatte er gelesen! Aber antworten konnte er mich natürlich nicht, oder was?! So ein Arschloch! Augenblicklich war all meine Sorge verpufft und ich empfand nur noch Wut.

War ja klar, ich machte mir Sorgen um den Idiot und er hielt es noch nicht mal für nötig, mir ein Lebenszeichen zu schicken. Ich war kurz davor ihm wutentbrannt eine Nachricht zu schreiben, als der Wecker für meine Pizza klingelte.

All meine restlichen Bedenken, dass ich heute nicht mit Elly zum Stall sollte, waren verschwunden. Da Cam ja anscheinend auch nicht an mich dachte, beschloss ich ihn einfach aus meinem Kopf zu verbannen und mich nur auf meine göttliche Pizza zu konzentrieren.

Ich musste schon sagen, das klappte echt äußerst gut. Denn kaum hatte ich aufgegessen, musste ich mich auch schon umziehen und zum Stall fahren, da blieb gar nicht so viel Zeit zum nachdenken.

Elly und ich nutzen das schöne Wetter und gingen gemütlich ins Gelände ausreiten. Ich genoss die Sonne und die Ruhe, die Winnis Bewegungen in mich brachten. In letzter Zeit war mein Leben so chaotisch, dass es mir wirklich gut tat mich jetzt einfach mal zu entspannen.

Naja also eigentlich machte Cam mein Leben chaotisch. Mir ging dieses ganze hin und her ziemlich gegen den Strich. Ich meine zuerst war er ein arrogantes Arschloch, hatte mich gegen meinen Willen geküsst, dann hasste er mich, irgendwann kamen wir dann ganz gut mit einander klar, von den Diskussionen hier und da mal abgesehen, anschließend küsste er mich, sagte zwar nichts mehr dazu, aber es war alles gut zwischen uns und jetzt haben wir wieder Streit.

Super. Manchmal hatte ich keine Ahnung wo ich bei ihm stand. Mal hatte ich den Eindruck ich bedeutete ihm nichts und er nutzte mich nur aus, aber manchmal hatte ich das Gefühl, da war doch mehr. Hatte ihm der Kuss wirklich nichts bedeutet?

Bloß wenn ich an den Kuss dachte, kribbelte mein ganzer Bauch, aber wenn ich daran dachte, dass er Cam womöglich nichts bedeutet hatte, zog sich in mir alles zusammen.

Am Ende des Ausrittes, hatte ich die Gedanken an Cam jedoch verdrängt und fuhr fröhlich pfeifend nach Hause.

„Bin wieder da!", rief ich durchs Haus und meine Mama antwortete mir aus der Küche: „Hallo mein Schatz. Essen ist in 20 Minuten fertig." Ich sprang kurz unter die Dusche und setzte mich, meine Haare in ein Handtuch gewickelt, an den Esstisch.

Meine Mama stellte gerade das Essen ab, als auch Dave und Phil an den Tisch kamen. „Na, wie war der Kindergarten heute, Großer?", lächelte ich meinen kleinen Bruder an, welcher mich sofort begeistert anstrahlte: „Schöön! Wir waren heute im Wald und Sophie hat sich in ein Ameisenhaufen gesetzt." Er gluckste vergnügt und auch ich musste kichern.

Ach war das Leben damals noch leicht gewesen. „Wie war denn dein Tag heute Faye?", mischte sich Dave nun in das Gespräch ein. Ich unterdrückte ein Schnauben. Was tat er denn jetzt so, als ob er sich für mein Leben interessierte?

„Ganz okay.", brummte ich desinteressiert und stocherte in meinem Kartoffelbrei rum. „Was hast du denn gemacht?", hakte er weiter. Alter, entweder er war dumm und hat einfach nicht gecheckt, dass ich nicht mit ihm reden wollte oder er hatte Bock mich so richtig auf die Palme zu bringen. Ich warf ihm einen genervten Blick zu.

„Hmpfr. Was wohl. Schule und Stall. Reicht das?!", knurrte ich und sah ihn finster an. Bevor Dave irgendwas sagen konnte herrschte meine Mutter mich an: „Faye! Es reicht!"

Unbemerkt verdrehte ich die Augen. Sie war stinksauer, aber ganz ehrlich Dave wusste ganz genau was passierte wenn er mich so nervte. Dave aß einfach schweigend sein Essen und hatte den Blick auf den Teller gesenkt. Aber ich hatte keine Lust mehr. Ich nahm mein Teller, stellte ihn in die Küche und rannte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch.

Ich war sauer. Stinksauer. Ich meine, konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Mag sein, dass Dave ganz nett sein konnte, aber ich wollte ihn nicht nett finden. Ich wollte einfach, dass er wieder aus meinem Leben verschwindet. Ich wollte mein altes Leben zurück. Ohne Dave. Und ohne Cam.

Ich wollte einfach weg. Weg von Dave und weg von Cam, der mein Leben nur unnötig durcheinander bringt und ihn den ich mich verliebt hatte, obwohl er nur mit mir spielte und mich wahrscheinlich nur ausnutze. Laut seufzend warf ich mich auf mein Bett und weinte ein bisschen.

Warum war alles so kompliziert? Warum musste ich mich immer in solche Idioten verlieben? Es dauerte eine ganze Weile bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Erschöpft ging ich mir die Zähne putzen und zog mich um. Kurz kam meine Ma noch ins Zimmer und wir redeten. Zum Glück war sie nicht mehr sauer und ich entschuldigte mich bei ihr, aber ich sagte ihr auch, dass Dave mich einfach in Ruhe lassen sollte, woraufhin meine Mom nur traurig nickte.

Ich wollte sie wirklich nicht traurig machen, aber ich sah keinen Grund mich mit dem Mann zu verstehen, der mein Leben ruiniert hatte. Anschließend lag ich völlig ausgelaugt von der Gefühlsachterbahn heute in meinem Bett und knipste mein Licht aus. Es dauerte nicht lange, da schlief ich auch schon ein.

Plong. Plong. Erschrocken fuhr ich hoch. Plong. Was war das? Plong. Irgendwie kam mir das doch bekannt vor. Plong. Ich brauchte eine halbe Ewigkeit um zu checken woher das Geräusch kam, so benommen war ich noch vom Schlafen. Aber als ich es dann kapiert hatte, sprang ich aus dem Bett und lief zu meinem Fenster.

Ich öffnete es und tatsächlich. Auf dem anderen Balkon erkannte ich, im Schein des Mondes, die Umrisse von keinem anderen als Cam.




Badboy meets CowgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt