Kapitel 29 (1)

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Gähnend öffnete ich meine Augen, am nächsten Morgen und streckte mich.

Langsam kamen die Erinnerungen an letzte Nacht zurück und ich musste lächeln. Ich drehte mich auf die Seite und tastete nach Cam, aber meine Hände griffen ins Leere.

Verwundert setzte ich mich auf und schaltete meine Nachtischlampe an. Doch alles was ich sah war eine leer geräumte rechte Seite meines Bettes.

Wo war Cam? Ich hatte mir das ja nicht nur eingebildet. Er hatte hier geschlafen und jetzt war er weg. Hatte er hier auch nicht schlafen können?

Stirnrunzelnd stand ich auf und sah sicherheitshalber einmal kurz im Badezimmer nach, aber auch das war leer.

Eilig schlich ich die Treppen runter und hielt vor der Tür des Gästezimmers an. Leicht nervös, mit klopfenden Herzen, drückte ich die Klinke runter und öffnete die Tür. Ich atmete aus und sah mich um. Alles was ich sah war ein ordentlich gemachtes Bett und Daves T-Shirt, das auf der Decke lag.

Ich verließ den Raum und stieg die Treppe runter in die Küche. „Guten Morgen, Schätzchen.", begrüßte mich meine Mutter, die zusammen mit Dave am Tisch saß. „Guten Morgen.", kam es auch von Dave, der kurz von seiner Zeitung aufsah.

„Morgen. Wisst ihr wo Cam ist?", fragte ich prompt und sah die zwei erwartungsvoll an. Sie tauschten kurz einen Blick, ehe meine Mutter sich lächelnd an mich wendete: „Er ist schon im Stall. Aber wir sollten uns vielleicht mal drüber unterhalten, wo er heute Nacht geschlafen hat, meinst du nicht?"

Ich rollte genervt mit den Augen und überlegte, wie ich dieser Situation entkommen könnte. „Seit wann ist Cam schon weg?", hakte ich nach und klimperte unschuldig mit den Wimpern.

„Er kam vor gut einer Stunde die Treppe runter. DEINE Treppe runter.", betonte meine Mutter und zog eine Augenbraue hoch. Wie ich es hasste. Ich seufzte. „Er konnte nicht schlafen okay? Ist ja auch selbstverständlich, nachdem was er alles durchmachen musste."

Sie griff nach ihrer Tasse Kaffee und nahm einen Schluck, ohne mich aus den Augen zu lassen: „Und da dachtest du dir du lässt ihn einfach mal bei dir im Bett schlafen?"

Dave räusperte sich, neben ihr, angespannt und versteckte sein Gesicht hinter der Zeitung, trotzdem hatte ich gesehen, dass er grinste.

„Ist ja nichts passiert. Reg dich doch nicht auf.", stöhnte ich und bediente die Kaffeemaschine. „Hast du mir nicht vor ein paar Tagen erzählt, dass er ein Arschloch ist?", hakte meine Mutter vorwurfsvoll nach. 

„Ist er auch.", ich zuckte mit den Schultern, während ich dabei zusah, wie sich meine Tasse langsam füllte.

„Das sah, aber ein bisschen anders aus gestern Abend.", grinste sie und schüttelte den Kopf. „Man, Mama. Okay vielleicht ist er nicht so ein Arschloch, wie ich vor ein paar Tagen noch gedacht hatte. Zufrieden?", pampte ich sie an und nahm einen Schluck von meinem Kaffee.

„Ist schon gut, Schätzchen. Aber pass auf dich auf, ja? Aber da mach ich mir bei Cameron eigentlich keine Sorgen. Er ist echt ein netter Bursche.", ich quittierte ihre Aussage mit einem Augenrollen und stellte meine Tasse ab.

„Ist gut, Mama. Ich geh dann auch in den Stall okay?", fragte ich und war schon auf dem Sprung nach oben, als Dave mich aufhielt.

„Wir kommen auch in einer halben Stunde, dann reden wir mit seiner Tante." Hastig drehte ich mich zu ihm um und meinte: „Ich will dabei sein!" Dave lachte und auch meine Mutter grinste. 

„Ich bin mir sicher, dass er das auch möchte.", zwinkerte Dave mir zu und ich nickte nur kurz und verschwand dann nach oben, um mich umzuziehen.

Keine zehn Minuten später stand ich auf dem Hof und sah mich suchend nach Cam um. Ich hörte meinen Hengst schon ungeduldig wiehern und ging ihn erst mal ausgiebig begrüßen.

Mit einem letzten Kuss auf seine Mähne, verließ ich schließlich wieder seine Box und eilte zu Hopes. Doch hier war weder Cam, noch Hope. Also begab ich mich seufzend auf den Weg zur Halle und hoffte, dass die Zwei nicht auf dem Feld unterwegs waren. 

Doch ich hatte Glück, denn ich entdeckte sie in der Halle, während sie gerade die Bahn entlang galoppierten.

„Na das nenn ich mal den typischen Morgen danach.", rief ich gut gelaunt und stellte mich auf die Tribüne. Cam parierte seine Stute durch und grinste mich an: 

„Ich wusste gar nicht, dass wir miteinander geschlafen haben." Lachend schüttelte ich den Kopf. Auch Cam lachte und kam zu mir an die Bande geritten.

Wieder einmal musste ich geschockt feststellen wie schlimm er aussah. Seine Lippe war zwar deutlich abgeschwollen, aber seine Nase und seine Wangenknochen waren der reinste Regenbogen. 

Wenigstens bekam er sein Auge scheinbar wieder richtig auf, allerdings schimmerte seine Haut dort auch dunkelblau-violett.

„Ist meine Tante schon wieder da?", fragte er und versuchte einen Blick auf den Hof zu erhaschen. „Ich hab sie nicht gesehen. Wo ist sie denn?", stellte ich die Gegenfrage und zog meine Stirn kraus.

„Sie geht Samstags nach dem Füttern immer einkaufen.", er zuckte mit den Schultern und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich nickte nur und blickte zu Boden und er schwieg ebenfalls.

„Dave und Mama kommen bald, um mit deiner Tante zu reden.", flüsterte ich sanft und sah ihm wieder in die Augen. Augenblicklich verfestigte sich sein Griff um die Zügel und Hope begann unruhig mit dem Schweif zu schlagen.

„Entspann dich, es wird schon nicht so schlimm. Wir sind ja alle bei dir.", lächelte ich ihn sanft an und er erwiderte es kurz, ehe er sich entspannte.

„Ich hab Angst vor ihrer Reaktion.", hauchte er sanft und seufzte. „Sie wird sich wieder beruhigen.", tröstete ich ihn, aber ich verstand sein Bedenken. Mrs Benett wird vrständlicherweise unglaublich geschockt sein und sich wahrscheinlich lauter Vorwürfe machen.

Schweigend trieb Cam Hope vorwärts, um sie trocken zu reiten. Wenig später hielt er am Tor und stieg ab.

Während er der Stute den Sand aus den Hufen kratze, guckte ich aus der Halle um die Ecke und konnte so beobachten, wie Mrs Benett mit einem Einkaufskorb im Haus verschwand.

„Sie ist wieder da.", informierte ich Cam und er stöhnte auf. „Dann müssen wir uns beeilen.", sagte er, klopfte den Hufauskratzer einmal auf dem Boden ab und kam zu mir.

In Windeseile trabten wir über den Hof und kamen so ungesehen in den Stall. Ich sah Cam zu wie er Hope versorgte und schließlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht aus ihrer Box kam.

Keine Sekunde später hörten wir, wie meine Mama und Dave auf den Hof gefahren kamen. Im Schutz von ein paar Büschen, huschten wir an dem Wohnhaus vorbei und begrüßten die zwei am Auto.

„Bist du bereit?", fragte meine Mama Cam sanft, während ich mit Dave einen angespannten Blick tauschte.

Es setzte uns allen ziemlich zu, das war deutlich zu sehen, aber jetzt mussten wir es hinter uns bringen. Mama und Dave gingen langsam zu Mrs Benetts Haus und wir folgten ihnen.

Cam setzte seine Kapuze, die er kurzzeitig abgenommen hatte, wieder auf und senkte seinen Blick auf den Boden.

„Augen zu und durch.", hörte ich Cam leise murmeln, als Dave die Klingel drückte, und ich drückte ihm kurz beruhigend den Arm.


Badboy meets CowgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt