Bei jedem klingeln, schlägt mein Herz lauter und meine Angst schnürt mir die Kehle zu.
Wie wird sie reagieren?
Nimmt sie überhaupt ab?
Habe ich sie zu lange warten lassen?
Was wenn sie...
"Hallo?"
Ich erstarre, meine Hand krampft sich um das Telefon, ich weis nicht was ich sagen soll.
"Hahahallo."
Was schlussendlich aus meinem Mund kommt ist ein misch aus krächzen und stottern.
Es herrscht einen Moment lang stille.
"Mo?"
Ihre Stimme ist zögernd, fast ängstlich.
"Hallo."
Dieses Mal schaffe ich es das Wort normal zu sagen.
Erneut herrscht Stille, dann fragt sie leise: "Ist alles in Ordnung? Du warst seit mehr als drei Tagen nicht mehr in der Schule gewesen, die Schulsekretärin hat gesagt sie dürfe mir keine Auskunft geben und auch deine Mutter hat mir die Hausaufgaben für dich abgenommen und mich weggeschickt. Dann gehst du seit Tagen nicht mehr an dein Telefon und deine SMS war auch nicht gerade beruhigend."
Ich bin kurz davor in Tränen auszubrechen und versuche sie mit aller macht zurückzuhalten.
"Lisa ich.." Meine Stimme bricht und ich räuspere mich.
"Mir geht es beschissen. Ich bin im Krankenhaus." Erneut herrscht Stille.
"Im Krankenhaus? Bist du im Marienkrankenhaus oder?" Ich nicke bis mir einfällt, dass sie das nicht sehen kann, also sage ich: "Ja ich bin im Marienkrankenhaus."
Ich höre Lisa tief durchatmen, dann sagt sie entschlossen: "Ich komm zu dir!" Ich will etwas erwidern, will sie aufhalten, aber sie hat bereits aufgelegt. Hastig wähle ich erneut ihre Nummer, meine Finger zittern so sehr, dass ich mich verwähle, auflege und erneut wähle. Niemand geht ran, ich höre Lisas stimme auf dem Anrufbeantworter und lege auf ohne eine Nachricht zu hinterlassen.Ich gehe nervös in dem Zimmer auf und ab, während ich warte.
Meine Gedanken rasen:
Wie wird sie reagieren?
Ist es zu viel für sie?
Bleibt sie bei mir oder schaut sie mich angewiedert an und geht?
Bei dieser Vorstellung zucke ich zusammen.Erschöpft lasse ich mich auf mein Bett fallen. Ich versuche alle Gedanken abzustellen, aber es funktioniert nicht. Mein Bauch kribbelt vor Angst und mein Herz pumpt hastig.
Als ich einen Blick auf mein Handy werde, stelle ich fest das es 17.46 Uhr ist.
Ich lege das Handy weg und verfluche das Krankenhaus dafür, dass es hier so verdammt still ist. Die Ruhe macht mich noch nervöser, als ich eh schon bin.
Ich stehe erneut auf und gehe zum Fenster, dann genieße ich den kalten Luftzug der in das Zimmer strömt.Während ich so dastehe, frage ich mich was ich Lisa erzählen soll.
Die Wahrheit, dass ich klar, aber wie wird sie darauf reagieren?
Und erneut frage ich mich die Frage, die mir immer und immer wieder durch den Kopf geht:
Warum ich?
Es gibt auf der Erde acht Milliarden Menschen, warum ausgerechnet ich?Als die Tür ohne Vorwarnung aufgerissen wird, schrecke ich aus meinen Gedanken hoch und erstarre.
Da steht sie, meine beste Freundin Lisa.
Ihre braunen Haare fallen ihr lose um die Schultern und in ihren ebenfalls braunen Augen steht eine Mischung aus Wut und Sorge.
Bevor ich irgendetwas sagen kann, kommt sie mit schnellen Schritten auf mich zu und umarmt mich.
Ich erwiderte die Umarmung und merke erst jetzt, wie sehr ich sie vermisst habe.
Langsam schiebt sie mich eine Armeslänge von sich und mustert mich kritisch.
Ich frage mich was sie wohl sieht?
Ihre Freundin oder ein Mädchen das sie ein zu glauben kannte?Mein Herz rast und jede Sekunde die sie nichts sagt, ist wie Folter für mich.
Dann seufzt sie leise und lässt mich los. "Du hattest recht, du siehst wirklich beschissen aus!" Und bevor ich es verhindern kann, fange ich an zu lächeln.
Ich gehe langsam zu meinem Bett und setze mich auf den Rand, Lisa setzt sich neben mich lehnt sich aber an die wand, dann mustert sie mich erwartungsvoll.
Ich atme tief durch und starre auf die Wand: "Ich war auf dem Weg zur Schule. Und dann ich ich bin einfach so umgekippt. Das nächste was ich weiß ist das ich in einem Krankenhaus aufgewacht bin." Ich schlucke laut und schließe kurz die Augen, ich sammele jedes Quäntchen Kraft das mir noch geblieben ist.
"Meine Mutter war da und ein Arzt. Ich habe an ihrem Blicken gesehen, dass etwas nicht stimmt. Der Arzt wollte das meine Mutter nicht da ist, wenn er mir sagt was los ist, aber ich ich habe Ihre Hand nicht losgelassen. In seinen Augen, da war etwas was mir Angst gemacht hat, es er nichts Böses es war einfach Mitleid und vielleicht Schmerz. Ich konnte das einfach nicht alleine, dabei war das so verdammt egoistisch von mir. Meine Mutter sie sie musste meine Reaktion mit ansehen. Sie hat es gesehen, Lisa!" Meine Stimme bricht, aber ich bin noch nicht fertig, noch nicht bereit Lisa in das Gesicht zu schauen.
Ich will gar nicht wissen was sie jetzt denkt.
Von mir denkt.
"Der Arzt er hat gesagt ich hätte Krebs. Blutkrebs, Leukämie.
Er hat gesagt ich hätte noch sechs Monate, verstehst du Lisa noch sechs Monate. Mit Chemotherapie vielleicht ein, zwei Monate mehr.
Das ist so wenig, in so einer Zeit soll ich ein ganzes Leben leben!
Wie? Wie soll ich das tun Lisa?"
Und dann drehe ich mich um, langsam drehe ich meinen ganzen Körper und setzte mich im Schneidersitz so auf das Bett das ich sie anschauen kann.
Sie ist geschockt.
Ich merke das sie versucht es mir nicht zu zeigen, aber ich sehe es.
Ich lasse sie nicht aus den Augen, sage aber nichts mehr.
Ich bin selber überrascht wie einfach die Nachricht aus meinem Mund gekommen ist.
Aber ich merke ebenfalls wie sehr mein Herz rast: Ich habe Angst.
Lisa atmet tief durch.
"Wow. Jetzt verstehe ich wieso du dich nicht gemeldet hast. Ich ich hätte mich wahrscheinlich nie gemeldet." Ich weis nicht was ich darauf antworten soll, also beiße ich mir auf die Lippen und sage nichts.
In dem Moment rutscht Lisa so weit vor, dass sie neben mir sitzt, dann schlingt sie beide Arme um mich.
Ich löse meine Beine aus dem Schneidersitz und erwidere die Umarmung heftig.
DU LIEST GERADE
Weg zwischen Leben und Tod? ✔️
Teen FictionHabe ich es verdient zu leben? Diese Frage stelle ich mir jeden Tag nach dem aufwachen und danach jede einzelne Sekunde bis zum Rest meines Lebens. Noch kämpfe ich gegen den Krebs um meinen Körper. Aber wie lange reicht meine Kraft noch aus? Wie lan...