Mein Herz hämmert gegen meine Brust und ich umklammere Seths Hand fester. Ich höre das Geräusch tief im Innern des großen Hauses, als mein Vater den Klingelknopf drückt. Ich habe den Blick starr auf den Boden vor meinen Füßen geheftet, als ich Seths leise Stimme höre, die mir etwas in das Ohr flüstert. „Kopf hoch kleines, dass hier ist nicht deine Hinrichtung." Mein Mundwinkel zuckt und ich hebe in dem Moment den Kopf, als die Tür geöffnet wird.
Da steht mein ältester Cousin, mit dem üblichen Topfhaarschnitt, den dunkelbraunen fast schwarzen Augen und den üblichen viel zu großen Kleidern. Heute ein giftgrünes T-Shirt das bis zu den Knien geht und einem schwarzem ebenfalls zu großem Pullover, dazu die beigefarbene
Khaki-Hose mit den vielen Taschen. Als er mich sieht lächelt er mich an und all meine Sorgen verschwinden, wie konnte ich nur denken man würde mich verachten?
Ich lasse Seth Hand los und werfe mich in die bereits ausgebreiteten Arme meines Cousins. Er hebt mich hoch und ich vergrabe den Kopf an seiner Halsbeuge.
„Du bist viel zu groß." Nuschele ich gegen seine Haut und er lacht.
„Vielleicht bist du einfach zu klein!" Ich ziehe einen Schmollmund und er stellt mich wieder auf den Boden ab. „Garantiert nicht." Grinsend begrüßt Erik meine Familie und schüttelt Seths Hand, während ich bereits meine Schuhe und Jacke ausziehe.Kaum stehen wir alle im Wohnzimmer in dem meine gesamte Familie versammelt ist, kommen meine Ängste und Zweifel zurück.
Sie sitzen alle versammelt um den großen Holztisch und starren mich an.
Wie erstarr stehe ich im Türrahmen, als mein Cousin meine Hand packt und sagt: „Beweg dich Morola." Ich verdrehe die Augen und mache den Durchgang frei. „Kannst du bitte aufhören, mich so zu nennen?" Er kneift mir grinsend in die Wange und schüttelt den Kopf, dann lässt er sich auf einen Platz fallen.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln und begrüße nacheinander alle Anwesenden.
Dann setze ich mich auf einen Platz und nehme erneut Seht's Hand.
Zu meinem Glück sitze ich Erik direkt gegenüber und habe so einen perfekten Blick auf die Grimassen die er schneidet um mich zum Lachen bringen.
Wäre da nicht die unglaublich angespannte Stimmung, könnte man glauben das hier wäre ein Familientreffen, wie jedes andere. Aber das andauernde leise Getuschel, die Blicke die mich immer wieder streifen und die Unterhaltung die einfach nicht in Gang kommen will, lehrt mich eines besseren.
„Willst du uns nicht deinen Freund vorstellen?" Ich schrecke hoch und sehe das meine Tante väterlicher Seite mich anschaut. Einen Moment lang kommt mir de Gedanke sie einfach zu ignorieren, aber da inzwischen alle auf uns aufmerksam geworden sind, setze ich ein gekünsteltes Lächeln auf.
„Das ist Seth Michels." Ich merke wie Seth neben mir versucht ein Lachen zu unterdrücken. Meine Tante beugt sich leicht vor. „Das weiß ich auch schon!" Ich zucke gespielt ahnungslos die Schultern. „Na dann ist ja alles gut." Doch so leicht gibt sie sich nicht geschlagen, aber bevor sie erneut den Mund aufmachen kann und mich mir fragen bestürmen kann, die ich nicht beantworten will, unterbricht uns ein lautes quietschen.
Mein Cousin ist schreiend aufgesprungen, sein Handy in der Hand und beginnt jetzt wie ein Irrer im Wohnzimmer herumzuhüpfen. „10,9,8,7,6,5,4,3,2,1. Yes Baby!!!!" Er erstarrt und klickt etwas auf seinem Handy herum dann starrt gebannt auf den Bildschirm. Sekunden später ertönt Musik aus den Lautsprechern und eine rauchige Stimme rappt etwas auf koreanisch. Ein breites grinsen geht über mein Gesicht, als ich sehe wie fasziniert Erik das offenbar neue Lied hört, wie er leicht auf und abwippt und verzweifelt versucht den Refrain mitzurappen.
Ich spüre Seth verwirrten Blick und flüstere ihm leise ins Ohr.
„Warte kurz. Gleich gehts los."
Und wirklich nur Sekunden später steht Claudia, Erika Mutter und die Frau die gerade eben noch mich im Visier hatte auf und baut sich vor ihrem Sohn auf.
„Erik gib mir das Handy." Doch er beachtet sie gar nicht und grölt auf einmal mit voller Lautstärke: „Yas. Ich habe die Lyrics gefunden." Dann beginnt er in einer extrem schiefen Tonlage mitzusingen. Ich unterdrücke jetzt nur mühsam das Lachen, als ich merke wie Claudia langsam sauer wird.
Für solche Aktionen liebe ich meinen Cousin. Auch wenn er schon 20 Jahre ist, wenn es um seine Musik geht, mutiert er zum richtigen Fangirl. Und seine Mutter die von seinem Musikgeschmack eh nicht sonderlich begeistert ist, bringt das auf die Palme. Claudia steht auf und streckt die Hand aus. „Erik, gib mir das Handy. Jetzt!" Ihr Ton ist streng und duldet keinen Widerspruch. Aber Erik wäre nicht Erik, wenn er ihr ausgerechnet jetzt ihn für ihn einer so wichtigen Situation, widerstandslos sein Handy übergeben würde. Er hebt kurz eine Hand in dem Versuch sie zum schweigen zu bringen und starrt weiterhin fasziniert auf den Bildschirm. Doch Claudia fühlt sich nun in ihrer Autorität verletzt und macht ihm Anstalten das Handy aus der Hand zu nehmen. Und das ist der Moment in dem ich in Aktion trete.
Ich lasse Seth's Hand los und lasse mich von dem Stuhl fallen, dann reiße ich die Augen auf und Presse mir eine Hand auf die Kehle. Ich reiße schreiend den rechten Fuß in die Höhe um ihn wieder fallen zu lassen. Jetzt habe ich die ganze Aufmerksamkeit meiner Familie, Seth der sofort weiß das das Schauspiel ist springt auf und kniet sich neben mich auf den Boden.
„Mo!" Seine Stimme klingt überzeugend und ich schaue meinem Cousin an und zwinkere ihn kurz zu er gibst mich breit an und wendet sich wieder dem Bildschirm zu. Als ich meine Mutter seufzen höre, ist das meine Erlaubnis um weiterzumachen. Als hätte ich große Schmerzen ziehe ich ein leidendes Gesicht und Strecke die zitternden arme nach Seth aus, er zieht mich sanft in seine Arme und wiegt mich hin und her. „Das geht vorbei. Das wird wieder." Er murmelt immer wieder diese zwei Sätze vor sich hin und ich beschließe mich für all die Blicke die ich heute habe ertragen müssen zu revanchieren. Ich öffne den Mund, und tue so als wollte ich etwas sagen, erst nach dem dritten Versuch beginne oh zu sprechen. „Es geht nicht vorbei... Es tut so weh... Sterben..Schnerz." Dann schließe ich die Augen und sacke dramatisch in seinen Armen zusammen. „Nein." Seth schreit überzeugend auf und rüttelt an meinen Armen. Ich merke wie sich jemand neben mir niederkniet. „Sie braucht nur kurz Ruhe." Das ist meine Mutter, die mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht streicht. Seth hebt noch hoch und trägt mich aus dem Raum. Als ich merke wie oh irgendwo abgelegt werde, öffne ich die Augen und merke das meine Eltern, Seth und Erik in dem kleinen Zimmer um das Bett herum stehen.
„Mach so etwas nie wieder!" Mein Vater ist ungewöhnlich streng und ich schrumpfe unter seinem Blick zusammen. Doch Erik bewahrt mich vor einer Antwort. „Danke." Dann umarmt er mich und ich entschuldige mich bei meinen Eltern.Als alle das Zimmer verlassen haben setze ich mich auf und lehne mich an die wand.
Vielleicht hat mein Vater recht, dass war nicht lustig, aber es war auch nicht richtig von Claudia ihren Sohn so anzugehen oder?Seufzend stehe ich auf und begebe mich zurück in das Wohnzimmer.
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Weg zwischen Leben und Tod? ✔️
Teen FictionHabe ich es verdient zu leben? Diese Frage stelle ich mir jeden Tag nach dem aufwachen und danach jede einzelne Sekunde bis zum Rest meines Lebens. Noch kämpfe ich gegen den Krebs um meinen Körper. Aber wie lange reicht meine Kraft noch aus? Wie lan...