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Endlich habe ich die Chemo hinter mir, die all mein Knochenmark zerstören sollte.
Die sogenannte Konditionierungsphase.
Wie sehr ich dieses Wort doch hassen gelernt habe.
Morgen geht es los mit der neuen Stammzellentransplantation. Das wird zwei oder drei Wochen dauern in denen ich in einem sterilen Einzelzimmer untergebracht bin. Nur meine Eltern und Seth dürfen mich besuchen. Aber das schlimmste an der Sache ist, dass es jetzt erst richtig gefährlich wird.

Seufzend lehne ich mich an die Wand an. Die letzten drei Wochen waren der pure Horror. Nicht nur die zweitägliche Chemotherapie, sondern auch sämtliche andere Untersuchungen die ich über mich ergehen lassen musste, als Vorbereitung für die Transplantation neuer und gesunder Stammzellen. Ich wurde mehrmals geröntgt und musste Ultraschalls machen.
Es hat mich nicht wirklich interessiert, was genau all das bringen sollte, mir reichte die Aussage Doktor Mührs das das notwendige Vorbereitungen für die Transplantation seien. Aber am schlimmsten war bis jetzt die Hochdosis-Chemotherapie und die Ganzkörperbestrahlung zur Vernichtung meiner alten Krebszellen. Aber das ist vorbei und der schlimmste Teil kommt noch. Meine Gedanken schweifen zurück zu dem Gespräch welches ich heute morgen mit Doktor Mühr hatte. Er erklärte mir den Verlauf der nächsten Wochen.

Zunächst wird mir das neue Knochenmark verpasst. Dies gescheht durch eine Bluttransfusion durch die Vene, das Knochenmarkblutgemisch von meinem Spender wird sich hoffentlich ansiedeln und sich gut entwickeln, erst dann können wir zu dem nächsten Teil der Blutstammzellentransplantation übergehen.

Da ich Zellen von einer fremden Person bekomme, muss man mir vor der Transplantation besondere Infusionen und Medikamente geben, die verhindern soll das mein Gewebe schlecht auf die fremden Zellen reagiert. Dann erst beginnt die eigentliche Transplantation. Die Stammzellen werden mir über eine Bluttransfusion zugeführt. Nach der Übertragung würde es eine Weile dauern, bis sich neue Blutzellen bilden können. Da mir in dieser Zeit Blutzellen fehlen, bin ich so unglaublich offen für sämtliche Krankheitserreger und muss in das keimfreie Zimmer verlegt werden.

Ich atme einmal tief durch und bemerke erst jetzt das Herr Bamba im Zimmer steht. "Wie geht es dir?" Ich schaue ihn nachdenklich an. "Naja ganz gut, ich habe zumindest einmal keine Schmerzen." Er lächelt sanft und setzt sich auf den Stuhl gegenüber meinem Bett. "Aber weißt du was schlimm ist?" Ich schaue ihn ernst an und erzähle ihm was mir gerade eben klar geworden ist als ich über die nächsten Wochen nachgedacht habe. "Ich habe Hoffnung!" Herr Bamba nickt langsam. "Du hast Angst, dass wenn etwas schief geht, du an der zerschellten Hoffnung kaputt gehen wirst." Ich nicke und warte auf irgendeine brillante Lösung aber ich sollte enttäuscht werden.
„Tja, daran kann man nichts ändern." Ich verziehe höhnisch das Gesicht. Doch er fährt fort. "Hoffnung ist ein sehr zerbrechliches, aber auch wunderschönes Gut. Man sollte es tief in seinem Herzen tragen." "Das Herz ist nur ein Muskel." Herr Bamba lächelt kurz. "Das kommt alles auf die Sichtweise an." Dann erhebt er sich abrupt. "Ich wünsche dir viel Erfolg, wenn irgendetwas ist, melde dich einfach." Ich nicke und schaue zu wie er aus dem Zimmer geht und mich alleine zurück lässt. Meine griesgrämige Zimmerkollegin ist schon vor einer Woche entlassen wurden und ich frage mich ob ich sie je wiedersehen werde. Aber vermutlich ist es ein gutes Zeichen wenn nicht.

Ich nehme mein Handy von Nachttisch und telefoniere kurz mit Lisa,dann gehe ich in das Badezimmer und dusche mich kurz kalt ab. Frisch umgezogen sitze ich in meinem kleinen Zimmer und warte darauf das Lisa endlich kommt.

Strahlend sitzen wir einander gegenüber auf meinem Bett und stopfen uns mit dem Essen voll, welches sie mitgebracht hat.
Gerade esse ich ein Stück Pizza mit extra Käse und Zwiebeln, während Lisa einen Pfannkuchen mit Nutella isst.
Wir schwelgen in alten Erinnerungen und lachen viel. So bemerke ich gar nicht wie die Zeit vergeht, als Schwester Anne klopft und sagt die Besucherzeit wäre zu Ende.
Als Lisa gegangen ist liege ich vollgefressen aber glücklich in dem Bett und schlafe friedlich ein.

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