Unruhe

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Kapitel 9

Aurelia ließ ihre Tochter nur ungern gehen. Sie wusste nicht, was genau passiert war, aber sie war niemals gegen eine, mit scharfen Muscheln bewachsene, Wand geschwommen. Das konnte und wollte Aurelia nicht glauben. Aber sie hatten so glücklich zusammen ausgesehen, dass er sie unmöglich verprügelt haben konnte. Grübelnd schüttelte Aurelia den Kopf. Sie musste herausfinden was wirklich passiert war, denn es waren ernsthafte Verletzungen gewesen. „Ach würde meine Jessie doch nicht lügen", murmelte sie. Aber zumindest schienen sie sich sehr zu lieben. Wenn Jessie glücklich war, war auch Aurelia zufrieden. Würde sie Jessica jeden Tag sehen, wäre sie nicht so misstrauisch. Noch dazu hatte sie beim Behandeln ihrer Tochter alte Wunden entdeckt. Sie vertraute James nicht so ganz, obwohl er seine Zuneigung zu Jessie sehr offen zeigte. Vielleicht demonstrierte er es schon zu sehr. Aber solange James Jessie nicht wehtat, war es ihr egal, was er trieb.
*
Caro war verwirrt. James hatte sie nach seinem kurzen, spontanen Besuch einfach in ihrem Wohnzimmer zurückgelassen. Ohne Erklärung, ohne Grund. Mit Tränen in den Augen tastete sie ihren Körper nach irgendwelchen Malen ab, die der Grund für ihre Trennung sein könnte. Naja... eigentlich waren sie ja gar kein richtiges Paar gewesen. Er hatte immer gesagt, sie könnten sich auch lieben, ohne zusammen zu sein. Sie konnte es sich nicht erklären, stimmte aber zu, aus Angst er würde sie dann nicht mehr lieben. Ach sie wollte doch gar nicht weinen. Sauer rieb sich Caro ihre roten Augen. „Nicht weinen, nicht weinen!", sagte sie laut zu sich. „Du musst dich mal zusammenreißen! Er hat gemeint, dass es nicht an dir liegt, sondern an ihm. Also keine Panik!" Sie gab sich einen Ruck und riss sich vom Spiegel weg. Aber was sollte sie ohne ihn machen? Sie konnte ohne ihn nicht leben. Aber Caro wollte James nicht enttäuschen. Sie würde wohl oder übel eine Weile ohne ihn auskommen müssen. Wieder bekam sie einen Kloß in den Hals. Vergeblich versuchte sie ihn runterzuschlucken. Sie ließ den Kopf in ihre Hände sinken. Jetzt konnte Caro es nicht mehr zurückhalten. Ein unterdrücktes Schluchzen, schüttelte ihren Körper. Sie sank in sich zusammen und weinte sich in den Schlaf.

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