Kapitel 28
Sam hatte sich überlegt, Jessie zu überraschen. Sie war bisher nur auf der Insel gewesen und er wollte ihr mehr von Griechenland zeigen. Also buchte er ziemlich am Ende der Ferien einen Flug nach Athen. Denn er wollte ihr die Stadt zeigen und vielleicht auch ein wenig mit einem Auto an der Peloponese herumfahren. Sie sollte mehr von der Welt sehen und Neues kennenlernen. Eine Woche vor Schulbeginn packte er heimlich seinen und ihren Koffer und weckte sie in der Früh: „Guten Morgen, Schätzchen!" Er rüttelte sie sanft und sie stöhnte verschlafen auf. „Ich habe eine Überraschung für dich!", flüsterte Sam ihr jetzt ins Ohr. „Dafür musst du jetzt aber aufstehen, sonst verpassen wir unseren Flieger!" Sie schreckte auf und fragte immer noch schlaftrunken: „Was für einen Flieger denn?" „Wir fliegen nach Athen! Und zwar in drei Stunden, also beeil dich!" Jessie sprang aus dem Bett und zog sich an. „Wo sind denn all meine Klamotten?", fragte sie panisch und Sam beschwichtigte sie: „Die sind in deinem Koffer. Ich habe ihn gestern noch gepackt." Jessie verstand jetzt und zog sich einfach eine Jeans und ein T-Shirt an. Danach spurtete sie die Treppe runter und sprang die letzten vier Stufen runter. Sam und sie aßen noch eine Kleinigkeit und nur eine halbe Stunde später saßen sie abfahrtbereit im Auto.
Am Flughafen angekommen, gaben sie ihr Gepäck ab und gingen nach dem Check-in durch die Sicherheitskontrolle zum Gate. Dort mussten sie eine Weile warten - eine Zeit, in der man sich die schrägsten Gedanken macht, was passieren könnte. Sam war erst einmal geflogen und da war er noch ein Kind gewesen. Er war ein bisschen nervös, im Gegenteil zu Jessie. Sie war total aufgeregt - aber im positiven Sinne - und konnte sich gar nicht mehr auf dem Stuhl halten. Als dann die Durchsage kam, dass das Flugzeug nach Athen zum Boarding bereit sei, war sie die erste, die aufsprang. Sam schloss sich ihr an und bald darauf saßen sie im Flugzeug. Jessica hatte sich natürlich sofort ans Fenster gesetzt und horchte nun aufmerksam den Sicherheitsanweisungen des Piloten zu.
Das Flugzeug setzte sich in Gang und näherte sich dem Rollfeld. Auf der Startbahn blieb es dann stehen und plötzlich ging ein Ruck durch den Flieger. Die Turbinen dröhnten laut auf, das Flugzeug vibrierte und dann zog es die Maschine nach vorne. Die Passagiere wurden ihre Sitze gedrückt, sie fuhren immer schneller, bis der Flieger abhob. Sam hatte das Gefühl, sein Magen hätte sich um 360 Grad gedreht aber Jessie schien den Start zu genießen. Seelig lächelnd blickte sie aus dem kleinen Fenster auf Kreta zurück. Sam schloss die Augen und kämpfte gegen die Übelkeit an, bis er von einer freundlich lächelnden Stewardess gefragt wurde, was er denn trinken möge.
Der Flug kam ihm vor, als dauere er zehn Stunden, obwohl sie nur zwei Stunden flogen. Als sich der Rumpf des Flugzeugs für den Landeanflug nach unten neigte, krallte er sich in den Sitz und betete, sie mögen gut ankommen. Seine Wunschgedanken gingen in Erfüllung, denn sie landeten sachte und ohne schlimmen Vorkommnisse auf der Landebahn des Flughafens in Athen.
*
Sam war die Überraschung eindeutig gelungen. Ich wusste zuerst gar nicht, was los war.
Er hatte es echt geschafft, im geheimen so etwas zu Stande zu bringen, ohne dass ich irgendetwas gemerkt habe.
Der Flug war so schön gewesen, ich wusste gar nicht, warum Sam die ganze Zeit so gequält war. Ich glaube, er dachte ich merke es nicht, aber mich kann er nicht so schnell hinters Licht führen. Erst als wir gelandet waren, hatte er aufgeatmet und wieder die Augen aufgemacht. Irgendwie war es ja schon lustig aber er hat mir auch leidgetan.
In Athen mussten wir unsere Koffer wieder holen und dann machten wir uns auf den Weg nach draußen. Wir gingen durch die große gläserne Eingangstür hindurch und kaum machten wir einen Schritt auf die Straße, schlug uns die trockene, staubige Stadtluft entgegen. Ich wollte gerade die Straße überqueren, da wurde ich fast von einem Taxi angefahren. Der Fahrer hupte wütend und ich sprang das letzte Stück verschreckt auf die andere Straßenseite. Sam und ich mussten mit der Metro zwei Stationen fahren. Dort stiegen wir aus und liefen zu einem Parkplatz, wo unser Mietwagen stand. Sam musste kurz die Sache mit den Papieren und so regeln und dann konnten wir endlich zu unserem Hotel fahren.
Aber es dauerte länger als gedacht. Sam kämpfte sich durch den dichten Verkehr im Stadtinneren und musste höllisch aufpassen. Denn die Griechen liefen über die Ampel wann sie Lust hatten und achteten nicht auf die Ampelschaltung. Außerdem war Sam bisher nur auf der Insel Auto gefahren und da waren die Straßen nicht so befahren wie in einer Metropole wie Athen. Aber nach einer geschlagenen Dreiviertelstunde erreichten wir verschwitzt aber erleichtert unser Hotel. Von außen sah es nicht so bombastisch aus, aber innen sah es schon ganz anders aus. Die Eingangshalle hatte eine hohe, gewölbte Decke, die von marmornen Säulen gestützt war. Alles war blank poliert und glänzte im Schein der Lampen, die an Kronleuchter erinnerten. Ich fühlte mich wie einer komplett fremden Welt. Ich bekam meinen Mund vom Staunen gar nicht mehr zu und meine Augen glitzerten vor Freude. Der Mann an der Rezeption gab uns den Zimmerschlüssel und erklärte uns, dass es von acht bis elf Uhr Frühstück gäbe. Wir nahmen den Aufzug in den dritten Stock und betraten unser Zimmer. Ich war begeistert! Die Betten waren mit blütenweißer Bettwäsche bezogen und sie sahen so kuschelig aus, dass ich mich am liebsten sofort draufgeworfen hätte. Das Badezimmer hatte eine große Dusche und einen riesigen Spiegel über dem Waschbecken, das in den Marmortisch eingelassen war. Die Armatur war frisch poliert und ich konnte mich darin spiegeln. „Wow es ist so schön hier!", rief ich begeistert und fiel Sam um den Hals. Er grinste mich an und sagte: „Das freut mich, dass es dir gefällt!"
Den restlichen Tag liefen wir ein wenig in der Stadt herum und am Abend gingen wir in ein Restaurant.
Die Woche verbrachten wir noch fünf Tage in Athen und einen Tag in Nauplia. Danach mussten wir wieder zurück nach Kreta fliegen, denn am nächsten Tag fing die Schule an.
Ich wusste nicht so ganz ob ich mich freuen oder fürchten sollte, denn ich hatte keinen blassen Schimmer, was mich erwartete.
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Tiefsee
FantasyJessica ist eine junge Nixe. Sie wohnt zusammen mit ihrer Mutter Aurelia in der wunderschönen Unterwasserstadt Atlantis. Als ihr Freund James ihr einen Heiratsantrag macht, wirft es ihr Leben erstmal aus der Bahn. Und plötzlich benimmt sich ihr Verl...