Rückkehr

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Kapitel 37

Ich hatte ja versprochen noch zwei Tage zu bleiben aber irgendwie wurde ich immer ungeduldiger. Ich vermisste das Laufen, das Wehen des Windes in meinen Haaren, wenn ich Fahrrad fuhr. Ich fühlte mich schlecht, Sam alleine gelassen zu haben und ich vermisste Isa. Was sie wohl gerade tat? Dauernd dachte ich darüber nach, was gerade an Land passierte und es juckte mich in den Fingern, weil ich es unbedingt wissen wollte.
Auch Aurelia und Caro bemerkten meine wachsende Nervosität und es sprang zeitweise auch auf sie über.
Mittlerweise zogen sich die Stunden und ich begann zu zählen. Es waren nur noch acht Stunden bis zu der Umsetzung unseres Planes. Aurelia und Caro schliefen, aber ich hatte die ganze Zeit wachgelegen.
Also schwang ich mich aus meinem Bett und schwamm leise ins Wohnzimmer. Dort legte ich die Sachen, die wir brauchen würden, um James zu täuschen, auf den Tisch. Darunter waren eine Tasche sowie ein Tuch, aus Algen gewoben, eines meiner Oberteile, das Caro später anziehen sollte und meinen Verlobungsring, den ich immer noch trug. Irgendwie hatte ich ihn total vergessen, aber als ich wieder nach Atlantis gekommen war, ist er mir wieder aufgefallen.
Um die Täuschung so echt wie möglich zu gestalten, sollte Caro den Ring anziehen, aber ich habe mir ihr Versprechen abnehmen lassen, ihn sofort danach abzunehmen und ihn irgendwo ganz weit weg zu verstecken.
Noch sechs Stunden. Ich hielt es einfach nicht mehr aus und weckte erst nur Caro. „Hey, wach auf!", flüsterte ich. Sie räkelte sich und stöhnte genervt auf. „Was ist denn?", grummelte sie. „Tut mir leid! Ich bin einfach so aufgeregt!", entschuldigte ich mich. „Jaja schon gut", meinte Caro, setzte sich auf und rieb sich die Augen.
„Können wir es nicht schon früher machen?", fragte ich ungeduldig. „Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, denn wenn James sehr müde ist, oder gar schläft, hätten wir ein leichtes Spiel", überlegte Caro. „Ja lass uns Aurelia wecken!", beschloss sie kurzerhand und wir schwammen sofort in ihr Schlafzimmer.
Ich rüttelte sie sanft und säuselte: „Aufstehen! Wir werden gleich unseren Plan in die Tat umsetzten!"
Auch sie stöhnte erst, wachte aber dann doch schnell auf und hörte zu, was wir uns überlegt hatten.
Zusammen schwammen wir ins Wohnzimmer und Caro zog sich erst einmal das Oberteil, das ich rausgelegt hatte an. Dann legte sie sich das Tuch über den Kopf und band es vorne unter dem Kinn zusammen. Meine Tasche nahm sie über die Schulter und den Ring steckte sie sich an den Finger.
Währenddessen zog ich mir ihr Oberteil an und machte meine langen roten Haare zu einem Dutt.
Es war noch ziemlich dunkel und wir beschlossen, es jetzt schnell hinter uns zu bringen und durchzuziehen.
Diesmal fiel die Verabschiedung sehr kurz aus. Wir drückten uns alle ganz kurz, dann schwamm Caro blitzschnell durch die Tür. Aurelia schwamm ihr sofort nach und schaute ob James schlief. Leider war er wach, weswegen Arelia Caro hinterherrief: „Pass auf dich auf mein Schatz! Ich habe dich lieb Jessie!"
James knurrte zornig: „Ich wusste, dass sie hier war!" Dann jagte er ihr hinterher. Ich wartete nicht lange und schwamm in die Richtung, wo das Festland war.
Leider löste sich bei Caro das Kopftuch und James sah sofort ihre pinken Haare. Wütend jaulte er auf und drehte sich um - in meine Richtung.
Jetzt wurde ich von ihm verfolgt. Ich beschleunigte mein Tempo, aber er kam mir trotzdem immer näher. Ich war es einfach nicht mehr gewohnt, mit Flosse zu schwimmen, vor allem nicht so schnell.
Also versuchte ich, ihn anderweitig abzuhängen und schwamm zickzack um Felsen und kleinere Riffe herum. So verlor ich allerdings die Orientierung und wusste nicht mehr, wie ich zurückkommen sollte. Dies war mir in dem Moment aber relativ egal, denn James war immer noch hinter mir. Also änderte ich wieder die Richtung und schwamm vom Land weg.
Ich erkannte wieder die Gegend und wusste, dass sich in nur ein paar hundert Metern ein Graben befand. Ich steuerte darauf zu, schwamm tiefer ins Dunkle hinein und versteckte mich in einer kleinen Höhle. Von dort beobachtete ich, wie James sich verwirrt umschaute und dann in eine andere Richtung verschwand.
Um ganz sicher zu gehen, verharrte ich noch eine Weile, bis ich mich aus dem Graben raus traute.
Oben musste ich mich wieder orientieren, fand aber doch recht schnell den Weg zur Bucht, wo ich das erste Mal aufgetaucht war.
Mittlerweile graute der Morgen und es wurde schon heller. Ich verwandelte mich zurück und merkte wie ich mich langsam an die Schmerzen gewöhnte, auch wenn ich immer noch dachte, ich würde zerreißen.
Erschöpft ging ich an Land, streifte mir die Klamotten über und tapste wackelig die Böschung hinauf. Danach lief ich schnurstracks nach Hause. Da ich ja meinen Schlüssel dort gelassen hatte, musste ich klingeln.
Es war so still, dass die Klingel richtig laut schien. Ich zuckte sogar zusammen.
Lange musste ich gar nicht warten, denn Sam öffnete stürmisch die Tür und zog mich in eine Umarmung. „Jessie! Ich habe dich so vermisst!", rief er überglücklich, mich wieder da zu haben. „Ich habe dich auch vermisst!", sagte ich. „Und es tut mir so leid, dir das angetan zu haben!" „Es ist schon okay. Ich bin so froh, dass du wieder da bist, da kann ich das ganz schnell wieder vergessen!", meinte er. Da fragte ich mich, wie ich einen Vater wie ihn nur verdient habe.
Wir gingen ins Haus hinein, wo es aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. In der Küche stapelten sich vor allem Kaffeetassen aber auch anderes Geschirr. Nichts war aufgeräumt. Ich nahm mir vor, gleich am nächsten Tag wieder alles auf Vordermann zu bringen. Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Zum Glück war am nächsten Tag Sonntag, da hatte ich genügend Zeit.
Erstmal legte ich mich schlafen.
Ich wachte am Nachmittag auf und nahm zuerst mal mein Handy in die Hand. Fünf Nachrichten, ein verpasster Anruf. Der Anruf war von Isabella, sowie vier Nachrichten. Sie hatte geschrieben, ob es mir schon besser ging und wie bescheuert sich die Wagner wieder aufgeführt hatte.
Die fünfte Nachricht war von Liam. Einfach nur 'Hey!'

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