Kapitel 65

38 1 0
                                    

Liam war total besorgt als er die Nachricht von Jessie las, dass sie sich furchtbar fühle. Er hatte natürlich nicht gezögert, sich in sein Auto zu setzen und zu ihr zu fahren.
Zum Glück wusste er, dass Sam einen Zweitschlüssel unter den Blumentopf neben der Tür gelegt hatte, und konnte deswegen von selbst in das Haus gehen.
Ohne sich die Schuhe auszuziehen sprintete Liam die Treppe hoch, in Jessicas Zimmer.
Dort fand er seine Freundin unter einem Deckenhaufen begraben vor.
Vorsichtig ging er auf sie zu. Kniete sich neben sie nieder und fühlte ihre Stirn. Dabei erschrak er, da ihr Kopf zu glühen schien.
Sofort holte er sein Handy aus der Tasche und rief seinen Hausarzt an, da er Jessie in ihrem Zustand auf keinen Fall zu einer Praxis fahren könnte.
Dieser kam auch sofort und flößte ihr irgendwelche Medikamente ein, die aber zu wirken schienen, denn sie atmete immer ruhiger, bis sie endlich einschlief.
Als der Arzt weg war, zog sich Liam einen Stuhl näher ans Bett und wachte an ihrem Krankenlager, damit sie nicht allein war, wenn sie aufwachte.
Er beobachtete sie und ihm wurde warm ums Herz, als seine Augen ihr hübsches Gesicht abtasteten.
Sie war so wunderschön! Ganz sanft streckte er seinen Finger aus und fuhr über ihr Gesicht.
Sie lag so blass und friedlich da, dass man meinen konnte, sie war tot und Liam musste sofort an Dornröschen denken.
Wie aus Reflex beugte er sich nach vorne und drückte seine Lippen auf ihre.
Diese waren rau und rissig und eiskalt. Erschrocken fuhr er zurück und atmete erleichtert auf, als sie von einem plötzlichen Hustenanfall geschüttelt wurde.
Sie stöhnte ängstlich auf und er streichelte ihr über die Haare und machte: „Shh!"
Langsam öffnete sie ihre Lider und blickte mit glasigen Augen zu ihm. „Möchtest du einen Tee?", fragte er und sie nickte schwach.
Er erhob sich und meinte: „Ich bin gleich wieder da!" Dann lief er nach unten in die Küche, kochte Wasser auf und füllte es in eine Teekanne, in der schon zwei Teebeutel baumelten.
Vorsichtig balancierte er das Heißgetränk die Treppe hinauf und stellte die Kanne auf Jessicas Nachtkästchen ab.
Nachdem der Tee ein bisschen abgekühlt war, nahm Jessie mit zitternden Händen die Tasse hoch, führte sie langsam zu Gesicht und nippte daran.
„Danke Liam!", krächzte sie und stellte die Tasse wieder ab. Warmherzig lächelte er sie an und sagte: „Ach kein Ding! Ist doch klar, dass ich zur Stelle bin, wenn es meiner Freundin nicht gut geht!"
Nach kurzem Schweigen fragte sie schließlich: „Was habe ich denn überhaupt?" „Der Arzt meinte eine Lungenentzündung, aber er sei sich sicher du wärst auf einem guten Weg!"
Erschrocken starrte sie ihn an aber nickte dann langsam.
„Sind wir eigentlich krankgeschrieben?" „Oh fuck, das habe ich voll verpennt!", fluchte Liam und griff sofort zu seinem Handy, um Isa anzurufen.
„Hey ganz ruhig, ich habe euch zwei krankgemeldet, aber im Gegenzug will ich wissen, was los ist!", sagte Isabella sofort ohne jegliche Begrüßung.
„Danke, du bist ein Schatz! Jessie hat eine Lungenentzündung und ich bin bei ihr, weil ja Sam in Amerika ist", erklärte Liam.
„Aha... und warum erfahre ich erst jetzt, dass meine beste Freundin halb tot ist?" Isa klang wirklich ein bisschen wütend.
„Tut mir leid! Ich habe es halt vor lauter Sorge vergessen!" Liam zuckte schuldbewusst mit seinen Schultern, was Isa aber natürlich nicht sehen konnte.
Als sie nicht antwortete fragte Liam: „Isa? Bist du noch da?" „Ich bin in zehn Minuten da!"
Damit beendete sie das Gespräch.
*
Als ich aufwachte erblickte ich zuallererst Liam, der auf einem Stuhl, neben meinem Kopfende saß.
Das Atmen fiel mir immer noch schwer, war aber bei weitem nicht mehr so schmerzhaft wie gestern.
Nachdem mir Liam den Tee gebracht hatte, ging es mir schon viel besser und ich konnte sogar wieder annähernd sprechen.
Während einer kurzen Stille zwischen uns fiel mir ein, dass wir vermutlich noch gar nicht krankgemeldet waren und sagte dies auch.
Liam rief sofort Isa an und diese beschloss daraufhin auch herzukommen.
Als es kurz darauf klingelte, ging Liam schnell runter um ihr zu öffnen.
Bei mir angekommen, war das erste was Isabella tat, Liam eine leichte Ohrfeige zu verpassen. „Das war dafür, dass du einfach mal vergessen hast, mir zu sagen, dass es Jessie dreckig geht!"
Danach wandte sie sich zu mir und sagte mit sorgenvoller Stimme: „Wie geht es dir?"
„Auf jeden Fall besser als gestern", brachte ich mühsam hervor und sie musterte mich mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen.
„Na dann bin ich ja froh!", meinte sie leicht ironisch.
„Was ist denn los mit dir?", fragte nun Liam, der sich immer noch die Wange hielt.
Sie seufzte. „Tut mir leid! Ich weiß auch nicht was in mich geschehen ist, aber ich war einfach wütend, weil ihr mir erst nicht zuhört, wenn ich von William erzähle und dann mir einfach gar nicht sagt, dass Jessie krank ist."
„Das tut uns auch leid!", meinte Liam und breitete leicht die Arme aus, um sie zu umarmen. Sie sah erst zur Seite, machte dann aber doch einen Schritt auf ihn zu und ließ sich umarmen.
Ganz schnell löste sie sich wieder und sagte: „So das reicht auch schon, ich mag keine Umarmungen!"
Liam schmunzelte und auch meine Mundwinkel zogen sich ein wenig nach oben.
Plötzlich fühlte ich mich furchtbar erschöpft. Deswegen hauchte ich: „Ich würde gerne schlafen!"
Als Liam sich umdrehte um rauszugehen, protestierte ich jedoch und bat ihn: „Bitte bleib hier!"
Isa schaute mich beleidigt an, also sagte ich: „Und du auch!"
Zufrieden grinste sie, flätzte sich in den Sitzsack, der in einer Ecke des Raumes stand, holte ihr Handy raus und begann darauf rumzutippen.
Liam lächelte und nahm wieder seinen Platz neben meinem Kopf ein.
Beruhigt schloss ich die Augen und schlief kurz darauf ein.

TiefseeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt