Geschenk

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Kapitel 25

Liam war total nervös, als er mit Isabella vor Jessies Tür stand. Sie öffnete die Tür mit einem fröhlichen Grinsen, das sofort verschwand, in dem Moment, als Jessie ihn erblickte. Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich von Überraschung in Wut um und sie rief nach Sam. Liam war die Situation total unangenehm und er hätte am liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht. Doch zum Glück klärte sich die Sache schnell und Jessie schien auch sehr beschämt über ihr Verhalten. Sie blickte ihm eine Weile in die Augen, bis sie näher an ihn herantrat und ihn umarmte. Zuerst erstarrte Liam, entspannte sich dann aber und erwiderte die Umarmung. Nachdem sie von Isa unterbrochen worden waren, klärten sie noch welche Kurse Jessie belegen würde und verabredeten sich danach vor der Schule, um eine Fahrradtour auf der Insel zu starten. Isabella und Liam liefen schnell nach Hause um ihre Fahrräder zu holen. Er sperrte sein Mountainbike auf, schwang sich auf den Sattel und radelte los. Als er bei der Trenchan High ankam, war Isabella schon da. Sie hatte noch eine Tasche mit Verpflegung in ihren Fahrradkorb gestellt. Er bremste, stellte sich neben sie und gemeinsam warteten sie auf Jessica. Die beiden mussten nicht lange warten, denn schon zwei Minuten später sahen sie Jessie in der Ferne auf sie zuradeln. Es sah noch etwas wackelig aus, aber sie kam gut voran. „Hey, ihr zwei!", rief sie schon von weitem. „Hi, Jessie! Lange nicht mehr gesehen", witzelte Liam. „Haha", sagte Isa trocken, musste aber dann doch grinsen. „Also, wo soll es jetzt hingehen?", erkundigte sich Jessie. „Wie wärs, wenn wir vorerst dem Inselradweg folgen? Ich kenne eine wunderschöne Stelle an einem See", schlug Liam vor. Die beiden Mädchen stimmten zu und in einem angenehmen Tempo, fuhr die kleine Gruppe los. Liam beobachtete Jessica und bemerkte, wie sie die Freiheit beim Fahrradfahren genoss. Der Wind fuhr sanft durch ihre roten Haare und ihr Kleid flatterte leicht. Die Insel war wie ausgestorben. Auf dem Radweg konnten sie zu dritt nebeneinander fahren, da ihnen niemand begegnete. Nur einmal machten sie eine kleine Pause, um etwas zu trinken, denn die Sonne hatte doch eine unglaubliche Kraft.
Nach zwei Stunden kamen sie an dem kleinen See an. Dies war der einzige Süßwassersee auf Kreta. Die Jugendlichen breiteten eine Picknickdecke im Schatten eines knorrigen Baumes aus, aßen ihre Sandwiches, die Isa noch schnell eingepackt hatte und ließen ihre Füße von einem Steg ins Wasser baumeln. Leider hatten sie keine Badesachen dabei, sodass sie sich mit dem Abkühlen der Füße begnügen mussten. Der Tag am See war wirklich schön gewesen und als die Sonne langsam unterging und sie mit der Zeit von Stechmücken belästigt wurden, packten sie ihre Sachen zusammen und radelten zurück nach Hause. An der Schule trennten sich ihre Wege, weshalb sich Isabella und Liam von Jessie verabschieden mussten. Isa fiel wieder die Party von Elena ein und wollte sogar fast Liam fragen ob er mitkommt, aber dann ließ sie es bleiben, da Liam schon mal mit Elena zusammen gewesen war, sich aber dann von ihr getrennt hatte. Jetzt, wo Liam ihr die Liebe zu Jessie gestanden hatte, hatte sie Angst, er könnte wieder etwas mit Elena anfangen, weil es mit Jessica nicht geklappt hatte. „Das könnten wir mal wiederholen", meinte Isabella und Liam lachte. „Ja, der Tag war wirklich schön!" Die beiden umarmten sich noch kurz freundschaftlich und machten sich schließlich auch auf den Weg nach Hause.
*
Ich hatte wirklich Spaß mit Isa und Liam. Das Radeln hatte mir auch sehr gefallen, fast mehr als das Surfen. Isa schloss ich sofort ins Herz und ich konnte Liam wieder normal gegenübertreten. Nach diesem Ausflug, freute ich mich sogar richtig auf die Schule. Aber die Ferien waren noch drei Wochen lang. Drei Wochen, in denen ich Surfen, Fahrradfahren, schwimmen und einfach nur faulenzen konnte. Am See hatte Isa mir ihre Nummer gegeben. Als ich mein altes Tastenhandy herausholte, bekam Isa erstmal einen Lachkrampf. Ich wunderte mich total, da ich nicht wusste, was an meinem Handy so lustig sein sollte und schaute sie nur verwirrt an. Isa bemerkte meinen Blick und zog ein großes flaches Ding mit einem Bildschirm und nur einem Knopf aus ihrer Tasche und sagte: „ Das, meine liebe, das hier ist ein Handy!" Ich fragte sie, wie man damit denn telefonieren könnte, so ganz ohne Tasten und sie kriegte sich schon wieder nicht mehr ein vor Lachen. Dann wurde sie wieder ernst und brachte mir bei, wie so ein Ding funktionierte. Liam beobachtete das Spiel mit belustigtem Gesichtsausdruck, mischte sich aber nicht ein.
Jetzt wo ich wieder daheim war, betrachtete ich wieder meinen alten Schinken von Handy und konnte mir diesmal selbst das Lachen nicht verkneifen. Sam bemerkte dies, weil er immer noch im Wohnzimmer saß und arbeitete und ich mich auf das Sofa gesetzt hatte. „Warum lachst du denn?", fragte mich Sam und wandte sich vom Laptop ab, zu mir. „Naja, also Isabella hat mir heute ein Smartphone gezeigt und ich musste bei dem Anblick von dem Handy, das du mir gegeben hast, lachen", erklärte ich. Da musste Sam auch grinsen und er versprach mir, für mich auch ein Smartphone zu besorgen. „Aber nein! Du musst mir doch nicht extra ein neues Handy besorgen!", versuchte ich ihn abzuhalten. Aber er ließ nicht mit sich reden und versprach mir, noch in den Ferien eines zu kaufen. Ich seufzte, wegen seiner Sturköpfigkeit und musste schließlich nachgeben. Ich hatte ehrlich gesagt auch gar keine Lust auf eine Diskussion und insgeheim freute ich mich darüber, auch ein Touchhandy zu bekommen. Außerdem meinte Sam, es wäre sowieso besser, wenn ich ein Smartphone bekäme, weil ich dann über Whatsapp mit Isa und Liam schreiben könnte. Isabella hatte mir schon gezeigt, wie Whatsapp funktionierte und ich war davon begeistert gewesen.
Am nächsten Morgen wollte ich gerade aus meinem Zimmer gehen, als ich über eine kleine Schachtel stolperte. Ich konnte mich gerade noch so an der Wand abfangen, hob das Päckchen auf und ging in die Küche runter. „Sam?", fragte ich und hörte seine Stimme aus dem Wohnzimmer. Ich ging zu ihm und wünschte ihm natürlich zuerst einen guten Morgen. Danach fragte ich ihn, was es mit diesem Karton auf sich hätte. Er antwortete geheimnisvoll: „Öffne es, dann siehst du ja, was drin ist. Ich holte eine Schere aus der Küche und schnitt vorsichtig das Paketklebeband auf. Als ich das Päckchen öffnete, sah ich sofort das glänzende Handy. „Wow!", entfuhr es mir. „Danke danke danke danke, Sam!", quietschte ich vor Freude und fiel ihm um den Hals. Er lachte und sagte: „Gern geschehen! Ich hoffe du hast Freude damit!"
Er half mir beim Einrichten der Sim-Karte und installierte mir ein paar Apps. Ich speicherte sofort Isabella ein und schrieb ihr: „Hii! Ich bin's, Jessica. Sam hat mich heute Morgen mit einem Handy überrascht und joa jetzt habe ich auch ein Smartphone"
Isa kam ziemlich schnell online und antwortete: „Uii, cool! Wollen wir vielleicht heute etwas ausmachen? Wir könnten Eis essen gehen oder so"
Ich tippte: „Ja immer gerne! Wenn du willst, jetzt gleich"
Und Isabella schrieb: „Oki! Bg👋
Verwundert schrieb ich zurück: "Bg? Was ist denn ein bg?"
Isa schickte nur: "😂 bg heißt bis gleich. Ich kann dir ja später noch ein paar Abkürzungen zeigen!"
Ich grinste und legte mein Handy weg. Die Menschen waren schon verrückte Wesen.
Heute hatte ich mich schon vor dem Frühstück angezogen, weshalb ich nur noch Zähne putzen musste. Ich sagte Sam Bescheid, er gab mir ein bisschen Geld und schon war ich aus dem Haus.

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