Kapitel 36
Als Liam am Tag nach der Sache mit Elena in die Schule ging, wurde er von allen Seiten dumm angestarrt. Auch Isabella zeigte ihm die kalte Schulter.
Er wollte eigentlich zu Jessie gehen und es ihr erklären, aber sie war krankgeschrieben. Wahrscheinlich hatte sie es mitbekommen und wollte ihn jetzt gar nicht mehr sehen. Er hatte es sich mit allen verschissen: Elena hasste ihn, Jessie auch und Isa wollte auch nichts mehr mit ihm zu tun haben. Noch dazu musste er zwei Monate nachsitzen, weil er im Büro des Direktors ein wenig lauter gegenüber Mr Thomas geworden ist.
Er hatte es Eric natürlich erzählt und dieser meinte bloß: „Du bist verrückt geworden, Liam! So warst du sonst noch nie!" Er hatte den Kopf geschüttelt und dann geschwiegen.
Eric hatte Liam die Augen geöffnet. Er hatte ihm endlich klargemacht, wie bescheuert er sich aufgeführt hatte. Und Liam war ihm sehr dankbar dafür gewesen. Eric nahm kein Blatt vor den Mund und diese Art von ihm, war eine Wohltat für Liam. Aber das war schon immer so gewesen. Niemand, nicht einmal seine Eltern, die ihm eigentlich recht nahe standen, niemand außer Eric konnte ihn je so gut zur Vernunft bringen.
„Danke Ic!", flüsterte Liam. „Danke, dass du so verdammt ehrlich bist!"
Liam ging aus dem Zimmer und setzte sich gedankenverloren auf sein Bett. Dann griff er zu seinem Handy. Ungeduldig zählte er wie oft das Freizeichen kam und wurde immer nervöser. Nach zehn Mal wollte er schon fast auflegen, da klickte es und er hörte Isabellas tonlose Stimme: „Was willst du Liam?" Erleichtert, dass sie abgenommen hatte sagte er: „Isa! Es tut mir so leid! Ich weiß nicht, was mit mir los war. Ich habe mich wie ein Idiot aufgeführt und es tut mir unendlich leid! Kannst du mir verzeihen?" „Jetzt mal ganz langsam. Es ist schon okay! Aber du solltest dich eher mal bei Jessie und ich sage es nicht gerne, aber auch bei Elena entschuldigen! Sie hat dich wirklich geliebt! Du hast ihr sehr weh getan! Und das nicht nur mit deiner Faust..." „Ich weiß...aber ich habe sie eben nicht mehr geliebt!", meinte Liam. „Hast du sie denn jemals geliebt?", fragte Isa sanft. Liam schwieg. Dann murmelte er: „Ich muss mich erst bei Jessie entschuldigen." „Sam hat gesagt, sie sei krank, aber er klang komisch", erzählte Isabella. „Ich fahr hin!", sagte Liam entschlossen, doch Isa hielt ihn davon ab: „Bitte Liam, lass ihr Zeit! Sie wird zurückkommen, das verspreche ich dir! Das Warten wird sich lohnen, glaub mir! Wir sehen uns morgen, Liam!" „Warte Isa, was.." Sie legte auf. „..soll ich jetzt tun?", fragte Liam.
*
Aurelia, Caro und ich hatten wirklich Spaß zusammen! Nur konnten wir nicht aus dem Haus raus, da James immer noch Wache hielt. Ich fragte mich, wie er es aushielt ohne etwas zu essen aber anscheinend hatte er sich einen Vorrat an Nahrung mitgenommen.
Die Tage vergingen und immer mehr sehnte ich mich nach Liam. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Dauernd sah ich ihn vor meinem geistigen Auge, wie er mich schüchtern anlächelte, als wir uns das erste Mal trafen. Aber dann sah ich ihn wieder, mit Elena knutschend und es versetzte mir einen Stich. Sie waren zwar schon getrennt gewesen, als ich zu Sam kam, aber allein die Vorstellung machte mich traurig und wütend. Ich musste mich tatsächlich in Liam verliebt haben, aber so richtig!
Dieses Gefühl wurde dadurch verstärkt, dass Caro es mir andauernd unter die Nase rieb. Und wenn ich es abstritt oder rot wurde, lachte Caro immer bloß und sagte: „Oh ja, du bist verliebt!"Ich war jetzt schon fünf Tage in Atlantis und ich wollte einerseits zurück, andererseits wollte ich hier bleiben. Und da ich ja den Plan hatte, wie wir James austricksen könnten, entschied ich mich, noch zu warten. Ich wusste nämlich nicht, wann ich das nächste Mal zu Aurelia konnte, denn ich wollte mir nicht ausmalen, wie wütend James werden würde, wenn er erkannte, dass es wieder Caro und nicht ich war.
Ich teilte Aurelia meine Entscheidung mit und sie sagte: „Aber spätestens in einer Woche solltest du zurück, denn Sam vermisst dich bestimmt sehr. Außerdem, was machen wir, falls der Plan scheitert? Dann bist du noch länger weg. Vielleicht solltest du schon in zwei Tagen zurück an Land. Es wäre besser so!" „Es wird klappen!", sagte ich, klang aber nicht wirklich überzeugt.
Dann besann ich mich und stimmte doch meiner Mutter zu: „Du hast ja Recht. Ich gehe in zwei Tagen, aber keine Minute früher!"
*
Jeden Morgen hoffte Liam, dass Jessie fröhlich lachend neben Isa sitzen würde, aber er wurde schon dreimal enttäuscht, denn der Platz blieb leer. In der Pause versuchte Isabella ihn immer wieder dazu zu ermutigen, sich bei Elena zu entschuldigen, aber Liam drückte sich jedes Mal davor. Dann zog ihn Isa immer auf, dass er ein Feigling wär, aber es prallte an ihm ab.
Mit seinen Freunden redete er gar nicht mehr. Immer noch musste er die Blicke anderer Schüler ertragen aber auch das interessierte ihn nicht.
Er lief schnellen Schrittes durch die Flure, den Blick auf den Boden gesenkt.
Im Unterricht meldete er sich nicht und sagte, wenn er aufgerufen wurde kein Wort.
Nur daheim wechselte er ein paar Worte mit Eric, sonst war er überwiegend verstummt.
Im war alles egal geworden. Erst wenn Jessie wieder da wäre, würde er wieder richtig sprechen. Das hatte er sich geschworen.
Nach sechs Tagen gab er innerlich schon auf, aber Isa ermutigte ihn. Er war froh, dass er sie in der Schule noch hatte und nicht komplett alleine war, aber er sagte es ihr nicht. Als er bemerkte, was für eine gute Freundin Isa war, fühlte er sich richtig schlecht. Ihn wunderte es, dass sie sich überhaupt noch um ihn kümmerte. Und er schwor sich, wenn Jessie zurück war, Isa dafür zu danken.
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Tiefsee
FantasyJessica ist eine junge Nixe. Sie wohnt zusammen mit ihrer Mutter Aurelia in der wunderschönen Unterwasserstadt Atlantis. Als ihr Freund James ihr einen Heiratsantrag macht, wirft es ihr Leben erstmal aus der Bahn. Und plötzlich benimmt sich ihr Verl...