Auf dem Weg zu Ali, überlegte Niall an jeder Kreuzung und jeder Ampel, ob er nicht doch umdrehen und nach Hause fahren sollte.
Ali kannte ihre Freundin, oder zumindest sollte sie sie kennen, und wenn sie so stark war, wie sie vorgab zu sein, konnte es ihr eigentlich auch egal sein, wenn Ornella sie rausschmiss.
Niall war nicht ihr Aufpasser, sie waren einfach nur Bandkollegen. Sie arbeiteten zusammen.
Nicht mehr und nicht weniger. Eine rein berufliche Beziehung. Wenn Niall sich aber nun in ihr Privatleben einmischte, würde diese rein platonische Beziehung ins Wanken geraten.
Sie würde kompliziert werden, weil sie Dinge voneinander wussten.
Aber andererseits konnte Niall nur, wenn er Ali besser kennenlernte mit ihr an ihrem Problem arbeiten, weil er wusste, wie er sie fordern konnte.
Mal abgesehen davon, wusste auch Ali ein paar Dinge von ihm, da war es doch nur recht und billig, wenn Niall das Gleiche von ihr einforderte.
Und wenn er sie nun abholte, musste er dieses Wissen noch nicht einmal einfordern, sondern einfach zufällig erwerben.
Wie eine CD. Da war doch nichts Schlimmes dran.
Wenn er von der moralischen Ebene einmal absah.
Denn ihr nur zu helfen, um etwas über sie herauszufinden, war sicherlich nicht die feine englische Art.
Aber was sollte er sonst tun?Niall bog erneut ab, auch wenn er sich nicht sicher war, was sein Ziel war, sein Auto wusste es.
Er konnte sie nachts schließlich nicht alleine um die Häuser ziehen lassen.
Sie war seine Sängerin und unterstand, wie Ava es immer betont hatte, seiner Aufsicht.
Fuhr er also zu ihr, würde er sich nur wie ein guter Manager verhalten. Ali war seine Klientin und er musste sich um seine Klienten kümmern. Logisch, oder?
Aber diese Sache war nicht so einfach zu entscheiden, dessen war er sich wohl oder übel bewusst.
Denn er und Ali hatten keinen Vertrag geschlossen, sie machten Musik und würde er nun behaupten, dass sich alles auf objektiver Ebene abspielte, würde er seinem eigenen Ideal wiedersprechen.
Denn Musik war nun mal Ausdruck der Persönlichkeit und subjektiv.
An diesem Grundsatz konnte er nun mal nicht rütteln. Außerdem, wenn er jetzt gehen würde und Ali irgendetwas passierte, war er Schuld, weil er sie davor hätte bewahren können, aber stattdessen saß er lieber zu Hause und jammte eine Runde bei einem kühlen Bier.Verdammt, fluchte er innerlich und schlug erneut auf das Lenkrad.
Egal, was er machte, er würde es sowieso niemanden Recht machen.
Vor allem Ali nicht, denn würde er hinfahren, dann hätte sie sicher das Gefühl von ihm gedemütigt zu werden, weil er es von Anfang an wüsste.
Ging er nicht hin, hasste sie ihn, wegen den Bemerkungen der letzten Tage.
Im Endeffekt hing es gar nicht so sehr von Niall ab, wie dieser Abend verlief, sondern von der Kleinen.
Hatte sie halbwegs versöhnliche Laune, wenn er sie abholte, konnten sie ihre Differenzen vielleicht beiseitelegen.
War sie angestachelt von dem Faux – Pas ihrer Freundin und wütend, würde sie ihn höchstwahrscheinlich verbal in Stücke reißen.Er konnte es ihr auch nicht verübeln, aber wenn er ehrlich war, hatte er sich die Zusammenarbeit mit ihr leichter vorgestellt. Niall war felsenfest davon überzeugt gewesen auf ein kleines Mädchen zu treffen, das einfach zu lenken war.
Was hatte er stattdessen bekommen?
Ali.
Ein Mädchen, das launenhafter und streitlustiger ist, als jede erwachsene Frau und seine ganze Aufmerksamkeit forderte. Und dann war da noch das Problem mit den Gefühlen.
Niall hatte ganz sicher damit gerechnet, dass ausgerechnet diese Sache überhaupt kein Problem für sie wurde.Sie war jung und weiblich, da nahm man alles gleich persönlich und sang sich vor Herzschmerz ins Komma.
Aber selbst, als sie ihm diese Geschichte von ihrem angeblichen Ex - Freund aufgetischt hatte, die Niall mehr oder weniger erwartet und gleichzeitig gefürchtet hatte, weil sie sie plötzlich wieder normal sein ließ, hatte er nicht das Gefühl gehabt, dass das der Knackpunkt ihrer Emotionen gewesen war.
Es kam ihm fast vor, als hätte sie ihm eine Lüge erzählt, aber dafür schien sie zu sehr in Gedanken versunken zu sein.
Und sie schien auch Mitleid und Mitgefühl zeigen zu können, als Niall ihr von seinen uneinsichtigen Eltern erzählt hatte.
Es hatte fast so ausgesehen, als ob sie ihm durch das Erzählen dieser Tatsachen jeden begangen Fehltritt verziehen hatte.
Aber wieso war es so schwer für Schwäche zu zeigen?
Er konnte es doch auch, auch wenn es nur auf der Bühne war. Als Niall "Perfect" gesungen hatte, hatte er sich sofort wieder an den Schmerz seiner Vergangenheit erinnert gefühlt und konnte aus diesen Erinnerungen Gefühle schöpfen wie sonst nur Wasser mit einem Gefäß.
Und auch das Publikum schien ergriffen.
Er hatte gehofft, dass Ali auf der Bühne aufblühen würde, wie auch schon in der Karaokebar, nur eben mit den negativen Gefühlen.
Aber obwohl sie den Song astrein gesungen hatte und ihm eine neue Note gegeben hatte, waren die Gefühle in ihr, nicht anzusehen gewesen.
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Sheet Music
FanfictionAleynas Leidenschaft ist die Musik. Sie spielt schon jahrelang Gitarre, doch sie hat sich nie getraut ihr Können unter Beweis zu stellen und sich ihrer größten Hürde und zugleich auch größtem Traum zu widmen: Dem Singen. Auf einem Konzert lernt sie...