~ Fünfzig ~

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Das seine Erleichterung nur von kurzer Dauer sein würde, bemerkte Niall spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem ein leises Raunen der Zuschauer zu ihm drang und Ali ihn fragend ansah. Sofort belehrte er sich eines Besseren und versuchte seinen Blick wieder auf die Tatsachen zu fokussieren. 
Das war gerade einmal ein Meilenstein gewesen, jetzt würde es Hürden hageln. Das Duett stand an. 
Er warf einen kurzen Blick nach hinten zu den Jungs und registrierte amüsiert, dass Liam seine Finger gar nicht vom Klavier lassen konnte. Es schien beinahe, als ob er danach lechzen würde, endlich zu beginnen. 
Kurz überflutete Niall sein schlechtes Gewissen. Wenn er nicht so verdammt störrisch gewesen wäre, hätte Liam schon längst ein Klavier auf der Bühne gehabt und nicht nur ein Keyboard. 
Aber Liam hatte nie etwas gesagt, erst als Ali in die Band kam und begann alles auf den Kopf zu stellen, äußerte er das erste Mal seinen Wunsch. Und als es dann um die Umsetzung dieses Wunsches ging, war auch wieder Ali ganz vorne mit dabei.
Manchmal hatte Niall das Gefühl, dass sie wie ein Tornado in ihr Leben gerast war, um alles durcheinander zu bringen und eine große Staubwolke zu hinterlassen. Aber im Gegensatz zu einem Tornado, der irgendwann verschwinden würde, würde Ali bleiben, zumindest für die nächste Zeit.

Er wandte seinen Blick wieder Liam zu und nickt ihm kurz zu. Dieser erwiderte Nialls Blick erwartungsvoll, dann konzentrierte er sich wieder voll und ganz auf sein Instrument. 
Manchmal hatte Liams Begeisterung für sein Klavier etwas sehr Kindliches, beinahe Amüsantes. Als ob er noch nie, oder zumindest für eine lange Zeit nicht mehr die kühlen weißen und schwarzen Tasten unter seinen unnachgiebigen Fingern gespürt hatte. Vielleicht war es auch eine lange Zeit her. 
Seit Liam damals Mitglied ihrer Band wurde, den Traum eine klassische Musikausbildung zu machen hinschmiss und den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hatte, hatte er keine Möglichkeit mehr gehabt ein richtiges, ein gutes Klavier zu spielen. Das Klavier im Proberaum war ein altes Überbleibsel des Vormieters gewesen und nicht zu vergleichen mit dem Yamaha Klavier, welches er hier spielen konnte. 
Zu Hause bei seinen Eltern stand sicherlich noch sein Flügel von Steinway & Sons, doch nachdem Liam nicht auf der Musikhochschule angenommen wurde und deswegen in ihre Band eingetreten war, hatten seine Eltern kein Verständnis für seine Entscheidung gehabt und er war ausgezogen. Ohne sein Instrument. 
Wenn Niall sich überlegte ohne seine Gitarre gehen zu müssen, dann konnte er sich nichts Schwierigeres vorstellen. Es war unmöglich. 
Und ihn hätte es nur einen Anruf beim Veranstalter gekostet und Liam hätte sein Klavier bekommen. 

„Niall“, hörte er plötzlich Ali neben ihm raunen. „Ich glaube, du solltest langsam mal etwas sagen“ Er sah überrascht zu Ali hoch, die ihn eindringlich ansah und nickte ihr kurz zu, um sich noch einen kurzen Moment zu stehlen um sich zu sammeln, dann trat er ans Mikrofon:
„Hey Leute, wie ihr alle wisst, sind wir immer gut für eine Überraschung“, begann er im Plauderton zum Publikum zu sprechen.

Sofort begannen einige in ein Lachen auszubrechen, doch Niall konnte schwören, dass Aleyna neben ihm die Augen verdrehte.
„Und wenn ihr das wisst, kennt ihr wahrscheinlich auch meine Einstellung zu Duetten“, fuhr er fort und holte kurz Luft.

Das Publikum hatte er schon auf seiner Seite, es hing an seinen Lippen. Das war einer der Dinge, die Niall einfach konnte im Gegensatz zu seinen Bandkollegen. Mit dem Publikum spielen, Gefühle und Gedankenprovozieren, für ein oder zwei Stunden so tun, als ob all diese fremden Menschen hier, seine besten Freunde wäre und er eine Runde mit ihnen jammen würde.

„Na ja, aber in letzter Zeit scheint sich hier einiges zu verändern“, sagte er und warf einen kurzen, aber übersteigerten Blick zu Ali und das Publikum brach wieder in Gelächter aus. Aleyna, die erst wenige Sekunden später bemerkte, dass sich die Unterhaltung um ihre Wenigkeit handelte, wirkte erst perplex und lächelte dann ertappt.

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