Kapitel 52

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Luna:

Leider hatte sich meine leise Hoffnung, Matteo sei aufgewacht, nicht bewahrheitet. Als ich vor der Tür zu seinem Zimmer stand, war jedoch bereits jemand anderes bei ihm. Durch das kleine Fenster in der Tür sah ich Herr Balsano am Bett seines Sohnes sitzen. Er sprach zu Matteo. Was genau er sagte konnte ich nicht hören, doch es musste wohl sehr wichtig für beide sein.

Der Vater schien ihm wohl all das zu sagen, was er seinem Sohn nich nie anvertraut hatte. Dabei lief ihm sogar eine kleine Träne die Wangen herunter. Die Szene berührte mich zutiefst. Ich wollte nicht stören, also ging ich ins Wartezimmer. Dort saß jedoch nicht wie erwartet ein glückliches Pärchen, sondern nur Gaston. "Wo ist Nina?" fragte ich irritiert.

"Sie holt ein paar Hausaufgaben, um sich ein wenig abzulenken." erklärte er. Seine Stimme klang komisch. Langsam setzte ich mich neben ihn. "Seid ihr...zusammen?" Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es selbst nicht. Wir wollten darüber reden sobald das ganze hier vorbei ist..." "Aha..." machte ich. Kurz war es ruhig, dann meinte ich etwas verlegen: "Tut mir Leid wegen dem Ausraster von vorhin. Meine Nerven waren...einfach am Ende."

Jetzt begann mein Bruder leicht zu grinsen: "Schon okay. Man konnte es hören. Vermutlich hat es das ganze Krankenhaus mitbekommen. Und es war höchste Zeit, diesen Streithähnen mal Manieren beizubringen!" Kurz lächelte ich, dann erstarb es jedoch wieder und ich lehnte mich traurig gegen Gaston. Dann stellte ich, ganz leise, die Frage vor der ich mich am meisten fürchtete: "Was, wenn er nicht wieder aufwacht?"

"Das wird nicht passieren..." versuchte Gaston mich zu beruhigen. Nun richtete ich mich auf und sah ihm in die Augen. "Was, wenn doch?!" Die Verzweiflung und Angst in meinen Augen war deutlich zu erkennen. Sanft, eben wie ein großer Bruder, streichelte Gaston mir über den Rücken. "Dann hatte er ein wunderschönes Leben. Er hat gute Freunde, eine tolle Schwester und die beste Freundin, die man sich wünschen kann!"

Seine Aufmunterungsversuche waren rührend, und ein bisschen tröstete es mich sogar. Leider dauerte dieses Gefühl nicht lange an. Als Nina wiederkam stand ich auf und lächelte. "Ich lass euch beide dann mal alleine..." Damit verschwand ich aus dem Wartezimmer und ging zu Matteos Raum. Sein Vater war inzwischen wieder gegangen, sodass ich mit meinem Freund alleine war.

Der Anblick, wie er an Schläuche gebunden in einem Krankenbett lag, blass und mit geschlossenen Augen, versetzte mir wieder einen Stich in den Bauch. Am liebsten wäre ich rückwärts wieder rausgegangen, doch ich tat das Gegenteil. Erstens hatte ich Matteo versprochen bei ihm zu bleiben, und zweitens brauchte ich seine Nähe.

Ein paar Tage vergingen. Ich ging weder nach Hause, noch zur Schule. Mein Vater hatte mich netterweise von der Schule entschuldigt, sodass ich die ganze Zeit bei Matteo verbringen konnte. Ich glaube, er wollte unsere Beziehung damit wieder etwas aufbauen. Nina und Gaston kamen jeden Tag, in der Hoffnug etwas neues von mir oder dem Artzt zu hören.
Ich musste sie jedoch jedes Mal enttäuschen.

Gerade saß ich am Fenster des Zimmers und las in einem Buch. Es war ein Märchenbuch, welches ich aus der Krankenhausbücherei geliehen hatte, um mich abzulenken. Mein Lieblingsmärchen war Dornröschen. Der Prinz kam und küsste sie aus ihrem Schlaf. Als ich die Stelle las blickte ich verstohlen zu Matteo hinüber.

Es wäre so schön wenn das Leben genauso einfach wäre wie im Märchen... Dass es einfach nur einen Kuss brauchen würde, und schon wacht er auf. Das wäre zu schön. Doch das Leben läuft eben nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben. Aber für mich, als Träumerin... Sollte ich es vielleicht doch versuchen?

Ich verspürte einen winzigen Funken Hoffnung in mir. Mein Verstand sagte mir es sei völliger Blödsinn, doch mein Körper hörte nicht darauf. Ein Versuch konnte ja nicht schaden, oder? Was hatte ich schon zu verlieren? Langsam stand ich auf, legte das Buch zur Seite und ging auf Matteo zu.

Dann setzte ich mich an die Bettkante und strich mit der Hand eine Locke aus seinem Gesicht. "Ich weiß es ist totaler Blödsinn, aber..." flüsterte ich, bevor ich mich zu ihm beugte und meine Lippen sanft auf seine drückte.

Lutteo - Liebe ich meinen Feind? (Werwolfsstory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt