Kapitel 22

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Jetzt saß ich also hier auf einem Stuhl und starrte in die Augen eines Polizisten. Was Polisten mit ihrem Angeschaue genau bezwecken wollten, war mir noch nie klar gewesen. Das einzige was dann passierte war, dass es mich irgendwann unendlich nervte und langweilte.

„Wollen Sie mir dann noch eine Frage stellen oder wollen Sie mich erstmal wieder in die Zelle zurückbringen, damit Sie sich die Fragen, die Sie scheinbar nicht haben, ausdenken können? Schreiben Sie sie am besten auf, nur für den Fall, dass sie doch eine Frage vergessen.", schlug ich ihm leicht lächelnd vor und beobachtete seine Reaktion. Er starrte mich immer noch an, jedoch war für einen kurzen Moment seine Augenbraue nach oben gegangen. Wenigstens eine Reaktion. Eine mit Worten gesprochene Antwort bekam ich allerdings nicht. Was wollte der Kerl von mir? Das ich gestand? Das ich meinen Grund nannte, weshalb ich jemanden verprügelt hatte?

Mir stiegen Tränen in den Augen auf und ich wagte kaum dem Polizisten in die Augen zu sehen. Nicht das ich noch anfangen würde zu lachen. Mir war eben nur eingefallen, wie ich meinen Plan an mein Handy zu bekommen, weiterführen konnte.

„Wissen Sie, es war schrecklich!", fing ich an zu schluchzen und rieb mir meine Augen. „Als der Mann mich berührt hatte, habe ich so furchtbare Angst bekommen! Ich hatte gedacht, dass mich der Kerl umbringen wollte!" Ich legte eine Pause ein und schniefte laut, während mich der Polizist wachsam anblickte und zu analysieren versuchte, ob ich log oder nicht. „Ich war heute auf einer Hochzeit...-ich bin erst später gekommen und da stand ich auf der Terrasse und blickte das Paar an, dass gerade den Kuchen anschneiden wollte!" Mich überschüttete ein neuer Tränenschwall und ich zitterte leicht am Körper. „Und dann machte es plötzlich einfach Bumm! Ich war total unter Schock und bin weggelaufen! Dabei habe ich wohl mein Handy liegenlassen! Das brauche ich unbedingt wieder! Ohne es bin ich verloren! Sie haben es nicht gefunden?"

Ich schluchzte weiter vor mich hin und nickte dankbar, als mir der Polizist ein Taschentuch reichte mit welchem ich meine Tränen entfernen konnte.

„Reden Sie von der Explosion bei Finn und Salomon McCullen?", fragte mich der Beamte, als ich mich wieder beruhigt hatte und ich nickte zaghaft.

„Haben Sie dort ein Handy gefunden? Vielleicht auf der Terasse?" Hoffnungsvoll blickte ich ihn an.

„Ich kann Ihnen dazu nichts genaueres sagen, ich arbeite nicht an diesem Fall. Ich habe nur zufällig davon gehört. Wissen Sie, ich werde Sie meinen Kollegen übergeben, die an dem McCullen-Fall arbeiten, jedoch müssen Sie erst einmal weiter bei mir sitzen. Sie haben eine Anklage der Bar bekommen und Sie haben jemanden körperlich verletzt. Auch wenn der Beschädigte keine Anzeige gegen Sie vorbringen wird, werden Sie dennoch dafür bestraft, wenn auch milder, da der Betroffene keine Aussage gegen Sie vorgebracht hat!"

Ich wurde noch mindestens zehn Minuten damit vollgeredet, dass ich jetzt „großen Ärger" bekommen würde. Das waren die Worte des Polizisten, nicht meine. Wüsste der was ich schon alles in meinem Leben getan hatte, würde diese kleine Schlägerei in meiner Akte nicht mehr auffallen.

Der Mann, der mich befragt hatte und mir die Folgen erläutert hatte, verließ den Raum und eine Frau trat ein. Sie wirkte nicht wirklich freundlich und auch nicht so, als ob sie einen Freund hätte. Sie war total steif. Wie sie schon auf ihrem Stuhl saß. Kerzengerade, das Kinn in die Luft gereckt. Wenn sie so hochnäsig war wie sie auf den ersten Blick herüberkam, dann würden wir keine guten Freunde werden.

„Sie sind also die, die auf der Hochzeit von Salomon und Finn McCullen waren und dann geflohen sind, als es eine Explosion gab und nicht nachgeschaut haben, ob es Verletzte gibt, die Ihre Hilfe benötigen?", säuselte sie und ich war mir schon ab dem ersten Wort bewusst, dass das zwischen uns beiden noch interessant werden könnte. Für das Protokoll: Ich hatte nicht angefangen, die Beamtin hochnäsig anzublicken und abwertend mit ihr zu sprechen.

„Das Einzige was mich interessiert ist mein Handy, welches ich dort vergessen habe. Ich brauche es unbedingt wieder, da war und ist mein ganzes Leben darauf." Vielleicht kam das jetzt nicht gerade traumatisiert rüber, aber ich brauchte mein Handy wieder. Und langsam wurde mir das hier zu blöd.

„Wir haben ein Handy gefunden, aber wir konnten nichts Interessantes finden. Es ist auf dem Weg hierher, dann können Sie sehen, ob es Ihres ist. Aber davor würde ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen und Ihnen ein Foto zeigen. Vielleicht können Sie uns in diesem Fall weiterhelfen." Sie blickte mich zweifelnd an. Was hatte ich denn an mir, dass ich nicht wie eine Person aussah, vor der man Respekt haben sollte? Ich blickte an mir herunter. Vielleicht war meine Kleidungswahl nicht sehr großzügig ausgefallen. Und durch die Schlägerei war noch das ein oder andere Loch oder Riss entstanden. Ich sah ein wenig wie eine Nutte aus, aber so sollte man trotzdem nicht behandelt werden. Ich würde sie wohl bei der Befragung reizen. Aber nur so, dass sie nichts gegen mich unternehmen konnte.

„Natürlich, ich werde alles sagen was ich weiß!", säuselte ich sie nachahmend und blickte ihr provozierend in die Augen.

Sie reagierte nicht darauf, sondern legte mir ein Bild auf den Tisch. „Kennen Sie die Dame?"

„Lassen Sie mich überlegen." Ich legte meine Stirn in Falten und blickte durch sie hindurch und wartete eine Minute. Es war mehr als eine Minute, ich hatte langsam gezählt. Und in der Zeit konnte man mit ansehen, dass die Beamtin ungeduldig und genervt wurde. Langsam senkte ich den Blick auf den Tisch: „Kann sein. Sie ist wirklich hübsch. Ich habe noch nie einen so schönen Menschen getroffen! Ehrlich, die Frau ist sogar hübscher als sie!"

Verärgert zog die Polizistin ihre Augenbrauen zusammen und deutetet auf das Bild: „Könnten Sie expliziter antworten?"

Ich nickte langsam und bedächtig mit meinem Kopf und antwortete: „Könnte ich." Ich lächelte die Dame vor mir an.

„Dann machen Sie das bitte auch!" Der Nachdruck und der Ärger war in ihrer Stimme zu hören, wenn auch nur ganz leicht.

„Sie ist in einer Gang. Einer der ganz großen. Aber ich kenne mich da nicht so genau aus, aber sie ist schlau, geschickt und tödlich. Ich würde die Finger von ihr lassen. Sie war es nicht. Vertrauen Sie mir in diesem Punkt und überlassen Sie die Ermittlung anderen, die mehr Informationen besitzen, als Sie. Und das sind Informationen an die Sie nie über legalem Wege herankommen. Und vielleicht sind es bisher auch nicht sonderlich viele, aber dennoch mehr als die Ihren. Wenn ich dann gehen könnte, wie es scheint, wartet seit mindestens drei Minuten mein Handy hinter dem verspiegelten Fenster auf mich. Und gegen mich haben Sie in diesem Fall nichts in der Hand was mich gefährden könnte und Ihnen einen Grund liefern würde mich festhalten zu können."

Ich stand auch und ging auf die Türe zu und schenkte der Beamtin noch ein breites Grinsen. Dieser konnte man ansehen, wie überrascht sie war, dass ich so viel gesagt hatte oder aber sie war verwundert gewesen, dass ich gewusst hatte, dass mein Handy hinter der Glasscheibe war. Es war von ihr aber auch auffällig gewesen wie sie andauernd dorthin gestarrt hatte und leicht mit dem Kopf geschüttelt hatte.

Als ich auf dem Gang trat, stellte sich ein junger Mann vor mich und hielt mir ein Handy vor die Nase: „Ist das Ihres?"

Ich nickte und nahm ihm mein Handy ab und ging an ihm vorbei in Richtung Toiletten. Dort nahm ich meine Perücke ab und zerriss sie über der Toilettenschüssel, sodass ich sie spurenlos verschwinden lassen konnte. Jetzt konnte es mir egal sein wie ich aussah, da ich schon aus dem Gebäude sein würde, wenn mich jemand erkennen würde.

Vor dem Toilettenspiegel wusch ich mir noch meine Hände, da das Kunsthaar an meiner Haut haftete und stolzierte dann in Richtung Ausgang.

Auf dem Weg dorthin begegnete ich noch dem jungen Mann, welcher mir mein Handy gereicht hatte und mich nachdenklich ansah, weshalb ich meine Schritte beschleunigte. Bei ihm würde früher oder später der Groschen fallen und ich wollte da schon außer seiner Reichweite sein. Zu meinem Amusement konnte ich sehen wie Dean gerade mit der Beamtin stritt, die mich befragt hatte. Anscheinend war die Frau nicht korrupt und ließ auch nicht mit sich verhandeln. Vielleicht war sie doch nicht so schlimm wie gedacht, sondern wollte nur ihren Job so erledigen wie es sich gehörte und ihr Leben leben. Wollten wir das nicht alle? Nein. Das funktionierte auf Dauer nämlich nicht. Zumindest bei mir nicht.

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Schaut heute wer 'Take me out!'? XD

Ich merke jetzt schon was die Ferien mir antun hehe...Obwohl ich voll viel vorhab....

Familiar GangbossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt