Die Gefährtin des Wolflords

Kapitel 6 - Freund oder Feind

"Guten Morgen Bastian" pfeifte Maques fröhlich.
Er bekam nur ein schlecht gelauntes brummen zurück.

"Es sieht wohl so aus, als wenn die Jagd nicht gut gelaufen ist"?
Sebastian zog den Mantel vom Arm und zeigte sein blutgetränkte Bandage.

"Anfangs schon. Ich war gerade an einem Hirsch dran als mich so ein verrücktes Weib angefallen hat. Hat sich an meinem Arm festgebissen und nicht mehr los gelassen".

"Ach wirklich? Was hast du getan".
"Ich habe sie dann irgendwann von mir weg bekommen und sie mit meinem Gewicht auf den Boden gedrückt. Hab ihr dann ganz lieb zugeflüstert dass ich gute Laune habe und sie gehen lasse".

"Aufregende Jagd. Statt einem Hirsch ist dir ein Mädchen ins Netz gelaufen" lachte Maques. Liam war allerdings nicht zum lachen zumute. Er wußte genau das der Lord Lucie über dem weg gelaufen ist. Sie scheint ihm allerdings nicht erkannt zu haben genauso wie er sie.

Das war ein gutes Zeichen für ihn.

"Wieso waren sie so lieb zu der" fragte Liam.
Bastian sah ihn mit zusammen gekniffenen Augen an.
"Keine Ahnung. Ich konnte ihr nicht wehtun. Irgendwas konnte es nicht".

Sir Maques sah Liam und Maria an.
"Dann haben Sie sie also schon gesehen" meinte er dann.
"Was"?
"Nun dann kann ich dir ja die erfreuliche Nachricht überbringen, dass unsere Herrin tatsächlich noch am Leben ist".

Sebastian wich die ganze Farbe aus dem Gesicht.
"Wie meinst du das"?
Er stand auf und ging zu seinem Freund.

"Die beiden kommen von Snow Island. Liam und Maria. Damals ist Lucie anscheinend dort gestrandet. Die Bewohner haben sie aufgenommen und sich um sie gekümmert. Die beiden sind mit ihr wieder hier her gekommen".

Sebastian fing an zu lachen, das erste mal seit langem.
"Und wo ist sie" rief er erfreut.
"Kurz bevor sie hierher gekommen sind hatte sie eine Art Anfall und ihr Wolf hat die Kontrolle übernommen. Ich denke mal das Weib auf eurer Jagd ist sie gewesen".

Langsam drehte sich Bastian wieder um und rieb sich die Stirn.
"So eine Schande. Ich habe sie nicht erkannt. Sie mich auch nicht".

Nun mischte sich Maria in das Gespräch der beiden ein. Liam stand voller schadenfreude hinter ihr.
"Lucie hat keine Erinnerung mehr an ihr vergangenes Leben. Ich denke mal das sie euch deswegen nicht erkannt hat".

"Maria richtig? Maques, ich will das Maria und..." Er sah Liam abschätzent an.
"Und ihr Bruder wie geschätzte Gäste behandelt werden. Sie sollen beide eins der Zimmer im Südlichen Flügel bekommen".

Erfreut klatschte Maques in die Hände und wollte die beiden Gäste zu ihren Zimmern bringen.

"Solltet ihr noch etwas benötigen werden Clavia und Michelle euch sicher helfen".
Maria verbeugte sich leicht und grinste bis zu beiden Ohren.

"Das ist doch alles nicht nötig. Normale Zimmer hätten doch auch gereicht aber..." doch bevor sie ausreden konnte zog Liam sie am Arm mit sich.

Doch ein Winken bevor sie den Raum verließen ließ sie sich nicht nehmen.

Bastian schlenderte zu Sir Niel rüber, welcher das ganze Szenario aus sicherer Entfernung gesehen hatte. Nachdenklich saß er auf seinem Sessel.

"Nun Alexander. Was meinst du zu unseren neuen Gästen"?
Er schaute Bastian kurz an und senkte dann den Kopf wieder nach unten.

"Die Maria gefällt mir. Höfliches Kind. Kann mir gut vorstellen das sie so einiges an sich hat wo man besser aufpassen sollte".

"Da hast du wohl recht. Und dieser Liam" sagte er abwartend.
"Er hat dich die ganze Zeit über angestarrt wie ein Besessener. Wenn Blicke töten könnten".

"Ja das habe ich auch bemerkt. Scheint ihm gefallen zu haben, dass ich meine Liebste nicht erkannt habe. Solch eine Schande".
"Er würde irgendwie in ihr Beuteschema passen".

"Beuteschema"?
Alex nickte.
"Natürlich. Wenn Sie sich wirklich an nichts erinnert, dann wäre es schon möglich. Wer weiß was die beiden miteinander hatten. Vielleicht ist es nur eine kleine liebe von ihm".

"Sollte er es tatsächlich gewagt haben meine Made angefasst zu haben, werde ich ihm sämtliche Knochen brechen".

"Bastian! Es ist doch nur eine Vermutung".
"Die ich mir relativ gut vorstellen kann. Ich möchte das Maria in mein Arbeitszimmer kommt sobald sie fertig ist".

"Natürlich. Was wirst du jetzt tun"?
"Ihr ein paar Fragen stellen und dann Lucie nach Hause holen".
"Guter Plan. Brauchst du Hilfe"?
Er sah Alex überlegend an.

"Ich denke mal nicht. Es würde mich wundern wenn ich meine eigene Frau nicht überrumpeln kann".
"Denk dran das sie mittlerweile komplett ist. Sie verfügt über deine Fähigkeiten und Eigenschaften und wir wissen nicht wie sehr sie trainiert worden sind".

"Besser als ich wird sie wohl nicht sein".
"Wie gesagt, wir wissen es nicht. Euer erstes zusammentreffen ist auch nicht das gelbe vom Ei gewesen".
"Da war ich nicht darauf gefasst. Um ehrlich zu sein habe ich sie nichtmal bemerkt. Sowas passiert sonst nicht".

"Wie auch immer. Ich werde mich mal nach unseren Gästen umsehen".
Sir Niel nickte ihm zu und ging.

Er setzte sich für ein paar Minuten hin und brachte Ordnung in seinen Kopf. Dann ging er nach oben.

Aus seinem Arbeitszimmer konnte er ganz deutlich Geräusche wahrnehmen. Wahrscheinlich war Maria schon seit einigen Minuten dort.

Und tatsächlich. Maria sah sich neugierig um und wühlte in den verschiedensten Unterlagen herum.

"Ihr seid ganz schön neugierig".
Erschrocken drehte sie sich um.
"Es...tut mir leid".
"Schon gut. Neugierde ist eine gefährliche Eigenschaft".

Beschämt setzte sich Lucie auf einen der Stühle vor dem großen Schreibtisch, an welchem Bastian saß.

"Nun ich möchte gerne ein Wörtchen mit euch reden..."