Kapitel 45 - wer bist du wirklich

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Es regnete in Strömen und es sah nicht so danach aus, als wenn es bald aufhören würde. Lucie saß unter einem provisorischen Zelt, welches sie selbst unter einer großen Eiche aufgeschlagen hatte. Dytwin hatte ihr verboten Zuflucht in einen der vielen Zelt zu suchen. Als Strafe sozusagen. Nur wofür wusste sie noch nicht so genau.

Sie hatte nur eine kleine Decke bekommen und diese benutze sie nicht für sich sondern für ihre Kinder. Ihr war kalt und nass. Bestimmt würde sie sich erkälten und für einige Zeit an das Bett gebunden sein. Allerdings hätte es auch was gutes, denn Lord Dytwin würde sie bestimmt inruhe lassen.

Sie dachte nach. Der König sah nicht so überzeugt aus, als sie ihm alles erzählte was sie wusste. Was würde er tun? Hat er ihr eigentlich zugehört? Sie wusste es nicht und nur die Göttin allein wusste was nun geschehen sollte. Lord Chester meinte nur zu ihr er würde sie daran kümmern. Doch was hieß das für sie? Oder Alex?

Und nun schien ihr Mann sauer zu sein und das machte ihr noch viel mehr angst. Lucie wusste genau wozu er fähig war.

Ganz gelassen, ja fast schon seines Sieges sicher, stand er da und sah auf das endlose Weizenfeld, welches sich bis zum Horizont erstreckte. Sein dunkles Haar peitschte ihm ins Gesicht und kleine Regentropfen rannten ihm hinunter zum Kinn wo sie sich sammelten und zu Boden fielen.

Trotzdem richtete er seinen Bilck weiter auf das Feld. Auch wenn er so selbstsicher aussah, in seinen Augen spiegelte sich Trauer und endloser Schmerz. Zum ersten mal fragte sich Lucie was in ihm vorgingen. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Wer war er wirklich?

James streckte seine kleinen Fäustchen in die Luft und schmazte.
"Da hat wohl jemand hunger" sagte Lucie lachend, doch James wollte lieber weiterschlafen. Sie streichelte das Köpfchen ihres Kindes und sah beiden beim schlafen zu.

Sie war ebenfalls unglaublich müde, doch durch die Kälte konnte sie kein Auge zubekommen. Das dünne Ballkleid konnte der eisigen Kälte einfach nicht standhalten. Gerade als sie versuchte etwas Schlaf abzubekommen hielt ihr jemand eine braune Wolldecke hin.

Verwundert sah sie ihn an. Mit eiserner Miene sah Dytwin sie an und wartete geduldig. Zuerst zögerte Lucie, doch letztendlich nahm sie dankbar die Decke und schmiegte sich an die warme Wolle. Noch immer stand er vor ihr und schaute sie einfach nur an.

"Dankeschön". Lucie setzte ein Lächeln auf. Es schien als wollte er irgendetwas sagen entschied sich jedoch dagegen. Kopfschüttelnd ging er er zum Feuer und setzte sich mit dem Rücken zu ihr hin.

Sie beließ es dabei.

Im Lager waren laute Stimmen zuhören. Lucie wusste dass sie langsam aufstehen musste, aber war noch viel zu müde. Aufraffend erhob sie sich und versuchte verzweifelt ihr schönes Kleid wieder in Ordnung zu bringen.

"So was dummes. Jetzt ist dein Kleidchen ja ganz dreckig" begrüßte sie Dytwin. Natürlich mochte er es nicht, da sie es von Bastian geschenkt bekommen hat.
"Das macht nichts. Praktischerweise kann man es ja waschen und bügeln, dann sollte es wieder schön aussehen" sagte sie lächelnd.

"Ich muss zugeben er hat einen guten Geschmack, leider. Jedoch würde ich es nicht bevorzugen dieses Kleid nochmal wiederzusehen". Er zupfte am Kleid und guckte mürrisch auf das Geschenk.
"Was ist nur los mit euch". Hochnäsig sah er sie fragend an.

"Nach alldem was ich erfahren habe kann ich es mir erklären, weshalb ihr so plötzlich aufbrechen wolltet, aber ihr benehmt euch die ganze Zeit so merkwürdig". Er drehte sich zum Feld.
"Ich bin zwar einer der engsten Vertrauten des Königs, aber deswegen muss ich ihn nicht mögen" erzählt er.
"Mir ist bewusst das euch nicht gerade eine Freundschaft verbinde".

Er seufzte. "Es ist so viel mehr als das. Seine Gegenwart mach mich einfach Krank. Sein Gerede, seine Gestalt. Einfach alles".
"Es schien mir nicht so, als wenn ihr beim Fest sehr viel Kontakt mit ihm hattet" bemerkte sie nachdenklich.
"Für wahr. Mit Absicht habe ich mich zurückgezogen, allerdings nicht mit sehr viel Erfolg. Der König lässt sich nur schwer abschütteln".

"Aber wieso hasst ihr ihn den so sehr"?
Er sah sie an und wieder bemerkte sie den Schmerz und die Trauer in seinen Augen. In der Vergangenheit schien wohl etwas passiert zu sein was mit dem König zutun hatte.
"Vielleicht erzähle ich dir mal von der Geschichte. Jedenfalls erinnerst du mir sehr stark an sie". Er sah hoch in den Himmel und beinah konnte Lucie erahnen wonach er sich so sehr sehnte.

Aber es war etwas was sie ihm nicht geben konnte. Er flüsterte "vielleicht deswegen" und ging. Lucie war verwirrt. Das war nicht der Lord Dytwin den sie kannte.

Die wenigen Leute ihres Gatten bestiegen ihre Pferde und ruften wirr durch die Gegend.
Leicht fröstelnd wickelte sie ihre Kinder in warme Decken und brachte beide zur Kutsche die bereit stand.
"Ich werde zusammen mit paar meiner Männer in die Richtung von Schloss Drachenstein reiten. Die restlichen Besatzung bleibt hier und wird euch begleiten".

Dytwin stand neben ihr und half Lucie beim Einsteigen. Verwirrt sah sie ihn an.
"Ihr wollt zum Schloss des Königs"?
Er nickte langsam.
"Weshalb"?
"In fünf Tagen ist die Hinrichtung. Unsere Streitmacht versammelt sich in der nähe es Schlosses um im richtigen Zeitpunkt zuzuschlagen".

Eigentlich sollte es ihr ja egal sein, doch aus irgendeinem Grund wollten die Götter wohl dass sie ihn aushielt.
"Wollt ihr es euch nicht vielleicht anders überlegen? Seid nicht dumm, der König weiß bereits von eurem Hinterhalt"!

Wissend sah er sie an.
"Woher er das wohl weiß"?
Etwas ängstlich sah sie ihn an.
"Und trotzdem sagt ihr mir das Alles! Ich weiß nicht, weshalb ihr in unbedingt stürzen wollt, aber das ist doch wahnsinnig! Ihr stürzt euch und eure Verbündeten geradeaus in den Tot. Wollt ihr das wirklich auf euch nehmen"?

"Es ist zu spät und das Schicksal von uns allen ist bereits geschrieben. Auch wenn ich jetzt hier bleibe, die anderen werden trotzdem in den Kampf ziehen und viele Mütter oder Frauen werden ihre Söhne und Männer nicht mehr wiedersehen".

"Kann man diesen Wahnsinn nicht irgendwie aufhalten? Es muss doch etwas geben was man dagegen tun kann" lucie nahm seine Hand und sah ihn flehend an.

"Der König hat vielen Leuten im Land und Ausland leid zugefügt. Sie betteln geradezu um des Königs Blut und wollen ihre Rache an ihm begleichen. Nur die Götter können dieses bevorstehende Blutbad aufhalten, jedoch werden sie dies niemals tun".

Lucie sah betrübt auf ihre Füße.
"Du hast Familie und Freunde. Stell dir vor was der König mit deinen jüngeren Geschwistern anstellen würde oder sogar mit deinem Vater! Willst du ihnen das wirklich antun? Willst du deiner kleinen Schwester, die dich so sehr anhimmelt, so etwas antun"? Lucie versuchte es mit allen Mitteln, doch der Lord ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen.

Schlussendlich drängte er sie in den Wagen und schloss die Kutsche ab.
"Sorgt dafür dass sie heil zuhause ankommt, verstanden " gab er den Befehl und sofort setzte sich die Kutsche in Bewegung.

Lucie wusste dass sie ihn wohl niemals mehr sehen würde. Welches Schicksal die Götter ihm wohl auferlegt haben?

Die Gefährtin des Wolflords Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt