Kapitel 26 - Der alte Mann

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Der Sturm hatte mittlerweile nachgelassen und Bastian sammelte sein Zeug zusammen. Zu gerne hätte er gesagt, dass er gut geschlafen hatte, doch die Kälte hat ihn mitten in der Nacht aufgeweckt und nicht mehr schlafen lassen.

Brummend kämpfte er durch die Massen an Schnee, welcher in den letzten Stunden von Himmel gefallen war, und zählte seine Schritte mit. Bastian war der Meinung, dass er relativ gut voran kam, auch wenn sein Pferd nicht so begeistert von dem vielen Weiß war.

Es war nicht das erste mal, dass ihm die Idee kam sich einfach in einen Wolf zu verwandeln und quasi über den Schnee hinwegzufegen. Doch was sollte er mit seiner amüsanten Begleitung machen? Bastian konnt es nicht einfach hier stehen lassen.

Vermutlich würde das Pferd ihm sogar noch versuchen einzuholen oder, so dreist wie es manchmal war, zum nächsten Dorf laufen.

Nachdem er einige Stunden immer geradeaus gelaufen war blieb er plötzlich stehen und kniff seine Augen zu. Entweder er Träumt aufeinmal oder dort vorne war tatsächlich eine Schneekutsche.

Man konnte deutlich hören wie ein Mann den Schneehunden lauter befehle zurief um den Schlitten in eine andere Richtung zu lenken. Um genau zu sein direkt in ihre Richtung.

Als die Hunde immer näher kamen, fing das Pferd an etwas unruhig zu werden. Es brauchte dennoch nicht viel Mühe um es wieder zu beruhigen.

Kurz vorm ihm fingen die Hunde an freudig zu bellen und begrüßten ihren Stammesgenossen aufgeregt. Der Bauer stieg von seinem Schlitten herab und begrüßte den Fremdling ebenfalls.

"Es passiert nicht oft, dass man hier draußen auf einen Menschen trifft. Und so wie es aussieht kommen sie auch nicht von hier". Der Mann sah zum Pferd und fing an zu lachen.

"Hätte ich daran gedacht, hätte ich mir ebenfalls paar Kameraden mitgenommen" erwiderte Bastian.
"Als Wolf geht es ohnehin viel besser, nicht war"?

Bastian war es gewiss nicht entgangen, dass der ältere Herr ebenfalls wölfisch war. Dennoch überrascht es ihn etwas.

"Normalerweise ja. Kann ja aber das Pferd nicht einfach hier draußen stehen lassen".
Nickend sah der Dämon wieder zum Pferd.
"Wo willst den hin"?
"Ich muss nach Mount Lawaliee. Du kannst uns nicht zufällig mitnehmen"?

Der Mann lachte wieder und winkte Bastian zum Schlitten.
"Wenn das Pferd es zulässt, kannst du es ja hinten draufstellen. Machst dann einfach die Luke zu".
"Das sagt sich so einfach" rief Bastian ihm zu.

Nach getaner Arbeit setzte er sich mit vorne hin und reichte dem Mann die Hand.
"Verzeiht mir, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Sebastian Chester" stellte er sich vor.
Der Alte nahm die Hand und grinste ihn an. Er hatte nicht mehr sehr viele Zähne, und die die er noch besaß sahen nicht mehr allzu gesund aus. Dennoch war es sehr herzlich.

"Nate. Nate Kahn. Freud mich sie kennenzulernen".
Nate gab seinen Hunden den Befehl weiterzulaufen und schon waren sie wieder unterwegs.
"Sagen Sie. Sind Sie dieser Berühmte Feldherr des Chester Clans"?

Sofort musste er grinsen.
"Nicht ganz. Ich denke sie verwechseln mich mit meinem jüngeren Bruder Leon".
Nate nickte paar mal.
"Der jüngere Bruder. Dann sind Sie wohl der älteste? Man erzählt sich, sie haben seit kurzen die Burg an der Grenze...wie hieß sie gleich nochmal"?

Er Mann überlegte und kratze sich unter seiner Mütze.
"Sie meinen Dounan Castle".
"Ja genau".

Nach einiger Zeit sah Bastian sich den Mann etwas genauer an. Er sah relativ mitgenommen aus. Unter seiner Wollmütze guckten paar einzelnen silberne Haarsträhnen heraus, doch es wären nicht viele. Sein Gesicht hatte viele Falten und etwas raues lag darin. Doch die Mundwinkel waren stets etwas nach oben gebogen.

Er war relativ mager und schmutzig und seine Klamotten rissig und mit Löchern übersät. Sie waren kaum für diese Kälte geeignet und Bastian fragte sich, wie er es aushielt.

"Haben Sie Kinder Herr"?
"Sie brauchen mich nicht so zu nennen, Bastian reicht" sagte er freundlich.
"Und nein habe ich nicht. Jedenfalls noch nicht" sofort musste er anfangen zu lächeln.
"Doch bald werde ich Vater sein". Auf diese Worte war er so stolz. Es gab nichts besseres in seinem Leben als seine Frau und sein noch ungeborenes Kind.

"Das hört man gerne. Lassen Sie mich Ihnen einen guten Rat geben. Egal was passiert, halten sie ihr Glück fest in der Hand, egal wie weh es tut. Ich hatte auch mal eine Familie. Aber das ist schon lange her" erzählte er traurig.

"Was ist passiert" fragte er. Bastian wusste, dass er wohl nicht nachfragen sollte, doch er tat es trotzdem.
"Das ist eine lange Geschichte. Meine Frau konnte keine Kinder empfangen, doch es war unser innigster Wunsch. Darum lief ich jeden Tag an den Schrein unserer Göttin und betete für unser Glück".

"Aber ihr hattet kein Glück"?
"Doch doch. Eines Tages erfahren wir, dass meine liebe Elisabeth gleich zwei Kinder erwartete. Dämonisch natürlich".
Sofort zog sich sein Magen zusammen. Jeder wusste, das dämonische Kinder viel anstrengenden waren als normale.

Gerade für eine Frau die zum ersten mal eine Kind bekommt, war es unglaublich anstrengend und kostete sehr viel Energie. Bekommt solch eine Frau gleich zwei aufeinmal könnte dies tödlich enden.

"Wie ihr euch sicher denken könnt, war die Geburt sehr schwierig für sie. Doch ich habe alles getan um uns darauf vorzubereiten und es ihr so einfach wie möglich zu machen. Am Ende war es doch vergebens. Sie schenkte mir dennoch einen kräftigen Stammhalter, den ich nach ihren Vater benannt hatte".

"Wo ist euer Sohn jetzt"?
"Er war für zwei Jahre in der Armee. Danach musste er wieder gehen, weil er einen Arm verloren hat. Sah nicht schön aus. Von dem Geld hat er sich ein Stück Land gekauft und ein kleines Haus auf einem Hügel gebaut. Mittlerweile hat er auch eine kleine Familie".

"Ich bin erstaunt, dass das Geld für ein Stück Land gereicht hat. Wenn er nur zwei Jahre in der Armee war und dann entlassen wurde. Da kommt normalerweise nicht viel zusammen".
"Jaja. Ich weiß auch nicht so genau, wo er das Geld her hat, aber er hatte es einfach. Aber er hatte keine Wahl, wenn er seine jetzige Frau heiraten wollte".

"Er hatte keine Wahl"?
Nate sah nachdenklich in die Ferne.
"Ihr Vater wollte es so. Aber ich kann es verstehen, immerhin will er ja, dass seine einzigste Tochter abgesichert ist".
"Nun. In diesem Fall würde ich das auch wollen. Man möchte ja mit der Gewissheit in den Tod treten, dass die eigenen Kinder abgesichert sind und es ihnen gut geht".

Der Mann lachte.
"Das ist wohl wahr".
"Ich gehe mal davon aus, dass er nicht hier ein Stück Land gekauft hat. Wieso seit ihr also nicht bei ihm"?
"Er hat es mir schon so oft Angeboten, doch dies hier.." Er zeigt auf die Landschaft "ist mein Zuhause. Hier wurde ich geboren und hier fand ich meine große Liebe. Hier fande ich mein Glück. Wieso sollte ich also gehen"?

Der Mann lächelte, doch Bastian wusste das dieses nicht echt war. Er wollte gehen, er konnte es nur nicht.

Die Gefährtin des Wolflords Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt