Am nächsten Morgen bittet Crowley mich darum an allen möglichen Ein- und Ausfahrten der Stadt Videokameras anzubringen oder die der Stadt unbemerkt anzuzapfen. Ich hinterfrage seinen Befehl nicht, einerseits weil ich sicher weiß, dass Crowley mir eh keine genaue Antworten auf meine Fragen geben würde und weil ich andererseits den Grund dafür schon zu kennen glaube. Ich kenne meinen Vater und ich würde meine schwarzen Boots darauf verwetten, dass er Tamara Monroe nicht annähernd vertraut und deshalb auch genau wissen möchte wann und vor allem auch mit wie viel Unterstützung sie in Beacon Hills eintrifft. Er möchte sich einen Vorteil erschleichen, der ihm im Notfall als Sieger hervortreten lässt.
Jedoch mische ich mich - zur Abwechslung - mal nicht in seinen Plan ein, sondern folge seinem Befehl vorerst mit einer gewissenhaften Genauigkeit. Dabei begleiten mich zwei Männer meines Vaters, die dabei in Form zweier Raben elegant über mich hinweg gleiten. Doch während diese von oben herab auf mich herunter schauen und dabei nur die brave Tochter bei der Arbeit sehen, arbeitet mein Kopf auf Hochtouren. Denn was die zwei Raben nicht sehen können ist, dass ich bereits einen genauen Plan habe um die Abmachung zwischen Crowley und Tamara zu stören: ich muss McCall warnen, auch wenn ich dafür ein paar weitreichende Umwege gehen muss. So werde ich beispielsweise nicht sofort mit dem Alpha in Kontakt treten können - Crowleys Männer würden mir den ganzen Tag auf Schritten und Tritt folgen und nach meinem letzten Verschwinden würden sie sich auch nicht mehr so leicht abwimmeln lassen. Dafür haben sie eine zu große Angst vor meinem Vater.
Doch während Crowley gestern Nacht davon überzeugt war, dass seine Tochter brav schläft, war ich bis auf zwei Stunden unruhigen Schlaf hellwach und habe es dank ein paar alten Lewis-Hacker-Tipps doch tatsächlich geschafft mich auf Theo Raekens Handy einzuloggen und somit seinen Standpunkt dauerhaft orten zu können. Ich bin mir sicher, dass er der Schlüssel ist durch den ich unentdeckt an McCalls Handynummer komme. Denn mein Vater weiß - dank seinen Informanten und dank mir - so gut wie alles über das Rudel. Er kennt jedes einzelne Mitglieder mindestens so gut wie ich. Doch was er nicht wissen kann ist die Identität von Theo und den Zusammenhang von ihm zu dem Rudel.
Warum?
Weil ich selbst keine Ahnung darüber habe.In dieser Sekunde vibriert leise mein Handy in der Jackentasche und ohne einen verdächtigen Blick zu den Raben zu riskieren, ziehe ich es aus meiner Jackentasche. Auf dem Display leuchtet mir eine Nachricht entgegen, die mir anzeigt, dass sich Theo in diesem Moment bewegt. In dieser Sekunde bin ich mal wieder darüber froh, dass Lewis früher so viele Stunden damit verbracht hat mir den ein oder anderen Hackertrick am Computer zu zeigen. Ohne ihn und seine indirekte Hilfe wäre ich jetzt aufgeschmissen.
Ich öffne blitzschnell den angezeigten Standort auf einer größeren Karte und stelle belustigt fest, dass sich der Neuzugang des Rudels auf dem Gelände der Beacon Hills High School aufhält. Dabei hätte ich ihn wesentlich älter eingeschätzt als Liam, Mason oder Corey. Aber nun gut. Während ich mein Handy zurück in die Jackentasche gleiten lasse, schwinge ich mich locker von der Gartenmauer. Diese steht direkt neben einer Ampel, die wiederum eine perfekte Ausrichtung zur östlichen Stadtein- und Ausfahrt bildet. Die Verkehrskamera ist bereits darauf montiert und von mir angezapft. Trotzdem höre ich die Raben über mir kritisierend krächzend.
Im ersten Moment ignoriere ich sie gekonnt und stülpe mir stattdessen den Dunkeln Motorradhelm über. Er schützt meinen Kopf und hält meine Haare zurück. Bevor ich das dunkle Visier herunterklappen und somit mein Gesicht verbergen kann, sage ich mit einer selbstbewussten Stimme in Richtung der beiden Raben: „Nächster halt ist die High School. Sagt meinem Vater Bescheid!" Schwungvoll schwinge ich mich auf mein Motorrad, dass in dem letzten Monaten mehr Kratzspuren und Dellen angekommen hat, als meine Boots die ganzen letzten Jahre lang. Doch noch bevor ich das Motorrad aufheulen lassen und Gas geben kann, fangen die Raben an dicht vor meinem Gesicht herum zu schwirren. Sie machen es mir unmöglich loszufahren, weshalb ich genervt ausatme und die Augen verdrehe.
Ich schiebe mein dunkles Visir nach oben und starre beide Raben vorwurfsvoll an. Daraufhin lässt sich einer mit einem schräggelegten Kopf auf meinem Lenker nieder, während der zweite weiterhin nervtötend um meinen Körper herumfliegt. Ich ignoriere ihn und richte meinen Blick stattdessen auf den ruhig abwartenden Raben vor mir. „Tamara Monroe war eine Lehrerin an der BHHS," in dieser Sekunde interessiert es mich herzlich wenig zuzugeben, dass ich von der Zusammenarbeit zwischen ihr und meinem Vater weis, „Sie hat die Mittel und die Kenntnisse um jederzeit in die Schule zukommen. Unbemerkt," ich lege möglichst viel warnende Betonung in meine Worte, „Und wer garantiert uns eigentlich, dass sie nicht längst schon hier ist? Oder dass sie nicht einen geheimen Gang kennt der sie direkt in ihr Quartier, die Schule, bringt?"
Jetzt lässt sich auch der zweite Rabe nieder. Dieses Mal jedoch auf meinen Schultern und ich muss den Impuls unterdrücken, ihn angewidert und genervt zugleich abzuschütteln. Stattdessen versuche ich mein Bestes um ihn zu ignorieren und mich stattdessen auf den anderen Vogel zu konzentrieren. Dieser hat noch immer den Kopf schräg gelegt und scheint meine Worte innerlich abzuwägen. So scheint es zu mindestens von außen. Ich tippe eher drauf, dass der Rabe in dieser Sekunde mit meinem Vater redet und sich die Erlaubnis holt um mich entweder gehen zu lassen oder mich an Ort und Stelle mit nervigem Flügelschlagen aufzuhalten.
Sekunden vergehen in denen nichts passiert. Ich werde nervös und möchte instinktiv nicht länger auf die Erlaubnis meines Vaters warten. Ich sollte McCall warnen. Umso schneller, umso besser. Jedoch hält mein gesunder Menschenverstand mich davon ab, einfach Gas zu geben und zu hoffen, dass sich dabei die Raben verletzten oder zurückbleiben. Aber Tamara Monroe hat zwei bis drei Tage bis zu ihrem Eintreffen angekündigt, was für mich genug Zeit bedeutet um den Alpha und seine Freunde zu warnen. Zwei Tage minimal. Ich sollte jetzt nichts riskieren. Also warte ich zum ersten Mal auf die Erlaubnis meines Vaters, um etwas zu tun, was ich für Nötig und für Richtig erachte.
Eine gefühlte Ewigkeit vergeht.
Doch dann stoßen sich die Raben urplötzlich elegant von meiner Schulter und dem Lenker ab und steigend mit einer gekonnten Leichtigkeit auf. Innerhalb Sekunden schweben sie vogelleicht über meinen Kopf hinweg und geben mir somit das lautlose 'Okay' meines Vaters. Eine Welle von Erleichterung durchfährt mich und ich schließe für wenige Millisekunden sichtbar erleichtert meine Augen. Doch dann setze ich mein Pokerface auf, klappe das dunkle Visir meines Helmes herunter und starre vorfreudig die Motoren. Ein lautes Geräusch ertönt und noch bevor sich mein Vater seine Antwort anders überlegen kann, gebe ich Gas und rase mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Schule.
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Silver Bullet [Teen Wolf FF]
Fanfic'We don't see things as they are, we see things as we are' Noch immer in der Welt unterwegs mit meinem psychopathischen Vater, auf der Suche nach der nicht gerade weniger psychopathischen Zielperson. Wie das noch besser werden kann? Oh keine Ahnung...