3 - Freunde

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Als ich im Hauptgebäude angekommen bin und den passenden Raum gefunden habe, entdecke ich nach ein paar Momenten ein bekanntes Gesicht. Elijah sitzt auf einem der Tische in der dritten Reihe, lacht laut und schlägt einem braunhaarigen Jungen aus Spaß auf die Schulter.
Ursprünglich habe ich überlegt zu ihm zu gehen und mich vielleicht auch neben ihn zu setzen, aber die große Gruppe, die sich um ihn herum angesammelt hat, verunsichert mich und ich steuere lieber auf die vorletzte Reihe zu, die noch beinahe komplett frei ist.
Der Raum ist ziemlich groß, durch die vielen Studenten jedoch wirkt er gar nicht mehr so gigantisch.
„Alva!" Auch wenn ich der Stimme den Rücken zugekehrt habe, weiß ich sofort, wer es ist, schließlich gibt es auch nicht so viele Möglichkeiten.
Als ich mich langsam umdrehe, verabschieden sich zwei Jungs mit einem Handklatsch und zurück bleiben Elijah und zwei seiner Freunde, wie ich vermute. Die Blicke aller drei sind auf mich gerichtet und ich zupfe an meinem Shirt rum, als ich vor ihnen stehen bleibe. 
„Kilian, das ist Alva, ich habe sie vorhin kennengelernt", stellt Elijah mich vor und der besagte schwarzhaarige lächelt mich an. 
„Und das, Alva, ist Luan." Er deutet auf den braunhaarigen Luan, dessen blaue Augen mich freundlich ansehen, als er mir ein „Hallo!" als Begrüßung schenkt. 
„Ich kenne die beiden schon fast mein ganzes Leben und jetzt sind wir wieder zusammen auf der Uni gelandet." Elijah klatscht in die Hände und zeitgleich betritt der Professor den Raum.
„Magst du dich zu uns setzen?" Ich nicke als Antwort und erst dabei wird mir bewusst, dass ich bis jetzt noch kein Wort gesprochen habe. Als Begrüßung habe ich die beiden Jungs auch nur angelächelt.
Kilian lässt sich in der Mitte der Reihe fallen, Luan setzt sich neben ihn und Elijah und ich uns daneben. 
„Bist du nervös?" Mit leicht großen Augen sehe ich zu Elijah, als er mich von der Seite angrinst. „Ertappt", lacht er, streicht sich die blonden Haare aus dem Gesicht und packt seinen Laptop aus dem schwarzen Rucksack, der zwischen seinen Beinen steht. 
„Du hast mich erwischt", bestätige ich schmunzelnd seine Feststellung, was er mit einem verständnisvollen Lächeln quittiert. „Wir beißen nicht und sind nett zu dir, versprochen. Wir werden dich auch nicht hinter der nächsten Ecke entführen, also wenn du mir das glaubst, kannst du nachher gerne mit uns in die Cafeteria gehen." Mein zustimmendes Nicken und das breite Lächeln ist das Ende unseres Gesprächs, bevor der Professor zu sprechen beginnt.
Tatsächlich habe ich nicht damit gerechnet, so schnell Leute zu finden, mit denen ich mich gut verstehe. Zumal ich nicht der offenste Mensch bin, der auf jeden zugeht. Auch Noella scheint sehr nett zu sein, denn auf eine Hexe im Zimmer hatte ich überhaupt keine Lust. 

„Noel!" Als mein Bruder sich zu mir umdreht, winke ich ihm und renne einige Meter über den inzwischen nicht mehr so vollen Campus, bis ich bei ihm angelangt bin. „Wie ist es bis jetzt? Mit wem bist du in einem Zimmer?"
Es ist das erste Mal, seit der Ankunft heute Morgen, dass ich in sehe. Noel scheint ziemlich entspannt, hat die Hände in den Hosentaschen und sieht nicht sonderlich begeistert aus. Oder er zeigt es bloß nicht.
„Die ersten paar Kurse waren ganz gut", meint er schulterzuckend „und ich bin mit Tim in einem Zimmer. Ist ein cooler Typ." „Freut mich zu hören", antworte ich grinsend und scheine mich tatsächlich mehr zu freuen als er.
Stattdessen zieht er die Augenbrauen zusammen und mustert mein Gesicht, bevor er spricht. „Warum bist du so aufgedreht?" Ich ziehe einen Mundwinkel hoch und verschränke die Arme. „Das nennt sich gute Laune, solltest du auch mal probieren."
Damit mache ich kehrt und winke ihm noch einmal über die Schulter zu, bevor ich mich auf den Weg zur Cafeteria mache.
Es kommt mir so vor, als hätten Noel und ich seit heute Morgen die Rollen getauscht. Vorhin war er noch motiviert und positiv gestimmt, während ich eher trübe Laune hatte, so wie meistens.
Er musste mir noch Mut zusprechen und anscheinend hat das geklappt. Bloß, dass er jetzt wiederum nicht mehr so fröhlich ist, war nicht der Plan. Tatsächlich bin ich von mir selbst überrascht, aber ein komplett neuer Ort scheint mich erstmal so weit zu begeistern, dass ich keine Zeit für andere Gedanken habe.
Ob das von langer Dauer sein wird, ist eine andere Frage. 
„Na?" Luan steht neben der Tür und nimmt sich einen Saft aus dem Regal, als ich die großräumige Cafeteria betrete.
Tatsächlich würde ich sie im ersten Moment gar nicht als diese bezeichnen, denn im Gegensatz zu meiner alten Schule ist es hier viel gemütlicher. Die Wände sind in weiß und beige gehalten und auch die Tische und Stühle sehen sehr hochwertig und modern aus. 
„Hey, wo sitzt ihr?", frage ich den blauäugigen Luan und sehe mich nach Kilian und Elijah um. „Da hinten", er nickt nach links und läuft los. „Ich zeige es dir, oder willst du dir noch was zu Essen holen?" Nickend halte ich mir den Bauch und er folgt mir grinsend zu den Tabletten, von denen ich mir eines nehme.
 „Wie alt bist du eigentlich?" Luan schluckt den roten Saft runter und antwortet schulterzuckend:„Ich bin 18. Kilian und Elijah ziehen mich gerne damit auf, dabei sind es bloß wenige Monate Unterschied."
Als ich nur amüsiert grinse, verdreht er lachend die Augen. Er versteht was ich meine, auch ohne, dass ich es aussprechen musste.
„Du bist also auch schon 19", schlussfolgert er und ich folge ihm mit vollem Tablett in Richtung Tisch.  
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen." „Ich vergebe dir", antwortet er auf meine ironische Aussage und ich lasse mich zwischen Luan und Kilian nieder. 
„Hey, Alva." Elijah schiebt sich eine Gabel Spaghetti in den Mund und trinkt anschließend das halbe Glas Wasser leer. „Samstag wollen wir was trinken gehen, möchtest du mitkommen? Es kommen vielleicht noch ein paar andere." Während ich das Besteck zur Hand nehme, überlege ich, was dagegen spricht. „Klar, gerne. Wieso nicht?" Lächelnd beginne ich zu essen und auch Elijah scheint sich über die Antwort zu freuen, bevor die drei anfangen über irgendein Handballspiel zu sprechen.
Drei Tische weiter entdecke ich Noella, die mir mit vollem Mund winkt, als sie meinen Blick erwidert. Ich lächle zurück und lasse meinen Blick weiter durch den Raum schweifen.
Eine Gruppe Jungs lachen laut und schlagen dabei auf den Tisch, weswegen ich kurz zusammenzucke. Zwei Mädchen am Nebentisch drehen sich etwas genervt zu ihnen um, allerdings interessiert sich die Gruppe kaum dafür.
Eine Blondine, zwei Tische weiter, isst ihren Beilagen Salat, während sie ihren Blick nicht von dem Buch nehmen kann, das aufgeschlagen neben ihr liegt.
Es herrscht eine angenehme und ruhige Atmosphäre, vor allrm, als die Jungs sich wieder gefangen haben und nur noch breit Grinsen.
Ob mir wohl noch die größte Zicke der Universität über den Weg laufen wird, wie es sie in beinahe jedem High-School Film gibt, weiß ich nicht, hoffe es aber nicht. Auch die typische klare Trennung zwischen Footballern, auf die jeder steht, Zicken, gestylte Mädchen, Außenseitern und Schlauen, kann ich zum Glück nicht erkennen, aber mein Leben ist auch kein Teenager Film.
Aber wer weiß, vielleicht ist das blonde lesende Mädchen die größte Zicke der Uni und in dem Buch stehen nur Schminktipps, die Gruppe Mädchen, die vorhin genervt von den Jungs waren, ist ihre Gefolgschaft, die gerade bloß nicht gebraucht wird und die Gruppe Jungs sind die hübschen Sportler der Universität.
Ich schmunzle über diesen Gedanken und stelle mir kurz Milan vor, wie er hier her passen würde. Er würde sich gut mit Elijah, Kilian und Luan verstehen, da bin ich mir sicher. Sie würden zusammen über das Handballspiel sprechen können, miteinander mal eine Runde spielen, bevor sie was trinken gehen könnten.
Aber Milan ist nicht mehr da.

Herz aus GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt