19 - Geburtstag

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Mit gemischten Gefühlen steige ich aus dem Wagen und entdecke sofort Kilian und Elijah, die an der Wand neben dem Eingang des Restaurants auf Luan und mich warten.
Elijah, der an der Wand lehnt, entdeckt uns zuerst und stößt sich ab, um zu uns zu laufen.
Als sich Kilian, der mit dem Rücken zu uns stand, umdreht, verlangsame ich meinen Schritt und schlucke schwer. Sein ernster Blick bleibt nicht lange an mir hängen, stattdessen schließt er Luan in die Arme und klopft ihm lachend auf den Rücken.
Für ein paar Momente stehe ich nur da wie bestellt und nicht abgeholt und sehe den Jungs dabei zu, wie sie sich begrüßen.
Die Situation ist mir unglaublich unangenehm und die Art, wie mir Elijah nur von zwei Metern Abstand aus ein dezentes Lächeln zuwirft, macht es nicht gerade besser.
Im Gegenteil, denn auf einmal scheint nicht nur Kilian abweisend zu mir zu sein, sondern auch Elijah.
Sofort fange ich an über jegliche Situationen nachzudenken und mich zu fragen, was ich falsch gemacht habe, doch mir fällt nicht mal ansatzweise etwas ein, weswegen Elijah sich so seltsam gegenüber mir verhalten könnte.
„Hallo."
Kilians kühle Stimme holt mich wieder ins Hier und Jetzt und für ein paar Sekunden sehe ich ihn bloß an, bevor auch ich ein Hallo hervorbringe.
Kaum habe ich das ausgesprochen, dreht er mir auch schon wieder den Rücken zu und folgt den anderen Jungs durch die Drehtür in das schicke Restaurant.
Tief durchatmend gehe auch ich als letzte rein und der Duft von Essen umhüllt mich augenblicklich.
Der Raum ist nicht besonders groß, doch die hohen Decken mit den großen Kronleuchtern lassen als viel geräumiger wirken.
Die Tische sind in weiß und beige gehalten und auch die Wände erscheinen in einem hellen Braunton. Bis jetzt sind relativ viele Tische besetzt, dennoch herrscht eine angenehm ruhige Atmosphäre.
Ein schwarz angezogener Kellner stößt die Holztüren der Küche auf und serviert zwei große Salate einem älteren Paar, bevor er sich uns widmet.
„Guten Abend, wir haben einen Tisch um 18 Uhr auf den Namen Obert reserviert", begrüßt Luan den schwarzhaarigen jungen Mann, der uns ebenso freundlich willkommen heißt und uns an einen Tisch in der Ecke führt.
„Vielen Dank", sage ich lächelnd, als er mir eine Speisekarte reicht, nachdem ich mich gegenüber von Kilian niedergelassen habe.
Auch Elijah und Luan links und rechts von mir nehmen dankend eine Karte an und für einige Momente ist es still, bis wir uns alle für etwas entschieden haben.
„Ich hoffe drei Gänge werden mir nicht zu viel", meint Luan lachend und scheint etwas vor den Kopf gestoßen, als keiner von uns reagiert, nicht einmal mit einem Lachen.
„Wird schon."
Ich presse noch ein kurzes Lachen raus und hoffe, die unangenehme Situation ein wenig gerettet zu haben, doch Luan scheint nicht überzeugt zu sein von meinen Schauspielkünsten.
Nachdem wir uns weiter angeschwiegen haben und alle so taten, als würden sie noch die Karte lesen, obwohl es bloß knapp zwei Seiten gab, kam der freundliche Kellner wieder und nahm unsere Bestellung auf.
Da dieser die Karten mitgenommen hat, sind wir nun gezwungen uns anzusehen.
Unsicher weiche ich den Blicken von Kilian und Elijah aus, sodass ich unbewusst nur Luan anstarre, bis dieser mir einen fragenden Blick zuwirft.
Ich winke ab und überlege krampfhaft, was ich sagen könnte.
„Ich habe gehört, du warst bei der Party von Julian?"
Im ersten Moment bin ich froh, dass Luan ein Gesprächsthema gefunden hat, um die angespannte Situation zu lockern, doch das Thema seiner Frage ist absolut das falsche.
Automatisch senke ich den Blick, als Kilian zustimmt und fragt, woher er Julian kenne.
„Nur so vom Sehen, als ihr euch mal unterhalten habt. Wie war es denn?"
Die Hitze hier drin wird immer unerträglicher und steigt mir in den Kopf, bis ich das Gefühl habe, meine Wangen glühen.
„Danke", sage ich so leise, dass ich mir nicht sicher bin, ob der Kellner mich überhaupt verstanden hat, während er mir Wasser einschenkt.
Die Unterbrechung des Gesprächs dauert nicht lang, bis er wieder verschwunden ist und Kilian antworten kann.
„Gut, schätze ich."
Für den Bruchteil einer Sekunde hebe ich den Blick und treffe auf Kilians. Anscheinend weiß Luan nicht, was zwischen Kilian und mir passiert ist.
Eigentlich ging ich davon aus, dass er es ihm sowieso erzählen würde.
„Ach, wirklich?", ergreift auf einmal Elijah das Wort mit einem provozierenden Ton und lehnt sich vor, um seine Arme auf der weißen Tischdecke abstützen zu können.
Auch Kilian scheint seinen Ton bemerkt zu haben und zieht die Augenbrauen zusammen.
„Warst du etwa allein da?", fragt Elijah weiter und ich schaue mit leicht geöffnetem Mund zu Kilian, der mir verwirrt entgegen sieht.
„Was willst du mir damit sagen?"
„Eigentlich nur, dass es doch langweilig ist, allein auf eine Party zu gehen."
„Ansichtssache. Aber wie ihr wisst, war ich mit Alva dort.
Schließlich seid ihr daneben gesessen, als ich sie gefragt habe, ob sie mich begleiten will."
Schulterzuckend greift Kilian nach seinem Wasser und nimmt einen großen Schluck.
Die Anspannung in der Luft wird immer deutlicher und Luan scheint, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, dem Gespräch überhaupt nicht mehr folgen zu können.
Auch ich weiß nicht, auf was Elijah hinaus will, habe allerdings eine böse Vorahnung und glaube, dass das auch der Grund ist, weswegen er sich so seltsam mir gegenüber verhält.
Es klingt nämlich stark danach, dass er von den Geschehnissen auf Julians Feier weiß.
Oder noch schlimmer, von den Geschehnissen nach der Feier.
„Der Abend war also gut?"
Viel zu laut stellt Kilian sein Glas wieder auf den Tisch und lässt sich nicht von den übergeschwappten Wassertropfen beirren, als er Elijah mit aufeinandergepressten Lippen ansieht. „Was sollen die beschissenen Fragen?"
„Wollen wir nicht lieber über etwas anderes sprechen?", frage ich angespannt und lasse Elijah gar nicht erst eine Chance auf Kilians Frage zu antworten, da ich merke, dass beide immer wütender werden.
„Nein, wollen wir nicht."
Das erste Mal wendet Elijah sich wirklich mir zu.
„Vielleicht kannst du uns ja ein wenig mehr über den Abend erzählen, wenn Kilian keine Lust hat."
Jetzt bin ich diejenige, die die Augenbrauen zusammenzieht und langsam wirklich genervt von ihm ist.
„Was soll das denn? Du benimmst dich, als hätten wir etwas verbrochen."
Daraufhin scheint Luan wieder seine Stimme gefunden zu haben und fragt:„Ist etwas erwähnenswertes passiert, oder um was geht es hier?"
„Oh ja, ist es", lacht Elijah. „Sie haben ..."
„Jetzt reicht es aber!"
Kilians laute Stimme lässt nicht nur uns verstummen.
Auch die anderen Gäste um uns herum drehen sich zu uns, teilweise mit genervten Blicken.
„Was ist dein scheiß Problem, Elijah? Ja, Alva und ich waren dort gemeinsam, da ich sie eingeladen habe.
Du Vollidiot bist auch daneben gesessen und musstest uns natürlich direkt signalisieren, wie sehr dich das stört.
Wen hat das jetzt was anzugehen, was währenddessen oder danach zwischen uns passiert ist?
Hör auf dich immer so dumm zu benehmen, sobald ich Alva auch nur ansehe.
Genau das ist auch der Grund, warum ich dich nicht mitgenommen habe zu Julian, weil du mir ständig irgendwie dazwischen funkst!"
Geräuschvoll kratzt Kilians Stuhl über den Boden und er schnappt sich seine Jeansjacke von der Lehne, bevor er schnellen Schrittes aus dem Restaurant stürmt.
Für einige Momente sitzen wir alle stumm da, bis die Gäste wieder ihrem Essen die Aufmerksamkeit widmen und ihre Gespräche fortführen.
Kilians Worte hallen in meinem Kopf wider und ich starre die Kohlensäure in meinem viereckigen Glas an, um möglichst keinem Blick zu begegnen.
„Alva." „Nein." Ohne Elijah anzusehen halte ich die Hand hoch, um ihm zu signalisieren, er soll ruhig sein.
„Es tut mir leid", sage ich beschämt und drehe mich zu Luan, der bloß mit einem undefinierbaren Blick auf die Vase in der Mitte des Tisches schaut.
Ohne ein weiteres Wort ziehe ich ein Geschenk aus meiner Tasche hervor, stelle die kleine Box mit der blauen Schleife vor Luan auf den Tisch und verlasse dann geknickt das Restaurant.




Herz aus GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt