21. Kapitel

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 "Was ist los, Four?" Das fragt Zeke mich jetzt bestimmt schon zum hundertsten Mal.

 "Nichts. Alles okay." Genervt verdrehe ich die Augen.

 "Erinnerst du dich noch an das Gespräch, das wir hatten?"

 "Mit größter Deutlichkeit, vielen Dank." Merkt er nicht, dass ich nicht unbedingt in der Stimmung dazu bin?

 "Ich glaube wir sollten uns nochmal unter vier Augen unterhalten. Komm mit raus!"

 Langsam stehen wir auf und verlassen den Speisesaal. Ich hatte gerade erst mit dem Mittagessen angefangen. Schade um das gute Essen!  David und Shauna blicken uns mal wieder komplett verdutzt hinterher. Draußen bleiben wir vor der Tür stehen.

 "Was willst du?" Ich klinge schärfer als beabsichtigt.

 "Die Wahrheit! Verdammt nochmal, Four, wir sind keine Feinde!" Ich nicke.

 "Du wiederholst dich", antworte ich gelangweilt. Nur keine Gefühlsregung zeigen! Kontrolle.

 "Was ist nur los mit dir? Du benimmst dich wie ein komplett anderer Mensch! Was ist passiert? Und wer war das eigentlich an dem Besuchstag? Du bist mit ihm rausgegangen. Aber ich habe dich nicht wieder hereinkommen gesehen. Stattdessen kam Amar mit diesem Marcus Eaton von den Stiffs. Was ist da passiert?"

 Ich schweige. Ich kann ihm nicht vertrauen! Egal wie sehr ich es möchte. Er soll nichts von meiner Vergangenheit wissen.

 "Er wollte den Speisesaal sehen. Ich habe den Mann dorthin geführt. Dann kam Amar und hat übernommen", lüge ich. "Und ich bin immer noch der gleiche wie vor zwei Tagen!"

 "Nein, der bist du nicht. Der Four vor zwei Tagen hätte sich jemanden anvertraut. Er hätte mit uns gelacht, mit uns geredet. Er war offen. Du bist inzwischen nur noch ein Geheimnis. Verdammt, ich weiß nicht mal wie es dir wirklich geht! Du lügst die ganze Zeit. Du schweigst vor dich hin. Du redest nur über belanglose Dinge. Das ist nicht gut. Du frisst alles in dich rein. Bitte sei doch ein wenig offener!" Er fleht mich beinahe an. Ich weiß, dass er recht hat. Aber ich kann nicht. Darf nicht.

 "Es geht nicht. Ich kann dir nicht vertrauen. Und den anderen auch nicht. Ich will es, aber es geht nicht!"

 Bedrücktes Schweigen folgt.

 "Dann versuch es doch zumindest", flüstert Zeke. Er schaut mir fest in die Augen. "Wenn ich etwas weitersage, was ich nicht darf, dann kannst du mir von mir aus die Zunge rausschneiden! Ich bin verschwiegen. Das schwöre ich dir!" Zum Zeichen seiner Ehrlichkeit hebt er seine Hände in die Luft. "Du kannst mir vertrauen. Und tief in dir drinnen weißt du das auch."

 Ich schlucke. Nicke kurz. Dann fange ich an zu reden.

 "Wo soll ich denn anfangen?"

 "Am besten am Anfang. Wie wäre es mit deinem Namen? Deinem richtigen Namen?"

 "Mein Name ist", ich breche kurz ab, denn es fällt mir schwer ihn auszusprechen. "Mein Name war Tobias. Tobias Eaton." Er schaut mich erstaunt an. Was hat er denn erwartet?

 Nachdem er sich gefasst hat, sagt er: "Okay, mach weiter."

 Ich schlucke, atme noch mal tief ein. "Mein Vater war Marcus Eaton. Meine Mutter hieß Evelyn. Ich bin bei den Altruan aufgewachsen. Mein bester Freund, Lukas Grey, war mein Nachbar. Meine Mutter starb vor knapp fünf Jahren, bei der Geburt meiner kleinen Schwester. Sie starb kurz danach. Mein Vater war gewalttätig. Er hat mich seit Jahren misshandelt. Deswegen bin ich hier. Ich wollte weg von dort. Ich wollte weg von ihm."

 Zeke schaut mich an, als wäre ich ein geprügelter Hund. Ich hasse es, wenn Leute mich so ansehen. So verletzt. Denn das bin ich nicht. Es war also ein Fehler ihm das alles zu erzählen.

Tobias' GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt