33. Kapitel

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 Ich hatte mich geirrt. Habe jemals noch falsch gelegen? Der Tag war schlimm. Sehr schlimm. Er zog sich Stunde um Stunde, riss an meinen Nerven. Zuerst hat mich Jeb zu meinem Ausbilder geführt. Jessy. Unter dem Namen versteht man normalerweise ein kleines, niedliches Mädchen mit großen Augen und Hundeblick. Aber das war sie nicht. Sie war ein Monster, nur dazu erschaffen um mich zu quälen. Die Initiation war schon schlimm, aber man konnte sie auf körperlicher Stärke schaffen. Und vielleicht auch durch Willenskraft, aber diese Ausbildung ist einfach nur hart. Und wahnsinnig trocken. Jessy ist ein Zug von Frau, Ende dreißig, mit groben Gesichtszügen und diabolischem Lächeln. Einfach nur grausam. Dann hat mich Jeb mit ihr allein gelassen und sie hat mich ausgefragt. Eher ausgequetscht. Ich kam mir vor wie eine Zitrone. Anschließend hat man mich über meine Arbeitszeiten aufgeklärt. Ich werde immer abwechselnd, erst eine Woche von acht Uhr morgens bis vier Uhr, dann eine Woche von zwei Uhr mittags bis um zehn Uhr arbeiten müssen. Acht Stunden und eine Stunde Pause zum Essen! Und als wäre das nicht genug, habe ich eine bestimmte Stundenanzahl an Training, die ich absolvieren muss. Wie bekommen das die Anderen nur hin? Ich muss mich wohl von meine lang ersehnten Freizeit verabschieden. Leider. Tschüss, Freunde. Tschüss, Leben. Wenigstens habe ich zwei freie Tage in denen ich nicht arbeiten muss.

 Danach begann auch schon die erste Stunde. Sie hat mir so ziemlich alles über Computer erzählt, denn laut ihrer Meinung, müsse ich zuerst die Grundlagen beherrschen, bevor ich alles der Abteilungen lernen darf. Allerdings wissen die Arbeiter auch nur verschiedene Dinge, die ich alle beherrschen muss. Bereits nach einer Viertelstunde schwirrte mir der Kopf. Und das musste ich noch zweieinhalb weitere Stunden ertragen, dann wurde ich zum Mittagessen entlassen. Dort habe ich mich mit Zeke unterhalten. Er scheint eindeutig ein Arbeiter im Bereich Überwachung des Hauptquartiers zu werden. Aber auch dort war es anstrengend. Obwohl ich ihm das nicht vollkommen glaube, denn er machte immer noch einen recht wachen Eindruck, während ich mich gleich vor allen hinstellen und einschlafen konnte. Leider dauerte es noch eine ganze Weile bis ich schlafen darf. Amar hat uns erklärt, wie viele Stunden Training wir wöchentlich machen mussten. Dabei hat er immer wieder betont, dass es besonders gut wäre, wenn man aber auch mehr macht. Alles klar. Das gehört ja auch zu meinen Lieblingsbeschäftigungen! Gleich nach dem kopfüber-über-dem-Geländer-der-Schlucht-hängen-und-einen-Freund-vor-dem-Abstürzen-bewahren! Insgesamt muss ich mindestens fünfzehn Stunden trainieren. Fünfzehn verdammte Stunden! Das macht an den Tagen, an denen ich arbeiten muss mindestens eine, wenn möglich sogar zwei Stunden, und an denen wo ich nicht arbeiten muss, werde ich den Rest wahrscheinlich nachholen müssen. So viel zu eine rege Teilnahme an Unterhaltung und Veranstaltungen jeglicher Art und eine gute Kontaktpflege. Das fällt ja wohl weg.

 Nach dem Gespräch mit Amar sind Zeke und ich auch in den Trainingsraum gegangen. Die Initianten haben einen einzelnen Trainingsraum, aber da ja zurzeit keine Initiation stattfindet, dürfen wir den Raum nutzen. Die Trainingshalle, die die restlichen Ferox nutzen, ist immer ziemlich voll. Außerdem stinkt es dort nach Schweiß, Blut und Metall. Nicht gerade mein favorisierter Duft. Zumindest nicht in der Menge. Lieber nur ein Hauch davon. Das ist es, dass die Übungsräume der Initianten so besonders macht. Sie stinken nicht ganz so extrem, obwohl hier eigentlich mindestens genauso hart trainiert wird. Zuerst eine  halbe Stunde laufen, zum 'warm werden' danach Zweikampf mit Zeke und zum Schluss Zieltraining an den Zielscheiben. Sowohl mit Gewehren als auch mit Messern. Als wir dann endlich den Raum verlassen haben, war ich so müde gewesen, dass ich es kaum geschafft habe mich auf den Beinen zu halten. Nicht, weil ich körperlich so geschafft war, nein. Weil ich keinen einzelnen klaren Gedanken mehr fassen konnte und ich zweimal beinahe gegen die Wand gelaufen wäre. Und als wäre das schon nicht schlimm genug, musste Eric das alles mit ansehen. Und ich durfte seinen Spott ertragen. Als wir endlich an meinem Zimmer waren, hat meine Hand vor Wut so gezittert, dass ich den Schlüssel erst nach gefühlten zwanzig Versuchen in das Loch stecken konnte. Zeke meinte noch zum Abschied: "Kühl dich erst mal ab. Du siehst ja vollkommen rot." Ich bin seinem Rat gefolgt und sofort unter die Dusche gegangen. Zum Ausziehen war ich zu müde. Jetzt ist alles klitschnass. Ich Trottel! Wieso stellt man sich auch komplett angezogen unter die Dusche? Aber das kalte Wasser hat seinen Dienst getan und ich bin wieder wacher geworden. Dann bin ich nochmal duschen gegangen, diesmal allerdings ohne meine Kleidung.

Tobias' GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt