"Scheiße." Das ist das einzige Wort, dass mir einfällt. Wahrscheinlich auch eines der wenigen die meine Situation perfekt beschreiben.
"Scheiße", wiederhole ich.
Amar nickt nur zustimmend. Dann geht er langsam an mir vorbei.
"Komm. Das Training geht gleich weiter. Du hast heute Abend noch genug Zeit den Artikel zu lesen." Mit diesen Worten packt er mich an der Schulter und führt mich zurück zum Trainingsraum. Dort angekommen nimmt er mir die Zeitung weg und verschwindet für kurze Zeit in einem der angrenzenden Räume. Als er wieder zurückkommt sind seine Hände leer.
"Schön, dass ihr alle wieder da seid. Kommen wir nun zum nächsten Punkt. Jetzt werdet ihr lernen, wie man einen Kampf gewinnt. Dafür müssen wir aber den Rum wechseln."
Amar dreht sich um und geht aus dem Raum heraus. Dann läuft er wieder einen dieser dunklen, engen Gänge entlang von denen es im Hauptquartier der Ferox nur so wimmelt. Und mal wieder verabschiedet sich mein Orientierungssinn. Aber anscheinend scheinen die Anderen auch keine Ahnung mehr zu haben wo wir uns genau befinden und wie wir wieder zurückkommen sollen. Kurz vor Ende des Gangs biegt Amar rechts ab und stößt eine dunkle Tür auf, die mir bei der schwachen Beleuchtung gar nicht aufgefallen wäre.
Der Boden des Raums besteht aus dunklen Holzielen. Sie quietschen als wir über sie laufen. Der Raum scheint wahnsinnig groß zu sein. In seiner Mitte wurde ein großer Kreis aufgemalt und an der linken Wand hängt eine große Schultafel. Ich habe schon länger keine von ihnen gesehen, denn sie werden lediglich in der Unterstufe benutzt. Auf ihr stehen die Namen der Initianten nach alphabetischer Reihenfolge.
Die Sandsäcke, die im gleichmäßigen Abstand von der Decke baumeln, irritieren mich etwas. Sie sind schon ziemlich abgenutzt.
Jeder von uns geht zu einem der Sandsäcke. Dann stellt sich Amar in die Mitte.
"Also, jetzt werdet ihr die wichtigste Lektion lernen, wenn ihr als Ferox überleben wollt. Ihr müsst nämlich lernen in den entscheidenden Moment zu handeln und vor allem müsst ihr fitter werden. Wir werden uns heute eingehender mit den Kampftechniken beschäftigen. Morgen werdet ihr dann zum ersten Mal gegeneinander antreten. Also passt lieber gut auf, denn das was ihr heute lernt könnte euch morgen von großem Nutzen sein! Und wer nicht aufpasst wird das morgen zu spüren bekommen."
Na toll. Ich habe ja schon vermutet, dass schnell anfangen mit dem Training, aber dass es dann schon so schnell gehen soll, habe ich nicht gedacht. Wie sollen wir bloß das alles in wenigen Wochen lernen, wofür die Ferox-Anfänger mehrere Jahre gebraucht haben? Es wird hart werden. Aber nicht härter als alles was ich schon erlebt habe. Ich bin stark. Hoffentlich auch stark genug.
Amar beginnt die einzelnen Schläge vorzuführen. Zuerst in die Luft, dann gegen einen Sandsack. Wir alle beginnen sofort die Schläge zu imitieren, doch die Sandsäcke, die bei Amar deutlich nach hinten geschwungen sind, bewegen sich bei uns so gut wie gar nicht. Nach einigen Minuten schmerzen meine Hände noch schlimmer als nach dem Schießtraining. Aber ich muss weitermachen. Ich versuche wieder meine Bewegungen mit meinen Atemzügen in Einklang zu bringen, doch das stellt sich als ziemlich schwierig heraus. Schon nach kurzer Zeit habe ich Seitenstiche und muss meine Hände sinken lassen. Ich hole tief Luft. Dann beginne ich von neuem.
Die Tritte, die uns Amar beibringt, sind schwer, obwohl es laut ihm nur die einfachsten sind. Danach fängt er an zwischen uns herum zu laufen und uns zu beobachten.
Schon nach kurzer Zeit sind meine Hände und Füße rot und werden bei jedem Schlag schwerer.
Mein Vater erscheint plötzlich vor mir.
"Sieh an, nicht mal zwei Tage weg und schon willst du aufgeben. Ich bin wahrlich beeindruckt! Anscheinend hatte ich doch Recht." Nein. "Du bist kein Ferox." Bin ich wohl. "Du bist das jämmerlichste Etwas, dass ich jemals gesehen habe.", sagt die Stimme. Ich höre auf gegen den Sandsack zu schlagen und schüttel nur den Kopf. Er ist nicht real.

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Tobias' Geschichte
FanfictionDiese Story beschreibt Tobias' Leben von dem Test bis zum Treffen mit Tris. Ich habe versucht mich in seine Gefühlswelt einzufinden und seine Beweggründe und Gedanken darzustellen. Aber lest selbst!